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In einer Person

In einer Person

Titel: In einer Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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und anti schwarz. «
    »Ach ja?«, fragte ich sie. »Woher weißt du das?«
    »Er ist anti- Frauen – das weiß ich
verdammt genau!«, hatte Elaine geantwortet. »Es ist ein irisch- katholischer Knabenverein, Billy – allein deswegen müsstest
du eigentlich schon das Weite suchen.«
    »Ich glaube, Arthur würde dir gefallen«, sagte ich zu Elaine. »Er
ist ein echt netter Typ, ja wirklich.«
    »Er wird ja wohl verheiratet sein«, sagte Elaine seufzend.
    Tatsächlich hatte ich an Arthurs linker Hand einen Ehering bemerkt.
Ich habe nie mit verheirateten Männern rumgemacht – mit verheirateten Frauen gelegentlich schon, aber nicht mit verheirateten
Männern. Ich war bisexuell, aber gefühlsmäßig schon lange nicht mehr hin- und
hergerissen. Ich fand es unerträglich, wie sehr verheiratete Männer hin- und
hergerissen waren – das heißt, wenn sie sich auch für schwule Männer
interessierten. Und laut Larry waren alle verheirateten Männer enttäuschende
Liebhaber.
    »Wieso?«, fragte ich ihn.
    »Sie sind sanft bis zum Gehtnichtmehr – offenbar haben ihre ständig
fordernden Frauen ihnen beigebracht, sanft zu [532]  sein. Diese Männer haben keine
Ahnung, wie öde ›sanft‹ ist«, erzählte mir Larry.
    Ich widersprach. »Ich finde ›sanft‹ nicht immer öde«, sagte ich.
    »Ach, wie konnte ich’s vergessen«, hatte Larry mit seinem typisch
herablassenden Handwedeln erwidert. »Du übernimmst ja immer den aktiven Part.«
    Larry wuchs mir immer mehr ans Herz – als Freund. Inzwischen
gefielen mir sogar seine Frotzeleien. Wir hatten beide die Memoiren eines
bekannten Schauspielers gelesen – »ein bekannter Bi «,
wie Larry ihn nannte.
    Der Schauspieler behauptete, er habe sein Leben lang auf ältere
Frauen und jüngere Männer »gestanden«. »Wie Sie sich denken können«, schrieb
der bekannte Schauspieler, »waren viele ältere Frauen zu haben, als ich jünger war. Jetzt, wo ich älter bin – nun, natürlich sind viel mehr
jüngere Männer zu haben.«
    »Ich sehe mein Leben nicht so festgelegt «,
sagte ich zu Larry. »Ich nehme an, ein Leben als Bi wird nicht immer so klar geordnet sein.«
    »Lieber Bill«, sagte Larry – auf seine spezielle Art, als schriebe
er mir einen wichtigen Brief, »der Mann ist Schauspieler  –, er ist nicht bi, sondern schwul. Kein Wunder, dass jetzt, wo er älter ist, viel mehr jüngere Männer verfügbar
sind! Diese älteren Frauen waren die einzigen Frauen, in deren Gegenwart er
sich sicher fühlte!«
    »Mein Profil ist das nicht, Larry«, sagte ich ihm.
    »Du bist ja auch noch jung!«, hatte Larry gerufen. »Wart’s nur ab,
lieber Bill, wart’s nur ab.«
    [533]  Natürlich war man sowohl belustigt als auch besorgt, dass ich
regelmäßig zum Ringertraining den NYAC aufsuchte – und zwar sowohl die Frauen, mit denen ich mich traf, als auch die schwulen
Männern, die ich kannte. Meine schwulen Freunde nahmen mir nicht ab, dass ich
praktisch kein homoerotisches Interesse an den Ringern hatte, die ich in dem
Verein kennenlernte – für diese Sorte von falschen Personen zu schwärmen,
gehörte für mich in eine lange zurückliegende (wenn auch noch nicht ganz
abgeschlossene) Phase, als eine wichtige Etappe zu meinem Coming out.
Heteromänner fand ich meist nicht anziehend, jedenfalls nicht besonders; dass
sie das spürten, so wie Arthur es spürte, machte es mir zunehmend leichter, mit
ihnen befreundet zu sein.
    Doch Larry betonte, mein Ringertraining sei eine Art aufwendige,
riskante Suche nach Sexpartnern; Donna, meine liebe, aber leicht zu
beleidigende transsexuelle Freundin, tat meine, wie sie es nannte,
»Durchschlüpfer-Fixierung« als Kultivierung eines Todestriebs ab. (Bald nach
dieser Erklärung verschwand Donna aus New York und wurde angeblich bald darauf
in Toronto gesichtet.)
    Die Ringer im New York Athletic Club waren jedenfalls in jeder
Hinsicht ein bunter Haufen, und sie behandelten mich auch sehr unterschiedlich.
Meine Freundinnen, darunter auch Elaine, prophezeiten, es sei nur noch eine
Frage der Zeit, bis man mich zu Klump prügeln würde, doch ich wurde im NYAC kein einziges Mal bedroht (oder vorsätzlich
verletzt).
    Die älteren Typen ignorierten mich meist; einmal sagte einer, als man
uns miteinander bekannt machte: »Ach, du [534]  bist der Schwule – stimmt’s?« Doch er gab mir die Hand und klopfte mir auf den Rücken; wenn wir
uns später trafen, lächelte er immer und sagte etwas Nettes. Er sagte mir auch,
wir seien nicht in derselben

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