In Ewigkeit verflucht
sie Gewohnheitssache, und ihn interessierte eigentlich nur der Punkt, den Elisa anvisierte.
Es war die kleine Hütte auf der Kuppe des Hangs, wo der Lift sein Ende fand.
»Dort, Reto.«
»Was ist da?«
»Du wirst es sehen. Es ist die andere Welt. Es ist das Licht, das aus dem Jenseits rüberstrahlt. Das Licht, das mir die Kraft gibt, das ich beherrschen kann wie eine Sonnenkönigin. Ja, das bin ich. Auch die Tochter des Jenseits. Es ist so wunderbar. Es ist das beste Licht, das du dir vorstellen kannst, und das ich als gnadenlos hell bezeichne.«
»Ich sehe es nicht.«
»Keine Sorge, du wirst es noch erleben.«
»Steht da ein Scheinwerfer?«
Elisa konnte nicht anders. Sie musste laut lachen und sagte: »Du begreifst nichts. Das Jenseits ist anders. Licht und Dunkelheit. Schwärze und Helle. Alles gehört zusammen. Beides bildet eine Einheit. So unterschiedlich es auch sein mag...«
Elisa sprach, und Reto hörte sie auch, nur verstand er nicht, was sie sagte. Es war ihm alles so fremd, denn er sah auch kein Licht. Nach wie vor breitete sich die allmählich schwindende Helle des Tages aus. Unten in den Tälern wanderten sicherlich schon die ersten Schatten umher, während es über den Gipfeln noch hell war und die Luft aussah wie kristallklares Glas. Die Sonne konnte es nicht sein. Sie hielt sich im Westen auf, wo sie auch versinken würde, aber...
Der Blitz!
So schnell und grell, dass Reto es nicht mehr schaffte, die Augen zu schließen. Als er es danach trotzdem tat, da war er sicher, angegriffen zu werden.
Nicht direkt körperlich, sondern durch eine andere Kraft, die für einen Moment an ihm zerrte. Er spürte einen warmen Schleier um sich, der allerdings sehr bald wieder verschwand. Ein Brennen auf der Haut, und trotz der geschlossenen Augen konnte er etwas sehen.
Ein Skelett!
Hell und groß. Inmitten des Lichts. Auf den blanken Knochen tanzten helle Schatten, und etwas in ihm zwang ihn, die Augen zu öffnen.
Er stand noch vor dem Fenster.
Er schaute hinaus.
Er sah die Hütte. Nichts hatte sich dort verändert. Nur das Licht war verschwunden.
Elisa stand auch weiterhin neben ihm. Sie fasste ihn sanft an und sagte: »Jetzt hast du es gesehen und auch gespürt. Von nun an gibt es kein Zurück mehr.«
Reto Kirchner hatte jedes Wort genau verstanden. Er dachte auch darüber nach, doch er konnte sich nicht vorstellen, was wirklich mit ihm passiert war.
Nur im Kopf spürte er den Druck.
»Was soll ich denn tun?«
»Du kannst hier bei mir bleiben.«
»Und dann?«
»Bleib einfach hier.«
Reto wehrte sich nicht. Seine seltsame Verlobte hatte wieder Gewalt über ihn bekommen. Das nahm er hin, weil er nicht anders konnte. Sie fasste ihn an und schob ihn zurück, bis er einen Sessel erreicht hatte. Dort drückte sie ihn nieder, und er blieb hocken wie eine männliche Puppe, die sich nicht mehr bewegen konnte.
Noch immer hielt er das Beil fest. Aber er dachte nicht daran, es gegen Elisa einzusetzen. Ihm kam nicht die Spur eines Gedankens, denn in seinem Innern war eine zu große Veränderung vorgegangen. Es gab ihn als einen normalen Menschen, doch diese Normalität war nicht mit der zu vergleichen, die er kannte.
Als er sah, dass sich Elisa von ihm wegdrehte, fragte er: »Wo gehst du hin?«
»Keine Sorge, ich ziehe mich nur an.«
»Aha.«
Sie bewegte sich auf den kleineren Teil des geräumigen Zimmers zu, wo auch der schmale Schrank stand, dessen Tür sie öffnete. Reto saß günstig. Er schaute hin und stellte fest, dass in dem Schrank kaum Kleidungsstücke hingen.
Ein Kleid allerdings fiel ihm besonders auf. Es war lang, und es bestand aus einem glänzenden Stoff. Ein Oberteil, ein Rock, der bis zu den Knöcheln reichte, und er brauchte nicht viel Fantasie dazu, um das Kleid mit einem Gewand zu vergleichen, das einen recht tiefen Ausschnitt besaß.
Seidenweich umschmeichelte es ihre Haut. Eine einzige Farbe war nicht festzustellen. Es kam darauf an, wie sich die Trägerin bewegte, denn dann geriet auch der Stoff in Bewegung.
An verschiedenen Stellen schimmerte er golden. An anderen wiederum bläulich, und irgendwo in der Mitte trafen dann beide Farben wieder zusammen.
Elisa Satelli ordnete ihr Haar. Sie lächelte dabei und kam auf ihren Verlobten zu. Er stellte fest, dass ihre Augen dabei einen besonderen Glanz bekommen hatten. Sie strahlten viel heller. So hatte er sie eigentlich nie erlebt.
»Kannst du jetzt begreifen, wer ich bin?«
»Die... die... Königin?«
»Ja, die Königin des
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