In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Kennedy sanft am Ellbogen und führte ihn in eine Ecke, wo er in Maritas Richtung nickte. »Wie wird sie damit fertig?«
»Wie man es erwarten würde. Glaubst du, es bringt etwas, Itsy in ein privates Krankenhaus zu verlegen? Ich will nur das Beste für sie.«
O’Hare lächelte milde. »Sie bekommt das Beste, Iain. McNee ist der beste Neurochirurg in Glasgow. Und er ist ein guter Kollege. Ich habe euch nur Geld gespart.«
Kennedy lächelte schief. »Es ist wirklich schwierig, auf ein Problem zu stoßen, das man nicht mit Geld aus der Welt schaffen kann.«
Wie Sarah. Das Bild von Iains erster Frau schoss O’Hare durch den Kopf. Sie hatte eine gute Abfindung bekommen, doch nach fünfundzwanzig Jahren Ehe konnte das den Schmerz der Trennung und die Demütigung, dass Iain Marita in den Kreisen herumführte, von denen sie nun ausgeschlossen war, nicht wirklich aufwiegen. »Ich denke, du solltest dich mit dem Gedanken abfinden, dass dieses Problem vielleicht nicht aus der Welt zu schaffen ist. Itsy hat dort draußen viel Blut verloren, Iain. Wenn es nicht so kalt gewesen wäre, hätte sie gar nicht überlebt; nur weil ihr Kreislauf so stark abgesenkt war, ist sie nicht gestorben. Eigentlich ist es ein Wunder.«
Iain hob die Hand ans Gesicht.
O’Hare ließ sich nicht erweichen. »Und wenn sie überlebt, wird sie vermutlich nie wieder werden wie früher. Das Gehirn hat sowohl einen Sauerstoffmangel als auch einen Schaden durch den Bruch erlitten. Und ich brauche dir die Konsequenzen nicht zu schildern, die mit …«
»Nein, brauchst du nicht. Aber du bist auch kein Neurochirurg, oder? Hast du mit McNee gesprochen? Ich meine, weißt du das überhaupt alles sicher? Oder ist das nur deine Einschätzung?« Kennedy war wütend und zischelte gequält.
Marita sah herüber, wandte sich jedoch sofort wieder ihrer Wache zu.
O’Hare hielt die Stimme gesenkt und mitfühlend, da er hinter der Wut Schuldgefühle vermutete. Itsy war geistig noch ein Kind, und Kennedy hatte seine Aufsichtspflicht vernachlässigt. »Ich weiß genauso viel wie du. Ich wollte nur nicht, dass du dich auf den Glauben versteifst, ihr würdet eure alte Itsy zurückbekommen.«
Über Kennedys Gesicht huschte ein Ausdruck, den O’Hare nicht genau deuten konnte. »Tut mir leid. So wie sie war … Für sie hatte das Leben gerade erst angefangen, und dann passiert so etwas. Jack, ich werde den Bastard erwischen, der ihr das angetan hat.« Mit dem Handrücken wischte er sich eine Träne aus dem Auge. »Ich meine das ernst – ich packe dieses Dreckschwein an den Eiern. Du weißt, wie süß sie war …«
»Ich habe sie nie kennen gelernt, Iain. Als ich sie sah, habe ich sie zuerst mit Marita verwechselt.«
Kennedy reagierte darauf nicht, sondern redete weiter, als habe O’Hare nichts gesagt. »Sie wagte sich langsam aus ihrem Panzer, als hätte jemand in ihrem Kopf einen Schalter umgelegt. Nimm nur die Sache mit dem Albatros – als sie zu uns gezogen ist, hätte sie sich das gar nicht von einem Tag bis zum nächsten merken können. Jetzt war sie interessiert daran, hat Bilder gezeichnet und alle möglichen Fragen gestellt – überraschende Fragen. Es ist einfach grausam – sie kam aus einer Art Finsternis, und nun wird sie wieder dorthin zurückgedrängt.«
»Die Polizei wird sich heute nochmals mit euch unterhalten wollen. Iain, ich kenne dich schon lange. Und ich kenne auch die Ermittler. Colin Anderson ist ein guter Mann. Halte nichts vor ihm zurück.«
»Ich habe nichts zurückzuhalten«, sagte Kennedy leicht beleidigt.
O’Hare blickte seinem alten Freund in die Augen. »Sicher? Ich würde noch einmal darüber nachdenken. Diese Leute sind nicht dumm, und denen wirst du nichts vormachen können, nicht eine Minute lang. Ich verabschiede mich noch von Marita, ehe ich gehe.«
Mein Leben lang hatte ich die Gewohnheit, früh am Morgen aufzustehen. Ich sehe die Welt gern vor allen anderen, und mir gefällt das Gefühl, sie für mich allein zu haben.
Kürzlich habe ich mir angewöhnt, frühmorgens einen Spaziergang zum Hazbeanz-Coffeeshop zu machen, um mich an die alte Stadt zu gewöhnen, nachdem ich so lange fort war. Und um mich daran zu erinnern, wie es damals war. Morgen im Regen, Morgen im Nebel.
Glasgow ist eine Stadt, die aus ihrem Wetter besteht. Das hat sich nicht geändert.
Und Hazbeanz ist gut. Die können einen richtigen Caffè Americano machen. Und die Armen Ritter sind exzellent. Es ist heutzutage ein beliebter Ort für die
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