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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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wirklich; es gab nichts als seinen Schmerz, die Hitze, den Staub,
    der um seine Knie wirbelte, und die Notwendigkeit, nach Sydney zu gelangen.
    Er blieb stehen, wechselte das Gewehr in die linke Hand, wühlte in der Uhrentasche seiner Hose und zog langsam
    das Geld heraus: die zerknitterte Zehn‐Shilling‐Note, das Zwei‐Shilling‐Stück, den Sixpence und den Penny.
    Dann ging er weiter, das Geld fest in der Hand. Die
    Leute in der Hauptstraße sahen ihn an, ihn, unrasiert, verdreckt, die Kleider dunkel von Blut. Sie bewegten sich am Rand seines Bewußtseins. Aufrecht ging er den Gehsteig
    entlang, und die Leute wichen vor ihm zurück.
    Dann blieb einer stehen.
    Grant hielt an, seine Nase berührte fast ein Uniform‐
    hemd. Er hob den Blick. Ein Gesicht unter einer Schirm-mütze. Ein Polizist.
    «Sieh mal einer an, John! Sie können hier nicht einfach so mit einem Gewehr durch die Straßen spazieren.»
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    Der Polizist schien ihn zu kennen.
    Grant zwang sich, das Gesicht zu fixieren. Ja. Er kannte den Polizisten auch. Es war der, den er am ersten Abend in
    Bundanyabba getroffen hatte, vor langer, langer Zeit.
    Er versuchte, etwas zu sagen, brachte aber nur ein
    Krächzen zustande.
    «Komm schon, zeig her, Junge.» Das Gewehr wurde
    ihm aus der Hand genommen. Der Polizist stellte irgend et‐
    was damit an, dann drückte er es Grant in zwei Teilen in die
    Hände, Schaft und Lauf.
    «Da, so ist’s richtig. Und steck das da in die Tasche.»
    Der Polizist gab Grant etwas Kleines, Hartes. Grant betrach‐
    tete es. Der Gewehrbolzen.
    «Was ist los mit Ihnen, John?»
    Grant wühlte tief in seinem Innersten und brachte her‐
    aus: «War schießen.»
    Das erklärte dem Polizisten alles.
    «Ach so! Wir sind ein bißchen verkatert, was?»
    Gram gestattete seinem Kopf, nach vorn zu fallen, dann
    hob er ihn wieder. Sicherlich wußte der Polizist, daß das
    ‹Ja› hieß. Er brauchte nichts zu sagen, oder etwa doch?
    «Sie brauchen einen Schluck Alkohol, Kumpel − kom‐
    men Sie.»
    Die verstohlene Gerissenheit, über die Grant seit neue‐
    stem verfügte, vertrieb die Leere in seinem Kopf, und er brachte es fast fertig zu grinsen, als er sagte: «Tut mir leid, Kumpel, aber ich bin zur Zeit pleite.»
    «Was hat das damit zu tun?» sagte der Polizist, genau
    wie Grant erwartet hatte. «Kommen Sie schon.»
    In Bundanyabba ist es nie weit bis zum nächsten Hotel, und Grant hatte gerade mal Zeit, sein Geld in die Uhren-133
    tasche zurückzustopfen, bevor er wieder an einer Bar
    lehnte und sein Fuß von selbst in die Höhe ging, um nach der Stange zu tasten.
    Die Aussicht auf die Erlösung, die er, wie er wußte, im Bier linden würde, spornte ihn an, und er versuchte den Namen des Polizisten aus seiner Erinnerung zu kramen.
    Nicht, daß er von großer Bedeutung war: ‹Kumpel› würde
    vollauf genügen.
    «Zwei Große, Joyce», sagte der Polizist, «meinem
    Kumpel hier geht’s schlecht.»
    «Das sieht man», sagte Joyce, die für Grant unsichtbar
    blieb, weil er den Blick nicht von der Bar hob.
    Dann sagte der Polizist etwas, das offenbar nach einer
    Antwort verlangte; aber Grant konnte es nicht aufnehmen.
    «Tut mir leid, Kumpel», sagte er, «ich bin ein bißchen durch den Wind. Ich versteh Sie nicht.»
    Der Polizist lachte.
    «Hast wohl ganz schön rumgeballert.»
    Das Bier kam. Für einen Augenblick kämpften Brechreiz
    und Durst in Grant, dann gewann der Durst, der Durst und
    das Bedürfnis nach etwas, das aus seinem Körper etwas
    machte, mit dem er es aushalten konnte.
    Seine Finger zitterten, als er sie um das kalte, nasse Glas legte. Er hob das Glas an sein Gesicht und atmete die Kälte
    der schaumgekrönten Flüssigkeit ein. Dann ließ er das Bier in sein zermartertes Inneres fließen, erst schnell, um die Übelkeit abzutöten, dann langsam, um zu fühlen, wie es
    sanft durch seinen Körper strich und weiche, gebrochene
    Wellen von Kühle aus seinem Magen aussendete. Schon
    war das Glas leer.
    «Besser?» fragte der Polizist.
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    «Besser», sagte Grant. «Danke ... Jock.»
    «Noch eins?»
    «Oh, ich möchte wirklich nicht, ich ...»
    «Ach scheiß drauf, Sie können mich das nächste Mal
    einladen. Noch zwei, Joyce, danke.»
    Grant fühlte sich schrecklich schwach, während er da‐
    stand und auf das nächste Bier wartete. Es war vermudich ziemlich lange her, seit er etwas gegessen hatte; er konnte sich nicht daran erinnern. Er war nicht allzu sicher, welcher
    Tag heute war, aber er nahm an, Montag. Es

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