In einer anderen Welt (German Edition)
Einschlafen ein Foto küssen wie Schussel mit Harrison Ford.
»Wie steht es mit Filmen?«, fragte er, und sofort war die ganze Gruppe in eine leidenschaftliche Diskussion über Star Wars verwickelt.
Entweder man liebt oder hasst diese Filme. Ein neutraler Standpunkt ist nicht erlaubt. Mein Gesamteindruck, dass es Spaß machte, Roboter und Raumschiffe zu sehen, aber dass es im Vergleich zu richtiger SF doch ein wenig kindisch war, schien niemanden zu interessieren.
Etwas später, nachdem die Anwesenden aufgehört hatten, offene Türen einzurennen oder sich wegen Kleinigkeiten zu streiten, wandte ich mich wieder an Wim. »Ich habe gehört, dass du ein Treffen über Delany geleitet hast.«
»Gefällt dir Delany?«, sagte er. »Du hast wirklich einen breit gefächerten Geschmack.«
»Ich finde Delany großartig«, sagte ich, erfreut darüber, dass er nicht für dein Alter hinzugefügt hatte, was ich sonst oft zu hören bekomme. »Aber am Ende von Triton gibt es etwas, das mir unklar ist.«
»Glaubst du, dass Triton als Erwiderung auf Planet der Habenichtse gedacht war?«, fragte er, ohne auf meine Bemerkung einzugehen. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht, aber ich konnte es mir durchaus vorstellen.
»Weil Planet der Habenichtse eine mehrdeutige Utopie ist und Triton eine mehrdeutige Heterotopie?«, entgegnete ich.
»Ich frage mich, ob er sich Anarres angeschaut und gedacht hat, warum müssen sie so arm sein, warum gibt es da Hungersnöte, warum ist ihre Sexualität so eingeschränkt, in welche Richtung könnte sich eine anarchistische Gesellschaft noch entwickeln?«
»Was für ein faszinierender Gedanke«, sagte ich. »Und was für ein genialer Einfall von ihm, die ganzen Entscheidungsmöglichkeiten aus der Sicht von jemandem zu schildern, der damit nicht glücklich ist.«
»Selbst im Paradies gäbe es Leute, die sich so treiben lassen würden«, sagte Wim. »Auch Bron sucht nach etwas, das er nicht haben kann, mehr oder weniger per Definition.«
»Warum hat Bron ...«, wollte ich fragen.
»Mori, wir müssen los«, fiel mir Greg ins Wort.
»Dann bis nach Weihnachten«, sagte Wim, während ich vorsichtig aufstand.
Auf der anderen Seite des Tisches stritten sich Keith und Hussein noch immer über Prinzessin Leia.
Donnerstag, 20. Dezember 1979
Ich kann nicht glauben, dass morgen die Ferien beginnen. Plötzlich geht alles so schnell. Heute Morgen mussten wir unsere Spinde ausräumen. Damit habe ich nicht gerechnet. Jetzt habe ich nicht nur meine Tasche und meinen Ranzen und den nagelneuen Koffer, mit dem ich hierhergekommen bin, sondern sechs Plastiktüten voller Bücher und zwei mit Weihnachtsgeschenken. Ich musste in den Waschraum runtergehen, zum ersten Mal überhaupt. Die Schule beschäftigt jemanden, der unsere bescheuerten Uniformen wäscht und bügelt. Normalerweise werden sie in die Schlafsäle gebracht und ans Fußende unserer Betten gelegt, und ich hatte kaum einen Gedanken darauf verschwendet. Aber heute fand Deirdre nicht alle ihre Hemden, und wir müssen alles mit nach Hause nehmen. Sie wollte, dass ich sie begleite, also sind wir bis ganz in den Keller gestiefelt, in einen Raum mit sechs stampfenden Waschmaschinen und vier röhrenden Wäschetrocknern und einem Mädchen, das nur ein oder zwei Jahre älter war als wir und das die Wäsche aus der einen Maschine zerrte und in die andere stopfte. Wenn ich sie wäre, würde ich uns hassen. Da unten ist es heiß, sogar heute; ich will gar nicht wissen, wie es im Juni ist.
Deirdre fährt über Weihnachten nach Limerick. Es gibt wirklich einen Ort, der Limerick heißt! Kaum hatte sie mir das erzählt, plapperte ich natürlich sofort los: »Eine junge Dame aus Limerick ...«, aber als ich ihr Gesicht sah, hielt ich sofort den Mund.
Ich bin reisefertig, sobald Daniel mich morgen abholt. Ich kann es kaum erwarten.
Freitag, 21. Dezember 1979
Heute Morgen fand als Allererstes die Preisverleihung statt. Für Englisch habe ich die Ausgewählten Gedichte von W. H. Auden bekommen, für Chemie Die Geheimnisse unserer Welt von Isaac Asimov und für Geschichte Geschichte der englischsprachigen Völker von Winston Churchill. Da jeder, der in irgendeinem Fach über neunzig Prozent geschafft hat, ein Buch bekam, zog sich das ziemlich lang hin. Ich vermute, dass Miss Carroll bei der Auswahl der Bücher ihre Hand im Spiel hatte, also ist der Churchill wahrscheinlich nicht so grässlich, wie er aussieht. Dann wurden die Preise für Sport verliehen, was noch
Weitere Kostenlose Bücher