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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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...»
    «Ach, trinken Sie Ihr Bier, Mann. Warum genießen Sie’s
    nicht einfach?»
    «Doch, aber hören Sie, ich muß wirklich etwas unter‐
    nehmen.»
    «Darüber denken wir später nach; jetzt trinken Sie Ihr
    Bier, Mann, und hören Sie auf, sich Sorgen zu machen.»
    Das Haus vibrierte unter schweren Schritten auf der
    Veranda. Hynes, dessen Gesicht sich erhellte, rief: «Kommt rein, Jungs, kommt rein!»
    Zwei riesige Männer, etwa dreißig, in Hemden mit of‐
    fenem Kragen, bauten sich in der Türöffnung auf.
    «Tag, Tim», sagten sie und: «Tag, John», als sie Grant vorgestellt wurden.
    Hynes lief aus dem Zimmer, um weitere Gläser zu ho‐
    len, und Grant befiel eine schreckliche Vorahnung, als einer
    der Männer auch schon bemerkte: «Neu hier in Yabba,
    John?»
    Aber Hynes kam zurück, bevor er alles noch einmal
    durchmachen mußte.
    Hynes und seine zwei Freunde redeten durcheinander
    und tauschten die unbeholfenen Beleidigungen aus, die
    man hier im Westen als Schlagfertigkeit durchgehen ließ.
    Abgesehen von einigen geringfügigen Abweichungen
    in den Gesichtszügen, sahen die Neuankömmlinge nahezu
    identisch aus, bis hin zu den Büscheln aus dickem, gekrau-stem Haar, das sich zwischen ihren Kehlen und Hemden
    ausbreitete.
    Eines Tages, dachte Grant, würde er ein Vermögen da‐
    mit machen, solche Haarbüschel maschinell zu produzie‐
    ren und wie Krawatten zum Verkauf anzubieten.

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    Die beiden Männer waren offenbar Minenarbeiter, die
    mit Hynes arbeiteten. Einer hieß Dick, der andere Joe;
    allem Anschein zum Trotz waren sie keine Brüder, ja noch nicht einmal entfernt verwandt miteinander.
    Unter Minenarbeitern hatte sich Grant bisher schmut‐
    zige Männer vorgestellt, die aus der Erde auftauchten wie Maulwürfe, blinzelten, die Köpfe schüttelten und wahrscheinlich einen walisischen Akzent hatten.
    Diese beiden hier waren gut geschrubbte Exemplare
    mit dem nasalen Tonfall, den Menschen bekommen, die
    wegen des Staubes unfähig sind, ihren Mund allzuweit zu öffnen.
    Grant ließ zu, daß sein Glas aufgefüllt wurde, und dann, überrascht, daß es schon wieder leer war, ließ er sich gleich
    noch einmal nachschenken. Hynes schien ihn vergessen zu
    haben, er war in eine Unterhaltung vertieft, die Grant zum größten Teil nicht verstand und die sich um ein Rudel
    Windhunde drehte, das den beiden Kumpels gemeinsam
    gehörte.
    «Lassen Sie die Hunde Rennen laufen?» erlaubte sich
    Grant dazwischenzufragen.
    Dick schaute ihn an, als sei er überrascht, daß er immer noch da war.
    «Was denn sonst?» sagte er und wandte sich wieder
    Hynes zu.
    Grant konzentrierte sich auf seine Zigarette und fragte
    sich, bereits verschwommen, wie er am besten die Flucht antreten sollte − und wohin er fliehen konnte. Aber da es darauf keine richtige Antwort gab, blieb er sitzen.
    Nach einer Weile machte er die Augen zu, und die
    Stimmen wurden zu einem gleichmäßigen, unablässigen
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    Summen. Einem warmen Summen, wie von Bienen, sehr
    großen Bienen, an einem heißen, sehr heißen Tag.
    Sinken, sanft sinken, gerade genug, um im Bewußtsein
    zu behalten, daß es angenehm war unterzugehen, hinab in eine verschwommene Wärme, mit schweren, sehr schweren Gliedern und dem Gefühl zu zerfließen, auszulaufen
    und langsam nach unten zu sinken, ohne jede Angst.
    «Wenn Sie sich nicht gerade hinsetzen, verschütten Sie
    das Bier.»
    Janette saß auf einem Hocker in der Nähe seines Sessels.
    Grant schüttelte mit mahlendem Kiefer den Kopf, be‐
    müht, den Nebel zu vertreiben, der von seinem Hirn und seinem Körper Besitz ergriffen hatte. Der Nebel verzog sich
    langsam, widerstrebend und schmerzhaft.
    «Tut mir leid», sagte er, «bin wohl eingenickt.»
    Hynes und seine Freunde unterhielten sich weiterhin
    angeregt über Hunde und schienen nichts bemerkt zu ha‐
    ben.
    Janette war keine Hilfe. Sie saß einfach nur da, unge‐
    rührt und ohne etwas zu erwarten.
    Grant nahm einen großen Schluck Bier und versuchte
    ein Lächeln. Es klappte nicht, weil sein Gesicht nicht richtig
    reagierte.
    Aber verflucht noch mal, es gab ein Maß für die Demü‐
    tigungen, die er ertragen konnte.
    Er sprang auf die Füße und sagte ein wenig zu laut: «Ich mach mich dann mal auf den Weg, Tim, danke für die
    Gastfreundschaft. »
    Die drei Männer unterbrachen ihr Gespräch und sahen
    ihn an. Die Gesichter der jungen Männer waren ausdruckslos, Hynes dagegen wirkte bestürzt; er wußte nicht, wie er 75
    sich Grant gegenüber

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