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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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für eine Rolle? Das war eben der Preis, den er für seine Dumm-heit zu zahlen hatte, und es würde ja nicht für ewig sein.
    Er besah sich den Raum unter der Sattelschlepperplane
    und fand neben zwei Reihen übereinandergestapelter Lat‐
    tenkisten jede Menge Platz. Er packte das Gewehr zurück in
    den einen Koffer, schob ihn zusammen mit dem anderen
    unter die Plane und kletterte hinein, dann zog er ein paar seiner alten Kleider heraus, formte aus ihnen ein Kissen und streckte sich auf dem hölzernen Boden aus.
    Es war sehr heiß und stickig, aber er war längst darüber hinaus, sich daran zu stören.
    Leichte Magenschmerzen erinnerten ihn daran, daß er
    seit vielen Stunden nichts gegessen hatte, und er setzte sich
    wieder auf, um im Koffer nach dem Hasen zu suchen.
    Als er ihn auspackte, haute ihn der Geruch fast um; in diesem Klima verdarb Fleisch schnell. In ein Hemd einge-wickelt in einem Koffer zu liegen hatte natürlich nicht gerade dazu beigetragen, den Prozeß des Verfaulens aufzuhal‐
    ten.
    Er nagte ein bißchen daran herum, aber es war zu ekel-haft, und schließlich warf er ihn durch die flatternde Plane ins Freie.
    Konnte ein Mann vier oder fünf Tage lang ohne Nah‐
    rung leben? Es war besser, mit seinem restlichen Geld einen
    halben Brotlaib zu kaufen.
    Es kam ihm vor, als läge er stundenlang da und hörte
    dem eintönigen Lärm zu, der von den Männern stammte,
    die in dem halben Dutzend Hotels in Hörnähe tranken, von
    den mechanischen Stimmen und regelmäßigen Gewehr‐

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    schüssen aus dem Kino, dem dumpfen Schlagen von Pfer‐
    dehufen und dem Brummen und Klappern vereinzelter
    Autos oder Lastwagen draußen auf der Straße, den körper-losen Stimmen vorbeispazierender Leute, Fetzen aus
    Unterhaltungen, flach und aus dem Zusammenhang geris‐
    sen, und schließlich und endlich vom Geräusch der Tür des
    Sattelschleppers, die sich öffnete und wieder schloß.
    Eine leicht undeutliche Stimme fragte: «Bist du da hin‐
    ten drin?»
    «Ja, danke», rief Grant.
    Schweigen.
    Der Motor erwachte rasselnd zum Leben, der Gang ra‐
    stete ein, das Fahrzeug erschauderte, dann waren sie auf der Straße.
    Zuerst war die Bewegung beruhigend, dann unan‐
    genehm. Innerhalb einer Stunde versetzte ihm jeder Ruck
    einen Stoß in die Knochen; aber er war unterwegs, unterwegs nach Osten, in Richtung Meer, nach Sydney und vielleicht sogar zu Robyn. Aber Robyn war nur ein flüchtiger Gedanke, dem er sich wohl besser nicht widmete.
    Nach ausgiebigem Herumexperimentieren fand Grant
    heraus, daß es am besten war, flach auf dem Rücken zu he‐
    gen, die Hände hinter dem Kopf gefaltet. Er fragte sich, wie
    lange es wohl dauerte, bis der Fahrer anhielt, um zu schlafen. Er wußte, daß Transportfahrer eine gewaltige Aus‐
    dauer aufbrachten, um riesige Distanzen mit wenig Schlaf zurückzulegen. Der Mann war wahrscheinlich erst diesen
    Nachmittag aus Bundanyabba gekommen und konnte gut
    weitere drei‐, vierhundert Meilen fahren, bevor er das
    nächste Mal anhielt. Für ein derart schwerfälliges Fahrzeug schien der Sattelschlepper extrem schnell voranzukommen.
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    Nun, da das Problem, nach Sydney zu gelangen, zufrie‐
    denstellend gelöst war, dachte er wohl besser darüber nach,
    was er machte, wenn er dort angekommen war.
    Seine Lage schien nicht vollkommen hoffnungslos zu
    sein. Das Transportunternehmen befand sich in Wyton,
    also fuhr der Sattelschlepper vielleicht direkt dorthin. Er konnte seine Koffer irgendwo deponieren und sich auf den Weg zu einem Freund in Double Bay machen, von dem er
    sich, ohne sich allzusehr zu blamieren, ein oder zwei Pfund
    borgen konnte. Dann würde er seinen Onkel aufsuchen
    und ihm erklären, daß er in Schwierigkeiten steckte; im Grunde genommen war es nicht einmal nötig, in die Ein-zelheiten zu gehen. Sein Onkel gäbe ihm zu essen und ließe
    ihn bei sich wohnen, bis er irgendeine Arbeit gefunden
    hätte. Und vielleicht käme er in diesem Urlaub ja sogar noch zu etwas Spaß.
    Wenn ihm nur nicht so verdammt übel wäre. Da waren
    so viele unerledigte Dinge. Er fühlte sich beschmutzt; er mußte etwas loswerden, das ihn bedrückte, seit er in Bundanyabba gewesen war. Er brauchte so etwas wie die
    Beichte, die die Katholiken hatten.
    Doch dieses Gefühl würde vorbeigehen. Er hatte die
    Flucht aus Bundanyabba geschafft. Er war auf dem Weg
    nach Sydney, und ein Bad, eine Nacht mit genügend Schlaf und eine anständige Mahlzeit würden die Dinge vermutlich
    um einiges

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