Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Bill und zupfte abermals an seiner Unterlippe. »Sieh ihn dir nur an! Grau wie eine Ratte und wahrscheinlich doppelt so niederträchtig! Wie alt ist er jetzt, Henry?«
    Henry zuckte die Achseln. »Zwischen vierzig und fünfzig, soviel ich weiß. Aber was spielt es schon für eine Rolle, wie alt er ist? Er sieht immer noch so aus, als bedeutete er Ärger.«
    Als hätte er ihr Gespräch gehört, dreht sich Ace zu dem Schaufenster um und hob die Hand zu einem langsamen, sarkastischen Winken. Die beiden Männer schauten so entrüstet drein wie zwei alte Jungfern, die gerade begriffen haben, daß der unverschämte Pfiff von der Schwelle des Billardsalons ihnen galt.
    Ace steckte die Hände in die Taschen seiner Low Riders und schlenderte davon – der Inbegriff eines Mannes, der über die gesamte Zeit der Welt und alle coolen Unternehmungen im bekannten Universum verfügt.
    »Solltest du nicht Sheriff Pangborn anrufen?« fragte Henry.
    Bill Fullerton zupfte abermals an seiner Unterlippe. Endlich schüttelte er den Kopf. »Der erfährt noch früh genug, daß Ace wieder in der Stadt ist«, sagte er. »Ist nicht nötig, daß ich es ihm sage. Und du auch nicht.«
    Sie saßen schweigend da und schauten zu, wie Ace die Main Street hinaufschlenderte, bis er aus ihrem Blickfeld verschwunden war.

7
     
    Niemand, der sah, wie Ace Merrill da so lässig die Main Street entlangschlenderte, wäre auf die Idee gekommen, daß er ein Mann mit einem großen Problem war. Es war ein Problem, für das auch Buster Keeton bis zu einem gewissen Grade Verständnis hätte aufbringen können. Ace schuldete ein paar Leuten einen großen Batzen Geld. Mehr als achtzigtausend Dollar, um genau zu sein. Aber das Schlimmste, was Busters Gläubiger ihm antun konnten, war, ihn ins Gefängnis zu stecken. Wenn Ace das Geld nicht bald auftrieb, sagen wir bis zum ersten November, war damit zu rechnen, daß seine Gläubiger ihn in die Erde steckten.
    Die Jungen, die Ace Merrill einst terrorisiert hatte – Jungen wie Teddy Duchamp, Chris Chambers und Ven Tessio -, hätten ihn trotz seiner ergrauenden Haare sofort erkannt. In den Jahren, in denen Ace in der Spinnerei des Ortes gearbeitet hatte (sie hatte vor fünf Jahren geschlossen), wäre das vielleicht nicht der Fall gewesen. Damals waren seine Laster Bier und kleinere Diebstähle gewesen. Das erstere hatte zur Folge gehabt, daß er eine Menge Gewicht zulegte, und das letztere, daß ihm der verstorbene Sheriff George Bannermann ein beträchtliches Maß an Aufmerksamkeit widmete. Doch dann hatte Ace das Kokain entdeckt.
    Er hörte auf, in der Spinnerei zu arbeiten, nahm, auf hohen – sehr hohen – Touren laufend, fünfzig Pfund ab und wendete sich größeren Einbruchdiebstählen zu. Seine finanzielle Lage begann zu schwanken – auf jene grandiose Art, die nur Börsenspekulaten und Kokaindealer kennen. Es konnte vorkommen, daß er einen Monat völlig abgebrannt begann und ihn mit fünfzig- oder sechzigtausend Dollars beendete, die unter den Wurzeln eines abgestorbenen Apfelbaums hinter seiner Behausung an der Cranberry Bog Road versteckt waren. An einem Tag war es ein französisches Diner mit sieben Gängen bei Maurice; am nächsten vielleicht Makkaroni und Käse in der Küche seines Wohnwagens. Alles hing vom Markt ab – und von den Lieferungen, denn wie die meisten Kokaindealer war Ace selbst sein bester Kunde.
    Ungefähr ein Jahr nachdem der neue Ace – lang, mager, ergrauend und süchtig bis zum Stehkragen – aus der Fettschicht zum Vorschein gekommen war, die er sich seit dem vorzeitigen Abschluß seiner öffentlichen Schulbildung zugelegt hatte, lernte er ein paar Burschen aus Connecticut kennen. Diese Burschen handelten außer mit Koks auch mit Waffen. Ace verstand sich mit ihnen auf Anhieb; wie er waren auch die Brüder Corson selbst ihre besten Kunden. Sie boten Ace etwas an, das auf eine hochkalibrige Konzession für Zentral-Maine hinauslief, und Ace akzeptierte mit Vergnügen. Dies war ebensowenig ein rein geschäftlicher Entschluß, wie es der Entschluß, mit Koks zu handeln, gewesen war. Wenn es irgend etwas gab, das Ace noch mehr liebte als Autos und Koks, dann waren es Waffen.
    In einem der Fälle, in denen er in Geldschwierigkeiten steckte, hatte er seinen Onkel aufgesucht, bei dem die Hälfte aller Einwohner der Stadt verschuldet war, und von dem behauptet wurde, er hätte mehr Geld als Heu. Ace sah keinen Grund, weshalb nicht auch er ein Darlehen bekommen sollte; er war jung (nun, mit

Weitere Kostenlose Bücher