In einer anderen Welt (German Edition)
war ich nicht die Einzige, aber ich weiß die Geste trotzdem zu schätzen. Es ist schön, sich nicht wie ein völliger Außenseiter vorzukommen.
Ich habe Daniel von Callahan’s Saloon und diesem arroganten Stephen Donaldson geschrieben. Ich habe Sam von Platon geschrieben und ihm erzählt, dass ich weitere Bücher von ihm bestellt habe. Außerdem habe ich ihm von Der Läufer und sein Held erzählt, denn das könnte ihm gefallen, obwohl er keine Romane mag. Ich habe Opa geschrieben, dass ich mit dem Zug durch Abergavenny gefahren bin, und dass ich die Berge vermisse, und wie gerne ich bei den Ballspielen mitmachen würde, wenn ich nur rennen könnte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es ist, zu rennen. Mein ganzer Körper kann sich daran erinnern. Es ist eine kinetische Erinnerung, wenn das das richtige Wort ist. Dass ich gerne bei den Ballspielen mitmachen würde, ist ein wenig gelogen. Ich sitze auch gerne in der Bibliothek und finde es furchtbar, wie wichtig die Mädchen die Spiele nehmen, obwohl sie in Wirklichkeit völlig belanglos sind. Mir macht es Spaß, einen Ball zu werfen, zu rennen und zu fangen, aber die Punktzahl kümmert mich nicht.
Wie kommt es nur, dass ich von Anne McCaffrey schon wieder ein zweites Buch vor dem ersten habe? Drachensinger ist die Fortsetzung von einem Roman mit dem Titel Drachengesang , den ich nicht kenne. Ich lese es trotzdem. Im Vergleich zu den anderen beiden ist es merkwürdig schwach. Es spielt auf Pern, anstatt von Pern zu handeln, wenn das irgendeinen Sinn ergibt. Ich hätte gerne eine Feuerechse. Oder einen Drachen. Ich würde auf meinem blauen Drachen herabstoßen, und sie würde Feuer speien und die Schule abfackeln!
Montag, 12. November 1979
Deirdres Gedicht ist zum besten Gedicht der Schule gekürt worden.
Obwohl es von mir stammt, bin ich zutiefst gekränkt. Alle haben damit gerechnet, dass ich gewinne, und ich ebenfalls. Was war an meinem Gedicht nicht in Ordnung? Wahrscheinlich ist Miss Gilbert eine Traditionalistin. Niemand hat irgendetwas gesagt, und ich habe Deirdre zusammen mit allen anderen gratuliert, aber ich fühle mich öffentlich gedemütigt. (Andererseits habe ich es geschrieben, und zumindest Deirdre weiß das.)
Dienstag, 13. November 1979
Nach den Hausaufgaben hat mich Deirdre raus ins Freie geschleppt, wo wir reden konnten, ohne dass uns jemand zuhörte. Sie fing sofort an zu heulen und brachte keinen zusammenhängenden Satz mehr zustande, aber ich glaube, sie wollte mir sagen, dass ich ihr nicht mein bestes Gedicht hätte geben sollen. Na ja, hab ich auch nicht. Aber sie glaubt das, weil sie gewonnen hat. Es ist das erste Mal, dass sie irgendwas gewonnen hat. Ich glaube, sie hat noch nie einen Hauspunkt bekommen, außer vielleicht, weil sie ein Tor erzielt hat. Ich hab ihr gesagt, sie hätte es verdient. Beim Frühstück hat sie sich direkt neben mich gesetzt und mir sogar eine Wurst abgegeben, und ich habe sie genommen, nicht weil sie sonst beleidigt gewesen wäre, sondern weil ich Hunger hatte.
Im Haus Wordsworth sind sie ziemlich stolz auf sie. Sandra Mortimer, die Haussprecherin, ein Rotschopf mit wässrigen, rosa umrandeten Augen, hat persönlich mit Deirdre gesprochen, eine so große Ehre, dass sie fast tot umgefallen wäre.
Im Moment lese ich Brunners Schockwellenreiter . Wirklich gut, aber nicht mit Morgenwelt vergleichbar. Wie es wohl ist, sein Meisterwerk geschrieben zu haben und zu wissen, dass einem so etwas nie wieder gelingt?
Mittwoch, 14. November 1979
Dies ist die wahre und vollständige Geschichte, wie Deirdre und ich heute Morgen einen Strafpunkt bekommen haben.
Wir waren unter der Dusche, worunter man sich einen langen gefließten Raum mit einem Dutzend Duschköpfe vorstellen muss, und der Wasserdruck ist ziemlich schwach. Eine Badewanne wäre mir lieber. Zwischen sieben und acht Uhr morgens und zwischen sieben und acht Uhr abends gibt es warmes Wasser – jedenfalls Wasser, das nicht eiskalt ist. Drüben in der Turnhalle sind auch Duschen, und nach dem Sport ist das Pflicht, aber sie sind kalt, und meistens rennen die Mädchen nur drunter durch, um den schlimmsten Dreck abzukriegen. Richtig gewaschen wird früh morgens oder spät abends. Für Lesben ist das bestimmt ein Paradies, denn da rennen haufenweise nackte kichernde Mädchen herum.
Heute Morgen haben wohl fünfzehn Mädchen versucht, etwas von dem warmen Wasser abzubekommen. Deirdre und ich hatten einen Duschkopf für uns und verließen uns darauf, dass
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