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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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Minuten
    darunter stehen, weil er sich etwas Erfrischung erhoffte.
    Er hatte kein Handtuch, also ließ er das Wasser auf seinem Körper trocknen, während er sich nackt vor den Spiegel stellte und rasierte. Er schnitt sich dreimal und hätte fast geweint, als er das Blut sah, allerdings nicht vor Schmerz, sondern aus Hilflosigkeit.
    Dann zog er saubere Unterwäsche und Socken an,
    Hemd, Hose, Schuhe und sogar eine Krawatte. Die getrage‐
    nen Sachen stopfte er zusammengeknäult in den Koffer.
    Das Geld steckte er in seine Uhrentasche.
    Er kämmte seine Haare und betrachtete sich. Er machte
    eine recht ordentliche Erscheinung, abgesehen von seinem
    Gesicht; es war aufgedunsen und grau, und seine Lippen
    zitterten. In seinen Augen sammelten sich Tränen.
    «Gütiger Gott, Grant, du bist in einem jämmerlichen
    Zustand.»
    Als Grant mit seinen Koffern und dem Gewehr zurück‐
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    kam, hatte der Polizist die Bar verlassen, und die Bardame sah ihn schweigend an.
    «Wenn ich der Hauptstraße folge, dann komme ich
    doch zur Straße Richtung Osten, nicht wahr?» fragte Grant.
    «Wohin?»
    «Die Straße, die nach Osten führt, an die Küste.» Jedes Wort war ein hartes Stück Arbeit.
    Grant trat aus dem Hotel. Der Gehsteig war immer noch
    beinahe bedeckt vom dahintreibenden Staub. Er blickte die blendende Straße entlang, und seine Entschlußkraft verflog.
    Er ging wieder zurück ins Hotel.
    «Gibt es einen Bus, der in diese Richtung fährt?»
    «In welche Richtung?»
    «Zur Straße nach Osten.»
    «Der 416er fährt dort hinaus.» Sie sagte es, als wüßte das jeder Idiot.
    «Und wo krieg ich den 416er?»
    «An der Bushaltestelle.»
    Gütiger Gott, was für eine bescheuerte Frau.
    «Und wo ist die Bushaltestelle?»
    «Genau vor der Tür.»
    Mußte sie mit ihm reden, als wäre er ein Idiot oder
    etwas noch Schlimmeres? Aber schließhch war er ja einer, oder etwa nicht?
    «Danke. Kann ich bitte sechs Schachteln Streichhölzer
    haben?»
    «Das macht einen Shilling.»
    «Kein Problem.»
    «Ich hab gedacht, du bist pleite», glaubte Grant sie
    murmeln zu hören, als sie sich umdrehte, um die Streich-hölzer zu holen.

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    Bevor sie ihm die Streichhölzer gab, hielt sie ihm ihre Hand hin, damit er das Geld hineinlegte.
    «Und eine Flasche Bier, bitte.»
    Das Bier kostete drei Shilling und sechs Pence. Er hatte noch sechs Shilling und einen Penny übrig.
    In einem Geschäft in der Nähe des Hotels kaufte er für einen Shilling eine Fleischpastete und packte sie, eingeschlagen in eine braune Papiertüte, zusammen mit dem
    Bier und den Streichhölzern in den Kleiderkoffer.
    Er fühlte sich immer noch schwach und bleischwer zu‐
    gleich, aber der Kleiderwechsel hatte ihm zumindest das
    Gefühl der Erniedrigung genommen. Außerdem hatte er
    sich bislang nicht sonderlich bemühen müssen, sein Hirn
    an der Erforschung dessen zu hindern, was in den vergangenen Tagen passiert war.
    Der Bus brachte ihn in die Außenbezirke am westlichen
    Ende der Stadt, in die Nähe der Kläranlage. Die Fahrt kostete einen Shilling und sechs Pence.
    Er bezahlte den Fahrer, stieg aus dem Bus auf die Straße hinaus und stellte fest, daß das blendende Licht beinahe verschwunden war; die Abenddämmerung setzte ein. Das
    bedeutete, daß es etwa sieben war. Wo hatte er eigendich seine Uhr?
    Er wartete am Straßenrand, bis der Bus gewendet hatte
    und in die Stadt zurückfuhr, dann versuchte er sich daran zu erinnern, was er vorgehabt hatte. Noch im Hotel schien es ihm ziemlich klar gewesen zu sein.
    Die Kläranlage war das einzige Gebäude in der Umge‐
    bung, und er sah keine Leute in der Nähe. Entlang der Straße war aus irgendeinem Grund ein Graben ausgehoben
    und die Erde zu einer Art Schutzwall aufgeworfen worden.
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    Grant kletterte mit seinen Koffern und dem Gewehr dar‐
    über und rutschte in den Graben hinunter.
    Er nahm die Reisedecke aus dem Koffer, die ihm einmal
    jemand geschenkt hatte und die er bis jetzt noch nie benutzt hatte, breitete sie auf der Erde aus und setzte sich dar‐
    auf. Dann zog er die Bierflasche aus dem Koffer, betrachtete
    sie und fragte sich, wie er sie aufbekommen sollte. Hatte er
    nicht jemanden gesehen, der Flaschen mit den Zähnen öffnete? Er konnte das nicht. Er nahm seinen Penny heraus, bearbeitete den Deckel damit und stemmte ihn Stück für
    Stück auf. Das dauerte seine Zeit, und ein‐, zweimal be-fürchtete er, er fange vor lauter Anstrengung an zu weinen.
    Aber dann hatte er es endlich geschafft.
    Zügig

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