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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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der Nacht verschwinden; es spielt keine Rolle, ob man kleine Känguruhs in Stücke schneidet, bevor sie sterben.
    Grant tötete viele Känguruhs in dieser Nacht; einmal
    machte er gar den verheerenden Versuch, eines auszuneh‐
    men, bevor er sicher sein konnte, daß es tot war: Es zappelte mit heraushängenden Eingeweiden.
    Alle lachten, und sie lachten noch mehr, weil Grant mit Blut befleckt war. Sie tranken den ganzen Whisky und das ganze Bier, und ihr Schießen wurde immer wilder.
    Einer jagte eine Kugel durch das Dach des Autos, ein anderer durch die Windschutzscheibe. Auch darüber lachten
    sie.
    Ihre Rufe, ihr Gelächter, ihre Flaschen und Gewehr‐
    kugeln, das Brüllen des Motors und das Krachen der Räder durch den Busch waren ihr Beitrag zu den Geräuschen der Nacht. Die Kiste im Heck des Autos füllte sich und quoll über vor Hinterteilen; die über die Ebene verstreuten Ka-daverhälften kündeten vom ziellosen Fortgang des Gemet‐
    zels, und auf dunklen Lichtungen und in ausgetrockneten
    Bachbetten standen Känguruhs mit Kugeln im Körper, die
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    darauf warteten, sich ohne Widerstand dem Tod zu er‐
    geben.
    Gütiger Gott, der Mensch war nun mal ein mächtiges
    Wesen, und ein weiterer Schluck sorgte bestimmt dafür,
    daß er sich besser fühlte. Grant lehnte sich schwer gegen den Windhund, der nichts dagegen hatte.
    Kurz nachdem sie den ganzen Alkohol geleert hatten,
    wendete Dick den Wagen und lenkte ihn sachte hin
    und her schaukelnd auf die Straße zurück. Da sie die meiste Zeit im Kreis herumgefahren waren, dauerte es nicht lange.
    Das Hotel in Yindee hatte ihre Rückkehr erwartet, war
    also immer noch geöffnet. Im Westen schließen die Hotels selten.
    Sie stürmten die Bar und tranken Bier. Grant hatte keine Ahnung, wer zahlte, und es war ihm auch egal. Alles, was er in dieser Nacht erlebt hatte, wurde von seinem Hirn wiedererschaffen, kleine Zuckungen und Explosionen
    imaginierter Handlungen, Bild auf Bild, in rasend schneller Abfolge; das Schießen, das Töten, das Fahren, das Rennen, das Trinken. Helle Bilder, farbige Bilder. Heißt es nicht, man könne nicht in Farbe denken? Das war falsch. Es
    gibt Zeiten, da läßt das Hirn Farben aufblitzen, grün,
    orange, die Farbe von Feuer. Nein, auch das war falsch.
    Das war die Dämmerung. Unerhörte Farben am tiefen Ho‐
    rizont.
    Das Auto fuhr. Dann war da ein anderes Hotel.
    Er konnte nicht mehr viel erkennen, war sich der Leute und der Dinge aber dennoch sehr wohl bewußt. Sie waren schrecklich weit entfernt, nah am äußersten Rand seiner
    Wahrnehmung. Er hatte sich tief in sich selbst zurückge-127

    zogen, so tief, daß eine große Spanne Dunkelheit zwischen ihm und der Außenseite seines Kopfes lag.
    Aber er war hier, ein kleines, hell aufblitzendes Licht, das war der Kern; die Dunkelheit war das Fleisch, und die Hülle war sein Gesicht, die Spitze seines Kopfes und die Rückseite seines Kopfes.
    Sie waren unterwegs, dann war er mit einemmal ange‐
    kommen und blieb.
    Für eine Weile hatte er Ruhe.
    Und dann, gütiger Gott! Das Licht war hell, und das
    durfte nicht wahr sein. Tydon. Aber das Licht wurde ausgeknipst. Dann wurde er selbst ausgeknipst. Das war
    schrecklich. Es hätte nicht geschehen dürfen.
    Für eine Weile hatte er Ruhe.
    Gütiger Gott! Das Licht war hell, und das durfte nicht sein, nicht noch einmal. Es hatte nur damit zu tun, daß er betrunken war, denn das durfte nicht sein, das passierte nicht, nicht mit John Grant, Lehrer und überhaupt! Tydon war ein widerlicher Kerl. Aber das war John Grant auch.
    Gütiger Gott, dieses Licht. Aber es würde ausgehen. Und es
    ging aus. Aber was davor geschah, das war schrecklich. Es hätte nicht geschehen dürfen. Es konnte nicht geschehen
    sein. Es geschah zweimal.
    Und dann hatte er für lange Zeit Ruhe.

    Als er erwachte, wußte er weder, wo er war, noch, wie spät es war; er wußte nur, daß die Schmerzen anfingen, sobald er sich bewegte.
    Eine Weile lag er behütet in der Stille, die den Höllen-128
    qualen des Katers vorangeht, aber dann fing die Marter an, sich verstohlen zu nähern, tief in ihn einzudringen und sich in ihm auszubreiten.
    Er übergab sich.
    Erinnerungen kämpften in ihm, und er rang sie nieder.
    Aber sie kamen zurück.
    Langsam hob er den Kopf. Er war wieder in Tydons
    Hütte. Das war nicht wirklich überraschend. Er entdeckte Blutflecken auf seinem Arm.
    Die Orgie der letzten Nacht blitzte in abscheulichen
    kleinen Miniaturen in sein Bewußtsein. Aber noch

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