In Ewigkeit verflucht
Lichts. Die Tochter des Jenseits. Das Wunder zwischen Tod und Leben...«
»Und was willst du?«
»Ich werde dich jetzt verlassen. Die Sonne wird bald verschwunden sein. Ich erwarte meine Freunde oben an der Hütte. Dort werden sie das Licht erleben, das auch du schon kennst.«
»Dann will ich mit!«
»Nein, das kannst du nicht mehr. Du musst bleiben, denn du bist ein Gefangener des Totenlichts geworden.«
»Was bin ich?«
Sie lachte leise. »Hast du mich nicht verstanden?«
»Schon, aber...«
»Genau das bist du. Bleibe hier. Ich kehre irgendwann zurück. Dann kann ich mir vorstellen, dass wir wieder Zusammenkommen...«
Reto besaß nicht die Kraft, eine Antwort zu geben. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. In seinem Innern kochte es, und trotzdem dachte er an eine tiefe Leere. Er war aus seiner Haut geschlüpft. Er kam sich nicht mehr vor wie ein Mensch, obwohl er noch einer war, da brauchte er nur in den Spiegel zu schauen.
Da blickte er nicht hin, denn Elisa war für ihn wichtiger. Sie wollte ihn verlassen, und es wäre normal gewesen, wenn sie zur Tür gegangen wäre. Das tat sie nicht, denn sie ging auf ein Fenster zu, öffnete es und stieg nach draußen.
Das Hotel war an den Hang gebaut worden, der fast bis an das Fenster heranreichte. So brauchte Elisa nicht tief zu springen. Sie befand sich fast auf gleicher Höhe mit dem Gelände. Es war ihr sogar möglich, das Fenster wieder von außen zuzuschieben.
Sie ging weg, und Reto blieb nichts anderes übrig, als ihr nachzuschauen. Er sah auf ihren Rücken. Diesmal bewegte sich das Kleid über die nackte Haut. Der Stoff schimmerte, changierte und strahlte regelrecht, wenn er in Bewegung geriet. Dabei schien er die letzten Farben des allmählich verschwindenden Tageslichts einzufangen und auch zu behalten.
Für Reto Kirchner sah es aus, als wollte sich seine Verlobte von dieser Welt entfernen.
Welt? Was bedeutete schon Welt für ihn? Es war nicht mehr zu fassen. Er bekam es nicht in seinen Kopf. Die Welt hatte sich seiner Ansicht nach auf den Kopf gestellt. Sie war nicht mehr so, wie er sie kannte.
Die Königin ging weiter. Ihr Ziel war die Hütte. Andere Menschen schritten schwerfällig den Hang hoch. Das war bei ihr nicht der Fall. Für sie bedeutete es keine Anstrengung, als sie die Steigung hochschritt.
Reto blieb sitzen.
Er wusste nicht, was er unternehmen sollte. Ihr nachgehen oder im Zimmer bleiben...?
Etwas störte ihn.
Vorhin war es ihm nicht so aufgefallen, denn da war er abgelenkt worden. Nun konzentrierte er sich wieder auf seine eigene Person, und dabei fiel ihm schon auf, dass mit ihm etwas geschehen war. Nicht äußerlich, sondern im Innern.
Etwas brannte!
Etwas rann durch seine Adern. Es war heiß, es war flüssig. Er hatte so etwas noch nie erlebt oder durchlitten. Gleichzeitig brach ihm der Schweiß aus, und dieses Brennen wurde für ihn allmählich zu einer Folter.
»Was ist das?« Hastig hatte er die Frage ausgestoßen, ohne eine Antwort zu finden.
Es ging weiter.
Der Körper schien innen in Flammen zu stehen. Er konnte auch nicht mehr sitzen bleiben, sprang auf und wollte wegrennen.
Etwas stoppte ihn.
Er schaute auf seine linke Hand.
Und da sah er es.
Die Haut auf ihr zog sich zusammen und nahm dabei allmählich eine graue, verbrannte Farbe an...
***
Wir wollten natürlich nicht mit der Tür ins Haus fallen und uns, wenn möglich, als normale Gäste mit dieser ungewöhnlichen Person treffen, die von mehreren Personen als Königin verehrt wurde.
Es war einfach. Wir brauchten nur den Gang bis zu seinem Ende durchzuschreiten. Das Vorhaben war gefasst worden, aber dazu kam es nicht mehr, denn vor uns wurde plötzlich vehement eine Tür aufgestoßen, und einen Moment später schauten wir in das Gesicht einer jungen Frau, die den gleichen Umhang trug wie Kevin.
Beide waren wir überrascht. Die Frau hatte blondes Lockenhaar und erinnerte beinahe an einen Engel. Abwehrend hob sie die Hände und ließ die Arme wieder sinken, als sie sah, dass nichts passierte.
»Sie haben mich erschreckt.«
»Sie uns aber auch, Jamie«, sagte Bill.
Nicht nur die Frau war überrascht, auch ich wunderte mich darüber, dass Bill den Namen kannte. Dabei fiel mir ein, dass er die Fotos der Verschwundenen gesehen und sich eben die Namen gemerkt hatte.
»Sie kennen mich?«
»Ja.«
»Woher?«
»Nicht persönlich. Sie sind Studentin, kommen aus London und befinden sich nicht allein hier oben, sondern in Begleitung. Habe ich damit den
Weitere Kostenlose Bücher