In einer Familie
meinerseits würde von der
Ausgabe abgeraten haben.«
Herr v. Grubeck wechselte abermals einen er-
staunten Blick mit seiner Tochter, die berechtigten
Grund hatte, im allgemeinen sich selbst für den
sparsameren und unnötige Ausgaben unterdrücken-
den Teil des Wellkampschen Haushaltes zu halten.
»Die Ausgabe ist ja minimal, und –«
Wellkamp unterbrach seinen Schwiegervater mit
einer heftigen Bewegung und nahm, ohne nur die
Unschicklichkeit und Lächerlichkeit seines Gebah-
rens zu fühlen, einen neuen Anlauf. Es war ihm
plötzlich die Idee gekommen, die Situation für sei-
nen längst gehegten Vorsatz auszunutzen. Er konnte
jetzt endlich erfahren, ob dieser versteckte alte Mann
etwas wußte oder nicht.
»Wenn die Ausgabe«, sagte er mit absichtlich be-
leidigendem Tone, »durchaus gemacht werden
mußte, so konnte man vielleicht, statt den Vorhang
anzubringen, noch summarischer gleich das Loch
vermauern. Das Spionieren, das diese bequeme Ver-
bindung mit sich zu bringen scheint, würde dann
wohl vermieden werden.«
Seine Erregung war nur noch künstlich während
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dieser Worte, deren Wirkung er, innerlich ganz er-
nüchtert, beobachtete.
Indes schienen die Worte selbst ohne besonderen
Eindruck zu bleiben. Es war mehr die Art, wie sie
gesprochen, die den Major irritierte.
»Ich finde, daß Sie da einen Ton –«
Anna legte dem nun seinerseits sich erhitzenden
alten Herrn von hinten sanft die Hand auf die Schul-
ter und zog ihn bei Seite, während sie ihrem Gatten
ein bittendes, wiewohl energisches Zeichen gab, den
unerquicklichen Auftritt durch seine Entfernung zu
beendigen.
Wellkamp fand es gut, dem Winke nachzugeben,
worin er seiner, durch jene seltsame nervöse An-
spannung in zugespitzten Situationen bewirkten
Geistesgegenwart folgte. Mit wenigen raschen und
lauten Schritten eilte er durch den ersten Raum sei-
ner eigenen Wohnung, wie wenn er ihn durch den
jenseitigen Ausgang sogleich wieder verließe, um
dann plötzlich, mit höchster Vorsicht und alle Sinne
angestrengt, an die nur angelehnte Thür zurückzu-
schleichen, hinter der er den Major leise reden hörte.
»Was mag er nur haben? Seine Stimmung wird im-
mer unerträglicher.«
Anna suchte ihren noch ziemlich erregten Vater
zu beruhigen.
»Er ist so nervös, weißt Du; man muß ihm einiges
nachsehen«, sagte sie und setzte hastig, wie um den
Alten nicht zu Worte kommen zu lassen, hinzu:
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»Ich glaube nämlich schon seit einiger Zeit, daß er
zu sehr an Aufenthaltsveränderungen gewöhnt ist,
um ununterbrochen hier bleiben zu mögen. Die
Aussicht, auf Jahre hinaus hier still zu liegen, macht
ihn ungeduldig, und er scheut sich, besonders Dei-
netwegen, es einzugestehen. Du sollst einmal sehen,
daß sich das ändern wird, wenn ich ihm gelegentlich
eine längere Reise vorschlage; wir könnten sie viel-
leicht gleich mit Beginn der bessern Jahreszeit antre-
ten. Bis dahin«, wiederholte sie in leise bittendem
Tone, »müssen wir ihm schon noch einiges nach-
sehen.«
»Das thun wir seit langem« brummte der alte
Herr, »aber sein Betragen sieht ja jetzt bald nach
Verfolgungswahnsinn aus. Was meinte er von spio-
nieren? Sprach er nicht davon?«
»Alter Narr!« dachte Wellkamp, während er die
Beiden sich drüben entfernen hörte.
Das Erhorchte hatte natürlicherweise seiner Un-
ruhe ein entschiedenes Ende gemacht. Die Gereizt-
heit der letzten Zeit war vorläufig an ihm gänzlich
verschwunden. Statt dessen nahm er als Verkehrston
mit seinem Schwiegervater eine überlegte, kühle
Höflichkeit an, während er seine Gattin so viel wie
möglich unbeachtet ließ, wie um ihr seine Unzufrie-
denheit zu bezeigen. Es ist wahr, daß ihm das teils Lä-
cherliche, teils Empörende seines Verhaltens nicht
völlig entging. Nur gelang es fürs erste noch, sich
über seine innere Demütigung mit der selbstsüchti-
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gen Kraft seiner Leidenschaft hinwegzusetzen. Wenn
von einer glücklichen Folge jenes beschämenden
Auftrittes geredet werden konnte, so war es die, daß
wenigstens für eine geringe Frist der schmerzliche
Verfall, dem Doras und Wellkamps Verhältnis ent-
gegenging, aufgehalten ward. Während dieses Still-
standes schien äußerlich ihre erste Intimität unbe-
schränkt wiederhergestellt. Wodurch nur war sie
zuerst angegriffen worden? Wenn schon der Keim der
Auflösung, der unausrottbar allen diesen Verbindun-
gen innewohnt, irgendwo zum Ausbruch kommen
mußte,
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