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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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ich.»
    Sie schwiegen. Der Fahrer war mit seinen Gedanken
    dort, wo die kleinen Bauern des Westens mit ihren Gedanken so sind, und Grant versuchte angestrengt, sich nicht daran zu erinnern, wie er das letzte Mal diese Straße ent-langgekommen war.
    Ein Lastwagen oder zwei die Woche, hatte der Fahrer
    gesagt. Heute war vermutlich Dienstag. Er war sich ziemlich sicher, aber er wollte nicht fragen.
    Der Fahrer spuckte den gefleckten Zigarettenstummel
    aus dem Fenster und begann sich mit beträchtlicher Ge‐
    schicklichkeit eine neue zu drehen, während er den Wagen sicher auf der Straße hielt. Er reichte Grant den Tabaksbeutel.
    «Rauchst du?»
    «Danke.» Grant hatte versucht, den trockenen, spröden
    Schmerz in Mund und Hals zu vergessen, den ein starker Raucher verspürt, wenn ihm der Tabak für eine Weile ent-zogen wird.
    Er drehte eine großzügige Zigarette und zündete sie an.
    Der Rauch sorgte dafür, daß ihm ein wenig übel und
    schwindlig wurde, aber er zog ihn tief in seine Lungen hin‐
    unter und ließ ihn langsam herausströmen.
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    Der Schweiß rann ungehindert sein Gesicht hinab, und
    seine Kleider waren feucht. Seit er Tim Hynes zum ersten Mal getroffen hatte, hatte er sich nicht gesünder gefühlt als
    jetzt, aber er war immer noch schrecklich nervös. Sein Kör‐
    per war in einem Zustand permanenter Anspannung. Er
    versuchte, tief durchzuatmen, um sich zu entspannen, aber es gelang ihm nicht.
    Sein Kopf war einigermaßen klar, doch seine Gedanken
    kamen sehr schnell, in kleinen, sich wiederholenden Aus‐
    brüchen.
    Er konnte sich selbst nicht ausstehen.
    «Die beste Chance hast du wahrscheinlich, wenn du in
    den Bars in Yelonda rumhängst», sagte der Fahrer. «Dort fmdest du vielleicht einen Lastwagen, der bis zur Küste durchfahrt.»
    «Danke, das werd ich versuchen.» Den Teufel würde er.
    Er würde an der Straße warten und, wenn nötig, auf der verfluchten Straße sterben, bevor er jemals wieder eine Bar betrat.
    «Wie kommt es, daß du nach Sydney trampst?»
    «Pleite», sagte Grant.
    «Aber es kostet doch nur ein paar Pfund mit dem Zug,
    Kumpel.»
    «Ich hab noch nicht mal die.»
    Sie schwiegen. Der Lieferwagen schaukelte im weichen
    Staub der Straße. Die Sonne stand jetzt hoch, und die Pastellfarben des Morgens waren verblaßt; jetzt gab es nichts mehr als weißes, blendendes Licht.
    «Hast du überhaupt kein Geld?»
    «Etwa fünf Shilling», sagte Grant erstaunlich heiter.
    Nun, da er endgültig auf dem Weg nach Sydney war, schien

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    ihm die Tatsache, daß er kein Geld hatte, keine besondere Tragödie mehr zu sein.
    Der Fahrer schaute ihn lange genug an, um den Wagen
    aus der Spur zu bringen. Er schwenkte zurück auf die Straße.
    «Woher kommst du?»
    «Bloß aus Yabba.»
    Es gab eine weitere Pause. Der Fahrer schaute ange‐
    strengt auf die helle Straße.
    «Wirst mächtig hungrig sein, bis du nach Sydney
    kommst.»
    «Glaub ich nicht. Ich hab ein Gewehr. Ich werde Wild
    jagen.»
    «Hmm.»
    Der Fahrer hielt den Mund, bis sie auf das Yindee‐Hotel zufuhren. Dann sagte er: «Ich lass dich eine Meile die Straße hoch raus. Komm, ich lad dich zu einem Drink ein.»
    «Nein danke», sagte Grant ein bißchen zu schroff.
    «Geht auf mich», sagte der Fahrer.
    «Nein danke, ich hab aufgehört damit», sagte Grant.
    «Nun, ich werde mir einen genehmigen», sagte der
    Fahrer ein wenig verstimmt und hielt den Wagen vor dem Hotel an.
    Bis Grant seine Koffer von der Ladefläche des Wagens
    gezerrt hatte, war der Anflug schlechter Laune beim Fahrer verschwunden.
    «Komm schon», sagte er, «ich spendier dir einen
    Drink. Du kannst ihn brauchen.»
    «Danke», sagte Grant, «aber ich hab aufgehört damit.
    Danke für die Fahrt.»
    Er nahm seine Koffer und fing an, Richtung Osten zu
    gehen.
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    Der Fahrer blickte ihm nach, als habe er es mit einem Verrückten zu tun.
    «Fahr verdammt noch mal zur Hölle», sagte er dann
    und betrat das Hotel.
    Grant, der unter der Sonne bald schlappmachte, ging
    ein paar hundert Meter die Straße hoch, bis er einen ausge‐
    dörrten Eukalyptusbaum erreichte, der immerhin den An‐
    schein von Schatten bot.
    Er setzte sich auf einen seiner Koffer und schaute west-wärts die Straße entlang. Es gab nicht die geringste Andeu‐
    tung des dichten Staubwirbels, der ein Fahrzeug anzeigte, bloß die schwebende Wolke, die der Lieferwagen verur-sacht hatte und die sich sacht auf die Ebene senkte.
    Er stemmte den Deckel seiner Flasche auf und trank et‐
    was von

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