In einer Familie
in der Ehe geherrscht, die Berechti-
gung bestritt. Indes war die Erklärung, die er seiner
nunmehrigen Gegnerschaft mit dem Major gab,
gleichfalls wohl einzusehen. Thatsächlich trat bei
dem jetzigen Stande der Dinge der tiefe Gegensatz
in den Naturen der beiden Männer, der ehemals
durch günstigere Umstände so wenig wie möglich
fühlbar gemacht war, in seiner ganzen Schärfe her-
vor. Was war aus der offenen Sympathie geworden,
die in der guten Zeit ihres Verkehrs zwischen den
Männern geherrscht, was aus der gefälligen Rück-
sichtnahme, die Wellkamp diesem bescheideneren
Geiste gegenüber, der für ihn gleichwohl etwas von
väterlicher Autorität besaß, immer beobachtet hatte.
Nun war es eben die Einfachheit der Natur Herrn v.
Grubecks, die den komplizierten, weniger durch-
sichtigen Menschen in Wellkamp abstieß, ja belei-
digte. Die Rückhaltlosigkeit und innere Freiheit des
Wesens, die trotz der seelischen Krisen, die auch sie
zu überstehen gehabt, diese Soldatennatur nie ganz
verloren hatte, kamen ihm wie ein schweigender
Vorwurf für alles das vor, was von seinem eigenen
Leben verborgen und schuldig war. Sehr bald be-
gann er sich zu fragen, ob Herr v. Grubeck in Wahr-
heit so ahnungslos sei, wie es den Anschein habe,
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und seiner wachsenden Empfindlichkeit ward es
nicht schwer, in den gleichgiltigsten Gesprächen
Anspielungen zu entdecken, die ihn zittern mach-
ten. In der Scham, die ihm diese Furcht verursachte,
beschäftigte er sich ernstlich mit dem Gedanken an
eine Explosion und eine Aussprache. Endlich ge-
langte er in Reizbarkeit und Trotz dahin, eine Gele-
genheit hierzu zu suchen, wenn der Andere nicht
den Mut besaß, sie herbeizuführen. Dennoch dau-
erte es eine geraume Weile, ehe der Wunsch, der un-
erträglichen Unsicherheit seiner Lage ein Ende zu
machen, die Oberhand über den natürlichen Wider-
willen gegen einen derartigen Schritt behielt. Noch
dazu bedurfte es einer Gelegenheit, wo seine üble
Laune rein zufällig die Sache auf die Spitze trieb,
ohne daß er eigentlich beabsichtigt hätte, den ent-
scheidenen Schlag zu führen. Der Anlaß war von je-
ner Kleinlichkeit, bei der nur die Streitsucht in einer
Familie nicht scheut, sich aufzuhalten. Es ist, als
würde hier die Wichtigkeit, welche gerade die un-
scheinbarsten Bande und Einverständnisse für eine
glückliche Vertraulichkeit besitzen, dadurch bewie-
sen, daß andererseits auch kleine Differenzen unter
den nahe bei einander Lebenden von größerer Wir-
kung sind als unter Entfernteren.
Wel kamp fand eines Tages seinen Schwiegervater
damit beschäftigt, eigenhändig den Vorhang herab-
zunehmen, welcher die Verbindungsthür zwischen
den beiden zu einem Haushalt vereinigten Wohnun-
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gen verdeckte. Die kleinen Sorgen um das Interieur
seiner Kinder, welche der alte Herr von jeher zu sei-
nen Beschäftigungen gezählt hatte, das Vertauschen
einer Dekoration, das gelegentliche Umstellen eini-
ger Möbel, hatten neuerdings ebenfalls Wellkamps
Mißfallen erregt. Er trat ungeduldig hinzu.
»Darf man wissen, was Sie vorhaben?« fragte er.
Der Major, ganz vertieft, beachtete kaum den ge-
reizten Ton, in dem die Frage gestel t war und an den
er übrigens in letzter Zeit durch den jungen Mann
gewöhnt war.
»Sehen Sie sich nur den Stoff an, dort auf dem
Stuhle«, rief er von seiner Trittleiter herab. »Er hat
den Vorzug, mit der Bekleidung der beiden Räume
gleichmäßig zu harmonieren. Ich komme heute end-
lich dazu, ihn statt dieses häßlichen Fetzens anzu-
bringen, der mir damals bei unsern Einkäufen auf
dem Halse geblieben ist, und für den ich keine an-
dere Verwendung hatte als diese.«
Der Andere wurde durch den ruhigen Ton der
kleinen Auseinandersetzung noch mehr gereizt.
»Gestatten Sie mir, Ihnen zu bemerken, daß ich
erwartet hätte, Sie würden mir von Anschaffungen,
die meinen Haushalt so gut betreffen wie Ihren eige-
nen, vorher Mitteilung machen.«
»Aber meine Tochter hat mich ja gerade erst dar-
auf aufmerksam gemacht. Ich dachte, Sie wüßten –«
Betroffen durch die unerklärliche Heftigkeit war
Herr v. Grubeck die Stufen der Leiter herabgeklet-
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tert und wies auf Anna, die, durch die laute Stimme
ihres Gatten aufmerksam gemacht, soeben eintrat.
»Ich bin nicht benachrichtigt«, fuhr Wellkamp
von neuem auf, froh, seinen Unmut auf Anna aus-
dehnen zu können, »und ich bedauere die Überei-
lung meiner Frau. Ich
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