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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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auch mit der Wahrheit kann nicht beliebig umge‐
    sprungen werden.
    «Wie haben Sie ihn verloren?»
    «Ich weiß es nicht. Einfach verloren. Hab ihn vielleicht mit etwas Abfall verbrannt, als ich packte.»
    «Und Sie haben kein Geld?»
    «Ein paar Shilling.»
    «Und wie wollen Sie an Ihr Geld rankommen?»
    «Oh, ich hab dem Ministerium geschrieben. Man wird
    mir einen neuen Scheck senden, aber die sind ziemlich
    langsam.»
    «Sie sind nach Yabba gekommen, um hier Ihre Ferien
    zu verbringen, nicht wahr, John?»
    «Nie im Leben! Ich war auf dem Weg nach Sydney.»
    Grant bemerkte den kleinen Widerspruch. «Mir ist bis
    heute morgen nicht aufgefallen, daß der Scheck weg ist.»
    «Nun ja, und was haben Sie vor, bis Ihr Lohn kommt?»
    «Ich hab nicht die leiseste Ahnung.» Jetzt gab es vielleicht eine Belohnung für sein schlagfertiges Märchen.
    «Sie nehmen jedenfalls besser noch ein Bier. Noch zwei
    Mittlere, Miss!»
    «Hören Sie, vielen Dank, aber es gefallt mir nicht, mir von Ihnen einen ausgeben zu lassen, wenn ich selbst kein Geld habe ... ich ...»
    «Ach, machen Sie sich darüber keine Gedanken, John.
    Machen Sie sich keine Gedanken. Ich bin selber oft pleite gewesen.»
    «Ich hab mir gedacht, daß ich es vielleicht schaffe, hier für ein paar Wochen einen Job zu finden.»
    «Das könnten Sie vielleicht, John, das könnten Sie vielleicht. Danke, Miss.» Hynes bezahlte aus einer Brieftasche, 64
    die prall gefüllt mit Geldscheinen war. Er wandte sich wieder Grant zu.
    «Und wie gefallt es Ihnen, draußen in Tiboonda zu
    unterrichten?»
    Grant wollte Hynes zwar nicht mehr loswerden, aber er
    ekelte sich ein wenig vor sich selbst, als ihm das klar wurde.
    «Ein bißchen abgelegen, aber sonst ist es in Ordnung.»
    «Und Yabba gefallt Ihnen nicht?»
    «Na ja, vermutlich bin ich nicht besonders gut drauf. Es ist wahrscheinlich ganz in Ordnung.» Zum Teufel! Was ein Mann nicht alles sagte, wenn er mußte.
    Hynes beugte sich zu ihm hinüber und knallte sein Glas auf den Tresen.
    «Junge», sagte er leidenschaftlich, «es ist die beste
    kleine Stadt der Welt!»
    Grant gab sich alle Mühe, ein Gesicht aufzusetzen, das
    dem Anlaß entsprach, aber er konnte sich beim besten
    Willen nicht vorstellen, wie ein solches Gesicht aussehen könnte. Er lächelte unverbindlich.
    «Es scheint hier jedem zu gefallen», sagte er.
    «Natürlich. Hören Sie mir zu, John.»
    Grant spitzte die Ohren, und Hynes senkte seine
    Stimme.
    «Sind Sie ein Freimaurer?»
    «Nein.»
    «Sind Sie bei den Buffs?»
    «Bei den was?»
    «Bei den Buffs.»
    «Buffs?» Grant war verwirrt.
    «Die Buffaloes.»

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    «Die Buffaloes?» Ging das noch lange so weiter?
    Aber Hynes war auch verärgert.
    «Sind Sie ein Mitglied der Buffalo‐Loge?»
    «Nein. Nie davon gehört.»
    «Kein Freimaurer und kein Buff.» Hynes war verblüfft;
    dann, als sei ihm eine Erleuchtung gekommen, fragte er:
    «Also sind Sie ein Katholik?»
    «Nein, bin ich nicht.»
    «Nicht, daß das hier eine große Hilfe für Sie wäre. Was werden Sie tun?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Und Sie sind wirklich kein Buff?»
    «Nein, ich bin kein Buff.»
    «Armer, alter John. Noch zwei, Miss!»
    Grant machte sich nicht die Mühe zu protestieren. Er
    fühlte sich verloren, und der Verdruß über seinen Verlust verwandelte sich in Traurigkeit. Er war schweres Trinken nach einem leichten Papayafrühstück nicht gewohnt.
    Den ganzen Morgen über trank er mit Hynes; sie rede‐
    ten über Bundanyabba, über Hynes’ Arbeit − er hatte wohl etwas mit einer der Minen zu tun −, über die beiden wunderbaren Töchter von Hynes und am späteren Morgen über
    Hynes’ wunderbare Frau.
    Zuerst versuchte Grant, das Gespräch auf seine Chance
    zu lenken, in Bundanyabba Arbeit zu finden, aber das
    führte nur dazu, Hynes über die Unwägbarkeit der Tat‐
    sache referieren zu lassen, daß Grant kein Buff war, und das
    hielt Grant nicht aus. Und so gab er sich dem Trinken hin, ohne sich noch allzuviel daraus zu machen.
    Später − Hynes war weg, um Flaschenbier zum Mitneh‐
    men einzukaufen − fand sich Grant an die Bar gelehnt wie-66
    der, in düsterer Stimmung und mit tiefer Melancholie an Robyn denkend.
    Robyn hatte eine weiche, volle Stimme, und wenn sie
    redete, bewegte sich ihr Mund schüchtern und kühn zu‐
    gleich. Ihre Augen waren grau und klar. In ihrem hellen, flächigen Gesicht lag ein Hauch von orientalischem Ernst, der sich aber auflöste und zerfiel, wenn sie lachte. Ihr Profil war von

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