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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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anderer, aber sie wagt nicht, es zu sagen, weil sie aus irgendeinem Grund Angst vor ihm hat.« Seine Stimme bebte ein wenig. »Aber sollte sie doch an seinem Tod schuld sein, dann war es entweder ein Unfall oder eine Bedrohung, der sie nicht im Stande war, etwas entgegenzusetzen.«
    »Mr. Stourbridge«, sagte Monk barsch. »Ich weiß nicht, ob ich in diesem Fall die Wahrheit herausfinden kann. Wenn Sie es wünschen, werde ich es versuchen. Aber ich habe weitaus weniger Hoffnung als Sie, dass das Ergebnis für Sie angenehm sein wird. Die Tatsachen legen bisher nicht den Schluss nahe, dass Mrs. Gardiner unschuldig ist.«
    Lucius war sehr blass. »Dann finden Sie weitere Fakten heraus, Mr. Monk. Ich kenne Miriam, und diese Fakten werden Miriams Ehre wiederherstellen.«
    Monk hätte gern mehr Zeit gehabt, alle Konsequenzen abzuwägen, aber sie hatten keine Zeit. Robb würde bereits auf der Suche nach Beweisen sein und die Krone würde Anklage erheben, wenn diese ausreichten. Es gab nichts, worauf sich eine Verteidigung hätte gründen können.
    »Sind Sie sich wirklich sicher?«, versuchte er ihn noch einmal von seinem Vorhaben abzubringen, obwohl er wusste, dass es sinnlos war.
    »Ja«, antwortete Lucius sofort. »Ich habe zwanzig Guineen hier, und ich werde Ihnen noch mehr geben, so viel Sie brauchen. Alles, was Sie wollen, Sie müssen es mir nur sagen.« Er hielt Monk einen Lederbeutel voller Münzen hin.
    Monk nahm das Geld nicht sofort an. »Als Erstes werde ich Ihre praktische Hilfe benötigen. Wenn Miriam nicht verantwortlich war für Treadwells Tod, dann handelt es sich entweder um einen Zufall, was ich nicht glaube, oder der Mord muss mit Treadwells Charakter und seinem Leben zusammenhängen. Ich werde damit beginnen, dass ich mir diesbezüglich ein möglichst genaues Bild mache. Auf diese Weise kann ich auch verhindern, auf Schritt und Tritt Sergeant Robb zu begegnen und damit vielleicht den Eindruck zu erwecken, seine Ermittlungen zu behindern. Und falls ich etwas in Erfahrung bringe, kann ich immer noch selbst entscheiden, ob ich ihm davon Mitteilung mache oder nicht.«
    »Ja… ja«, stimmte Lucius ihm erleichtert zu. »Was kann ich tun?« Er zuckte ein wenig die Achseln. »Ich habe darüber nachgedacht, was für ein Mann Treadwell war, aber mir ist nichts eingefallen. Ich habe ihn fast jeden Tag gesehen, aber ich kann auf diese Frage keine vernünftige Antwort geben.«
    »Ich habe nicht erwartet, dass Sie mir diesbezüglich Aufschluss geben können«, erklärte Monk. »Ich würde gern mit den anderen Dienern sprechen und dann so viel wie möglich über Treadwells Leben außerhalb von Bayswater herausfinden. Diese Dinge wüsste ich gern vor der Polizei, wenn sich das machen lässt.«
    »Natürlich! Natürlich«, pflichtete Lucius ihm bei. »Ich danke Ihnen, Mr. Monk. Ich werde für immer in Ihrer Schuld stehen. Wenn es etwas gibt…«
    Monk unterbrach ihn. »Bitte, danken Sie mir erst, wenn ich es verdient habe. Meine Ermittlungen könnten anders ausfallen, als Sie es sich wünschen.«
    »Ich muss es wissen«, sagte Lucius. »Bis morgen früh dann, Mr. Monk…«
    »Auf Wiedersehen, Mr. Stourbridge«, erwiderte Monk und begleitete ihn zur Tür.
    Um zehn Uhr am nächsten Morgen fand Monk sich in dem Haus am Cleveland Square ein, und mit Lucius’ Unterstützung befragte er sämtliche Diener innerhalb und außerhalb des Hauses nach James Treadwell. Es widerstrebte ihnen, überhaupt von dem Mann zu sprechen, geschweige denn, ihm etwas Böses nachzusagen, aber Monk konnte in ihren Mienen und an der Unbeholfenheit ihrer Ausdrucksweise erkennen, dass der Kutscher zwar nicht allzu beliebt gewesen war, andererseits aber durchaus respektiert wurde, weil er sich auf seine Arbeit verstand.
    Langsam entstand das Bild eines Mannes, der wenig von sich selbst preisgab, dessen Humor eher grausam als gutmütig war, der aber genug Sinn für die Hierarchie innerhalb des Hauses besaß, um sich nicht im Ton zu vergreifen oder Gefühle zu verletzen. Er hatte Charme und war gelegentlich großzügig, wenn er im Spiel gewann, was häufig geschah.
    Keines der Dienstmädchen beklagte sich über Zudringlichkeiten. Nichts war verschwunden. Für seine wenigen Fehler hatte er nie die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben versucht.
    Monk durchsuchte Treadwells Räume, die immer noch leer standen, da bisher noch kein Ersatz für ihn gefunden worden war. Seine ganze Habe befand sich dort. Alles war ordentlich aufgeräumt, aber auf dem

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