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In Furcht erwachen

In Furcht erwachen

Titel: In Furcht erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Cook
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Grant, als er zu seinen Koffern hinübereilte. Der Verlust des Gewehrs war ihm egal, aber mit einem Tier wie
    diesem Mann zu reisen beunruhigte ihn. Die Fahrt in
    einem Stück zurückzulegen war allerdings viel wert. Er
    wickelte die Gewehrteile in einen alten Regenmantel aus
    Plastik, weil er der Meinung war, in der Bar schon genug Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
    Als Grant zurückkam, trank der Mann sein Glas leer.
    Ohne Kommentar nahm er das Gewehr und untersuchte es.
    «Was ist mit der Munition?»
    Grant fischte die Patronen aus seinen Taschen.
    «Tut mir leid, ich hab keine Schachtel.»
    Der Mann nahm die Patronen und ließ sie in seine Ta‐
    schen gleiten. Bedeutete das, daß sie eine Abmachung hatten?
    «Das sind aber keine hundert», sagte der Mann.
    «Tut mir leid. Ich hab geglaubt, es sind mehr. Das sind alle, die ich habe.»
    «In Ordnung. Ich nehm dich mit. Aber du fährst hin‐
    ten.»
    «Kein Problem. Danke.» Grant hatte keine Ahnung,
    warum er hinten mitfahren mußte; vielleicht hoffte der
    Mann, den Vordersitz an einen anderen verschachern zu
    können. Aber er war so oder so dankbar, weil das hieß, daß
    er schlafen konnte.
    «Laß uns was trinken», sagte der Mann, und um Grants
    Magen legte sich eine kalte Hand. Zum Teufel und verflucht
    mit ihm! Gab es westlich der Great Dividing Range eigentlich nichts anderes zu sagen? Natürlich nicht. Das wußte er
    doch bereits. Aber sei’s drum. Anders als bei den zwei an-162
    deren Fahrern konnte er sich mit diesem Mann keinen
    Streit leisten.
    «Sicher», sagte er, «aber für diese Reise muß es die
    letzte Runde sein, eine mehr, und ich bin bankrott.»
    «Es ist die letzte, ich fahr direkt durch.»
    ‹Direkt durchfahren:‐. Die wohltuenden Worte entschä‐
    digten Grant für die drei Shilling, die er für die zwei Bier bezahlte − Yelonda war sogar teurer als Bundanyabba.
    Sein Begleiter drehte ihm fast sofort den Rücken zu und fing ein ödes Gespräch mit dem Mann neben ihm an, mit dem er offensichtlich irgendwelche Geschäfte machte.
    Grant trank sein Bier ohne Freude. Der Geschmack be‐
    täubte ihn, und sein leerer Magen rebellierte. Wenigstens beruhigte es seinen ausgetrockneten Mund und seine
    Kehle. Er mußte unbedingt daran denken, die Wasserfla‐
    sche aufzufüllen.
    «Direkt durchfahren − das hieß, er könnte gut vor
    Sonntag in Sydney sein.
    Als ihr Bier leer war, bestellte der Mann, ohne Grant anzusehen, zwei neue; er machte keine Anstalten, sie zu bezahlen. Grant wartete so lange wie möglich, aber es war eindeutig, daß die Runde auf ihn ging. Also zahlte er. Nun blieben ihm noch sieben Pence.
    Er stand da, nippte zutiefst erniedrigt an seinem Bier
    und war sich bewußt, daß er jede Art von Behandlung von diesem fettgesichtigen Schwein akzeptieren würde, um die
    Fahrt nach Sydney nicht aufs Spiel zu setzen.
    Kaum hatte der fette Mann sein Bier getrunken, winkte
    er dem Barkeeper erneut zu, aber Grant hielt ihn nervös auf: «Ich fürchte, dann bin ich pleite. Geht es in Ordnung, wenn ich im Lastwagen warte?»

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    Der Mann wandte sich ihm mit ausdruckslosem Gesicht
    zu.
    «Pleite? Du meinst, du hast kein Geld mehr?»
    «Ich habe Ihnen gesagt, daß ich pleite bin», sagte Grant flehend, «tut mir leid, aber so ist es nun mal.» Verstand der
    verdammte Narr etwa kein Englisch?
    Der Mann betrachtete ihn eine Weile.
    «In Ordnung», sagte er, «wart im Lastwagen. Ich ge‐
    nehmige mir noch ein paar mehr.»
    «Danke», sagte Grant unglücklich und wandte sich ab.
    «Hier», sagte der dicke Mann, «wenn du wirklich
    pleite bist, will ich dir das nicht abnehmen.» Er hielt ihm das Gewehr hin.
    Grant schaute ihn verblüfft an.
    «Nun nimm das verdammte Ding schon.»
    «Aber ich ...»
    «Nimm es.» In der Art des Mannes war nichts Freund‐
    liches.
    Grant nahm das Gewehr.
    «Danke», sagte er, völlig vernichtet.
    «Da. Ich spendier dir ein verdammtes Bier.»
    «Nein. Nein danke. Ich möchte wirklich lieber im Last‐
    wagen warten, wenn Ihnen das recht ist. Trotzdem vielen Dank.»
    «Ganz wie du willst», sagte der Mann und wandte sich
    seinem Geschäftsfreund zu.
    Blind und bebend vor Demütigung, ging Grant zum
    Sattelschlepper zurück.
    Es war schlimm genug, betteln zu müssen, aber noch
    schlimmer, mit dieser verfluchten, unbeteiligten Verach‐
    tung behandelt zu werden! Gott verdammt sei alles! Am
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    ganzen Körper zitternd, setzte er sich auf einen Koffer, doch
    einen Moment später dachte er: Was spielt das schon

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