In einer anderen Welt (German Edition)
ist sie aus dem Zimmer gestürzt. Wahrscheinlich sind sie furchtbar. Schussel ist auf Platz 4. Sie hat sich herabgelassen, »nicht schlecht« zu mir zu sagen, ihre ersten Worte seit einer Ewigkeit.
Mittwoch, 19. Dezember 1979
Das Treffen gestern Abend war ziemlich klasse. Alle waren da. Hugh hatte die Gesprächsleitung gut im Griff – wenn jemand vom Thema abkam, steuerte er in aller Ruhe dagegen. Wir unterhielten uns darüber, dass viele Bücher einen jahreszeitlichen Bezug haben, und über die verschiedenen Schauplätze, an denen sie spielen. Greg war in Nordwales und ist auf Cadfans Weg gewandert, und er hat erzählt, dass der Craig yr Aderyn ganz genauso ist. Alle stimmten darin überein, dass der Schluss von Die Mächte des Lichts äußerst unbefriedigend ist und dass wir es alle furchtbar fänden, wenn uns das passieren würde. Schon seltsam – je jünger die Leser sind, umso heftiger ist ihre Abneigung dagegen. Harriet machte den Vorschlag, die Erinnerungen der Kinder sollten ausgelöscht werden, aber Hugh und ich wären lieber gestorben, und alle anderen waren, je nach Alter, irgendwo dazwischen. Hugh ist nett. Und mir gefällt das Gefühl, wenn jemand mir inbrünstig zustimmt. Harriet, die mich immer mehr an eine erwachsene Harriet Vane erinnert, stimmte uns immerhin so weit zu, dass es »angemessener« wäre und dass sie verstehen könne, »was für ein Verlust das wäre«.
Wir waren früh fertig und sind dann in das Pub gegangen. »Ich spendiere dir einen Orangensaft«, sagte Greg. Ich habe ihm nicht erklärt, dass ich Britvic Orange schauderhaft finde, ich habe mich nur bedankt. Wer behauptet hier, ich hätte keine Umgangsformen?
Das Pub heißt »Zum Weißen Hirschen«, und ich sagte, das würde sehr nach Narnia klingen. Ganz aus der Luft gegriffen war das nicht, denn wir hatten auch ein paar Vergleiche zu Narnia gezogen. Wir hatten den Schluss der beiden Serien miteinander verglichen. Schon komisch, dass der Schluss in beiden Fällen so problematisch ist. Das scheint ein Problem zu sein, das für das Genre typisch ist. Man muss sich nur Das ferne Ufer anschauen! Vielleicht ist es auch ein Problem von Büchern über Kinder aus unserer Welt oder von britischen Autoren – nein, Garner ist ein Gegenbeispiel. Er schreibt eigentlich keine Serien, aber mit Schlüssen hat er eindeutig kein Problem! Was mich daran erinnert, dass ich mir Rotverschiebung noch nicht ausgeliehen habe.
Der Weiße Hirsch ist ein altes Pub mit Holzbalken und Messingplaketten, die an ausgemustertem Pferdegeschirr aus Leder hängen, und einer alten Eichentheke mit Zapfsäulen für unterschiedliche Biere. Es stinkt nach Rauch, wie alle Pubs, und der ehemals weiße Putz zwischen den Holzbalken ist schon ganz gelb. Ich trank Orangensaft und gab Greg seine Pralinen. Er öffnete sie sofort und reichte sie herum. Ich nahm mir einen Wiener Trüffel und kam mir dabei ein bisschen schäbig vor, schließlich hatte ich sie ihm geschenkt. Aber er war trotzdem köstlich.
Ich saß neben Wim. Ehrlich, ich hatte es nicht darauf angelegt! Auch aus der Nähe sieht er umwerfend aus. Das liegt nicht nur an den langen blonden Haaren und den tiefblauen Augen, sondern auch an seiner Haltung. Ich mag Hugh viel lieber, aber Hugh gleicht einem massiven Baumstamm und Wim eher einem Zweig mit frischen Blüten, der im Wind schaukelt, oder einem seltenen Schmetterling, der in deiner Nähe landet, und du hältst den Atem an, damit er nicht wegfliegt. Genauso raubt er einem den Atem.
»Dir gefällt also nicht nur Le Guin, sondern auch Susan Cooper?«, wollte er wissen.
»Ich habe sie diese Woche zum ersten Mal gelesen«, erwiderte ich. »Janine hat mir die Bücher geliehen, und ich habe sie ihr gerade zurückgegeben.«
»Du hast alle fünf Bücher in einer Woche gelesen?«, fragte er und warf den Kopf nach hinten, weil ihm die Haare in die Augen fielen. »Anscheinend hast du eine Menge Freizeit.«
»Ja, das habe ich«, erwiderte ich kühl.
»Bitte entschuldige«, sagte er. »Ich kann es nicht leiden, wenn die Leute einem unterstellen, man würde nur lesen, weil man nichts Besseres zu tun hat, und jetzt mach ich es selbst.«
Das gefiel mir. »Was könnte besser sein?«, fragte ich.
Er lachte. Er hat ein nettes Lachen, sehr natürlich. Wenn er lachte, konnte ich mir vorstellen, wie ich all die albernen Dinge tat, die Mädchen so tun, wenn sie verknallt sind – einen Bleistiftstummel und ein Heftpflaster aufbewahren wie Harriet Smith in Emma oder vor dem
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