In feinen Kreisen
Verteidigung für sich vorgebracht. Die Geschworenen würden leicht davon zu überzeugen sein, dass sie sich mit Absicht an Lucius herangemacht hatte, einen wohlhabenden und naiven jungen Mann. Er war zwar attraktiv und intelligent, aber nicht sehr erfahren, und eine ältere Frau, die genau wusste, wie man einem Mann gefiel, konnte ihn leicht hinters Licht führen.
Dann hatte sie gesehen, welcher Luxus sie an seiner Seite erwarten würde, aber durch einen unglücklichen Zufall wusste der Kutscher etwas über ihre Vergangenheit, etwas so Hässliches, dass es ihren schönen Traum zerstört hätte. Und so erpresste er sie.
Ihre Mentorin und Komplizin, die derselbe Kutscher wegen ihrer Diebstähle im Krankenhaus erpresste, half ihr entweder, ihn zu töten, oder sie versteckte sie anschließend und verwischte die Spuren des Verbrechens. Robb hatte keine andere Wahl, als sie zu verhaften.
Die Familie war am Boden zerstört. Harry stand mit bleichem Gesicht da und stammelte zusammenhanglose Sätze, dass er alles tun würde, um ihr zu helfen. Er sah aus, als sei er vollkommen durcheinander. Er drehte sich immer wieder zu Lucius um, als wolle er ihn schützen, bis ihm seine Hilflosigkeit bewusst wurde.
Monk empfand großes Mitleid für diesen Mann und war sich sicher, dass nicht einmal Oliver Rathbone hier etwas tun konnte, um dieser Tragödie ein Ende zu machen.
Miriam selbst schien am wenigsten überrascht oder verstört zu sein. Sie akzeptierte die Situation, als hätte sie nichts anderes erwartet, protestierte nicht und bat auch nicht um Hilfe. Sie versuchte nicht einmal, die Anschuldigung, die gegen sie erhoben wurde, abzustreiten. Sie bedankte sich bei Harry Stourbridge für seine Freundlichkeit ihr gegenüber, dann ging sie sehr aufrecht und mit festem Schritt Robb voraus zur Eingangstür. Sie zögerte, als wolle sie noch etwas zu Lucius sagen, änderte dann aber ihre Meinung.
An der Tür drehte Monk sich noch einmal nach den drei Männern um, die im Flur standen. Harry und Lucius waren wie gelähmt. Aiden Campbell legte Lucius einen Arm um die Schultern, wie um ihn zu stützen.
Es war bereits nach sieben Uhr morgens und heller Tag, als Monk nach Hause kam. Auf den Straßen herrschte reger Verkehr, man hörte das Rattern von Rädern, das Klappern von Hufen und Stimmengewirr.
Als er durch die Tür seiner Wohnung trat, hatte er nur noch den einen Wunsch, sich gründlich zu waschen und dann ins Bett zu sinken, um den ganzen Tag zu schlafen.
Kaum hatte er den Raum durchquert, als Hester schon auf ihn zukam, bekleidet mit einem blauweißen Musselinkleid. Sie sah so aus, als sei sie schon Stunden auf.
»Was ist passiert?«, fragte sie sofort. »Du siehst schrecklich aus. Ich hab schon das Wasser aufgesetzt. Möchtest du frühstücken oder bist du zu müde dafür?«
»Nur eine Tasse Tee«, antwortete er, folgte ihr in die Küche und setzte sich. Seine Beine schmerzten, und der Kopf pochte. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als ein kühles, dunkles und obendrein möglichst ruhiges Plätzchen.
Sie brühte den Tee auf und schenkte ihm eine Tasse ein, bevor sie ihn fragend ansah.
»Sie wurde mit einem einzigen Hieb getötet, mit einem Krocketschläger«, berichtete Monk. »Es gab genug Hinweise darauf, mit Sicherheit sagen zu können, dass der Täter im Familienkreis zu suchen sei… oder es war Gardiner. Keiner der Dienstboten hatte ein Motiv für dieses Verbrechen.«
Sie setzte sich ihm gegenüber an den kleinen Tisch und sah ihn mit ernster Miene an. »Und hatte Miriam eines?«, fragte sie.
»Ein nahe liegendes. Was immer Treadwell über sie wusste Verona Stourbridge wusste es auch… oder sie folgerte es aus irgendeiner Bemerkung Miriams. Es tut mir Leid. Bestenfalls lässt sich sagen, dass sie den Verstand verloren hat, schlimmstenfalls kann man ihr vorwerfen, sie habe sich vorsätzlich an Lucius herangemacht, um sich für den Rest ihres Lebens Wohlstand und eine angesehene gesellschaftliche Stellung zu sichern… und indirekt natürlich auch Cleo Anderson. Als Treadwell diesen Plan zu vereiteln drohte, hat sie ihn entweder allein oder mit Cleos Hilfe getötet. Und als dann später von Verona Gefahr drohte, musste auch sie sterben. Es ergibt auf grauenvolle Weise Sinn.«
»Aber glaubst du es auch?«, fragte Hester und sah ihm direkt in die Augen.
»Ich weiß nicht. Es fällt mir schwer. Aber die Logik zwingt mich, diese Schlussfolgerung zu ziehen.« Das war die Wahrheit, aber es widerstrebte ihm, sie
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