In fremderen Gezeiten
zusammenbekam, würden diese Nummern hier wahrscheinlich gut ankommen.
Mit einer Geschicklichkeit, von der er nicht geglaubt hätte, dass er sie noch besaß, schnitzte er die Gesichter zweier kleiner Holzköpfe. Als Nächstes schnitt er kleine Bänder aus Tuch, die als angeheftete Gelenke dienen sollten, und dann einfache Kleider für die Marionetten. Er brauchte nicht länger als ein paar Minuten, um alles zusammenzusetzen und dann Schnüre zurechtzuschneiden und sie an den Ohren zu befestigen, an den Händen, den Knien und jeweils dem Rücken seiner beiden Marionetten. Die anderen Enden der Fäden einer jeden Puppe verband er mit einem Kreuz, das er mit einer Hand greifen wollte. Wenn er zwei Puppen gleichzeitig führte, musste er auf einen separat gehaltenen Führungsstock für die Knie der Puppen verzichten. Aber er hatte vor langer Zeit gelernt, stattdessen die beiden ersten steif ausgestreckten Finger einer jeden Hand dafür zu benutzen.
» Also schön, los geht’s«, sagte er schließlich und versuchte, selbstbewusst zu klingen, wie sein Vater es ihm immer geraten hatte, wenn sie ein potenziell ungebärdiges Publikum vor sich hatten, was in diesem Fall gewiss zutraf. » Alle sollten sich hinsetzen. Könnte einer von euch mir dieses … zerbrochene Fass dort herbringen? Als Bühne ist es besser als nichts.« Zu seiner Überraschung brachte einer der Männer das Fass herüber und stellte es sorgfältig vor ihn hin. Chandagnac beäugte das geborstene Fass, dem der Deckel fehlte, für einen Moment, dann trat er die ganze Vorderseite ein, zog die zerbrochenen Dauben und den einzigen verbliebenen Reifen heraus und trat dann zurück. Er nickte. » Unsere Bühne.«
Die meisten der Piraten hatten sich hingesetzt und zumindest aufgehört, durcheinander zu rufen. Also ergriff Chandagnac die Führungskreuze und schob die Finger in die Schlaufen. Er hob die Marionette, deren Beine in primitiven Hosen steckten – » Unser Held!«, verkündete er laut –, und dann sprach er für die Puppe, für die er ein Kleid gemacht hatte: » Und eine Frau, der er begegnet!«
Sein Publikum schien das vielversprechend zu finden.
Die weibliche Marionette wurde in die offene Frontseite des Fasses manövriert und die männliche Puppe begann aus einem Schritt Entfernung auf sie zuzuschlendern.
Chandagnac war sich mit allen Sinnen bewusst, dass er an einem Strand auf der falschen Seite der Welt stand, vor einer Schar volltrunkener Mörder. Unter diesen Umständen eine Marionettenvorführung zu machen, erschien ihm so schreiend unangemessen wie Maigirlanden an einem Galgen … oder, so ging es ihm durch den Kopf, wie das Tanzen und das Spielen von Musikinstrumenten, wenn man sich anschickte, ein Handelsschiff zu kapern und mehr als die Hälfte seiner Mannschaft zu töten.
Von den anderen Feuern her kam jetzt der älteste – so schien es ihm – Mann in den Schein ihres Feuers geschlendert, den Chandagnac seit seinem Aufbruch aus England gesehen hatte. Sein Bart und sein langes, strähniges Haar hatten die Farbe alter Knochen, und sein Gesicht war wie dunkles, altes Leder, das sich stramm über seinen Schädel spannte. Chandagnac konnte die Rasse des Mannes nicht erraten, aber als mehrere der Piraten den alten Mann mit » Gouverneur« ansprachen und ihm Platz zum Sitzen machten, vermutete er, dass dies das alte Wrack ohne jeden Verstand sein musste, das Skank erwähnt hatte und das der einzige Bewohner der Insel gewesen war, als die Piraten sie entdeckt hatten.
Die männliche Marionette hatte das Fass erreicht und schien gerade daran vorbeischlendern zu wollen, aber die weibliche Puppe beugte sich aus der türähnlichen Öffnung und legte den Kopf schräg. » N’Abend, Sir«, sagte Chandagnac schrill und kam sich dabei vor wie ein Narr. » Hättet Ihr vielleicht Lust, einer Dame ein Gläschen zu spendieren?«
» Wie bitte?«, ließ Chandagnac die andere Marionette in der übertrieben vornehmen Manier der englischen Oberklasse sagen. » Es fällt mir außerordentlich schwer …«
» Sprecht bitte lauter, Sir«, unterbrach ihn die weibliche Puppe. » Ich höre nicht sehr gut.«
» … zu hören.«
» Was habt Ihr gesagt, Sir? Was könntet Ihr schwören? Ah, ich denke, ich weiß, worauf Ihr anspielt, Sir, und Ihr braucht von mir nichts zu befürchten. Ich kann Euch garantieren …«
» Nein, nein, hören, hören.«
» Höring? Hering? Ihr habt Hunger? Oder was ist mit dem Hering?«
» Ich sagte, es fiele mir außerordentlich
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