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In einer Person

In einer Person

Titel: In einer Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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man sich freuen konnte.
    Elaine und ich hatten vor, zusammen nach Mexiko zu [652]  reisen; sie
hatte sich über Ferienhäuser in Playa del Carmen informiert. Nur zu gern hätte
ich sie nach Mexiko begleitet, wenn da nicht ihr Beziehungsproblem gewesen
wäre: ihr Freund, ein pingeliger Kontrollfreak, ließ Elaine nirgendwohin mit
mir verreisen, egal, wohin.
    »Hast du ihm nicht gesagt, dass wir nichts miteinander haben?«,
fragte ich.
    »Doch, aber auch, dass wir mal was miteinander hatten – oder es versucht haben«, korrigierte Elaine sich selbst.
    »Warum das denn?«, wollte ich wissen.
    »Ich versuch’s mit einem neuen Ehrlichkeitsprinzip«, gab sie zurück.
»Ich denk mir nicht mehr so viele Geschichten aus oder versuche mich wenigstens
zurückzuhalten.«
    »Und wie verträgt sich dieses Prinzip mit deiner Schriftstellerei ?«,
fragte ich.
    »Ich glaub nicht, dass ich mit dir nach Mexiko reisen kann, Billy –
nicht jetzt«, antwortete sie knapp.
    Ich hatte selbst gerade ein Beziehungsproblem hinter mir, aber als
ich den dazugehörigen Freund los war, bekam ich ziemlich bald ein Problem mit
einer Freundin. Sie war neu im Favorite-River-Lehrkörper, eine junge
Englischlehrerin. Mrs. Hadley und Richard hatten uns zusammengebracht; sie
hatten mich zum Essen eingeladen, und da war Amanda. Auf den ersten Blick hielt
ich sie für eine Schülerin von Richard – so jung wirkte sie auf mich. Doch sie
war eine verschüchterte junge Frau Anfang zwanzig.
    »Ich bin fast dreißig«, sagte sie ständig, als befürchtete sie, zu
jung auszusehen, und hoffte, mit dieser Versicherung einen gesetzteren Eindruck
zu machen.
    Als wir anfingen, miteinander ins Bett zu gehen, machte [653]  Amanda
sich Sorgen, wo wir es tun konnten. Sie hatte ein Lehrerinnenapartment in einem
der Mädchenwohnheime von Favorite River; wenn ich dort bei ihr übernachtete,
bekamen die Mädchen im Haus das mit. Aber Amanda hatte meistens Nachtwache im
Internat und konnte nicht bei mir in dem Haus an der River Street übernachten.
Unter diesen Bedingungen kam ich viel zu selten dazu, mit Amanda zu schlafen –
das war das eine Problem. Und dann war da natürlich noch das Bi -Thema: Sie hatte alle meine Romane gelesen, sagte, dass
sie sie wahnsinnig gern mochte, aber dass ich bisexuell sei, mache ihr auch
Angst.
    »Ich fass es einfach nicht, dass du drei undfünfzig
bist!«, sagte Amanda ständig; das verwirrte mich. Mir war nicht klar, ob sie
meinte, dass ich so viel jünger aussah als mein Alter, oder ob sie über sich
selbst entsetzt war, weil sie mit einem alten Bisexuellen von über fünfzig zusammen war.
    Martha Hadley, inzwischen fünfundsiebzig, war pensioniert,
behandelte aber noch einzelne Schüler, die »besonderer Förderung« bedurften,
etwa wegen Ausspracheproblemen. Sie hatte mir verraten, dass Amanda unter
Sprachstörungen litt. »Du hast uns doch nicht etwa deshalb zusammengebracht,
oder?«, fragte ich sie.
    »Es war nicht meine Idee, Billy«, sagte
Mrs. Hadley. »Richard wollte dich mit Amanda bekannt machen, weil sie deine Bücher so mag. Mich hat die Idee nie begeistert – sie ist
viel zu jung für dich, und alles macht ihr Angst. Ich kann mir gut vorstellen,
dass sie wegen deiner Bi sexualität… na, also bestimmt
schlaflose Nächte hat. Sie kann das Wort bisexuell nicht aussprechen !«
    »Oh!«
    [654]  Das also war der Stand der Dinge, als Onkel Bob mich wegen
Kittredge anrief. Deshalb sagte ich, nicht ganz ernsthaft, dass ich mich auf
»nichts außer Tauwetter mit Schneematsch« freuen konnte – außer auf mein
Schreiben. (Meiner Schriftstellerei tat der Umzug nach Vermont gut.)
    Das Alumni-Büro war von Mrs. Kittredge über Jacques’ Ableben
unterrichtet worden.
    »Willst du damit sagen, dass er eine Frau hatte, oder meinst du
seine Mutter?«, fragte ich Onkel Bob.
    »Kittredge hatte eine Frau, Billy, aber wir haben es von der Mutter
erfahren.«
    »Meine Güte – wie alt mag Mrs. Kittredge
sein?«, fragte ich.
    »Erst zweiundsiebzig«, antwortete mein achtundsiebzigjähriger Onkel,
hörbar pikiert. Elaine hatte mir gesagt, Mrs. Kittredge sei bei der Geburt
ihres Sohnes erst achtzehn gewesen.
    Laut Bob – das heißt laut Mrs. Kittredge – war mein ehemaliger
Angebeteter und Quälgeist in Zürich gestorben, »eines natürlichen Todes«.
    »Blödsinn, Bob«, sagte ich. »Kittredge war nur ein Jahr älter als
ich – vierundfünfzig. Was für eines ›natürlichen Todes‹ kann man in dem
Scheiß-Alter schon sterben?«
    »Ganz

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