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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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mit Setzmilch, Täubchenpasteten und Rebhühnern in Aspik, von den Rinder- und Schweineseiten an den schweren Haken, die noch in der Decke steckten, wiederkam. Und ich war jedesmal heilfroh, einen Kühlschrank mit Schnellgerichten zu haben.
    Ben guckte mich ziemlich komisch an. «Na ja», sagte er. «Vielleicht liegst du nicht ganz falsch. Ich kann auch romantisch sein, aber ich rede nicht darüber.»
    Die Verlegenheit hatte plötzlich die Seiten gewechselt, von mir zu Ben und vom Physischen zum Emotionalen. Bens Generation scheute anders als meine vor jedem Hauch romantischer Verletzlichkeit zurück, während sie die technischen Aspekte der Liebe sehr freimütig diskutierte.
    «Nimm mal deine Ellbogen weg. Ich muß das Tuch ausschütteln», sagte ich kurz und lüpfte es in einer abschließenden Geste vom Tisch.
    Wir schwiegen. Ich fragte mich, ob Ben an irgend etwas kaute, das er sich nicht zu sagen getraute. Ich wollte nicht, daß ihm unbehaglich wurde, und deshalb redete ich los: «Ich hab dir gar nicht mehr von dem Bugatti der Twelvetrees erzählt.» Das Tuch segelte wie eine weiche Wolke auf die Tischplatte zurück, die Hunde schliefen, der Augenblick verstrich.
    «Schieß los», sagte Ben müde. «Jetzt kann dich eh nichts mehr aufhalten.»
    «Es war ein Prachtstück, Ben. Wenn er für Lady T. vorfuhr, stockte der ganze Verkehr in der Park Lane. Und ich werde nie vergessen, was für ein Aufsehen es gab, als sie auf dem Bürgersteig den Hut wechselte. Sie war leider ein bißchen übergeschnappt, die Gute. Sie waren es alle, obgleich ich sie zuletzt richtig liebgewann.»
    «Hieß ihr Chauffeur wirklich Twiggs?»
    «Alle ihre Chauffeure mußten Twiggs heißen, genauso wie ihre Butler Branch hießen, die Köchinnen Mrs. Trunk und die Hausmädchen...»
    «Warum das?»
    «Oh, verstehst du denn nicht? Sie gehörten alle zu den Twelve Trees! Die Sippe wollte es so, es war Familientradition, eine Art Hierarchie. Die Dienstboten waren sehr stolz auf ihren neuen Namen. Die Gärtner hießen natürlich Roots, alle fünf.»
    «Wie hat sie dich getauft?»
    Ich stand mit dem Rücken zum Ofen und dachte an jene schwerelosen Tage und fragte mich, wie ich bloß in die gegenwärtige Unordnung meines Daseins hineingeschlittert sein mochte. In jener Zeit schien ich in einer zauberischen, von keiner Vernunft befrachteten Welt zu leben, und nie versuchte jemand, Tiefgang zu entwickeln. «Naja, das war ein Problem. Sie hatte ihr Leben lang Zofen gehabt, weißt du, aber nie eine Privatsekretärin. Ich kam nur zu ihr, weil ihre Augen schlecht wurden, so daß sie Schwierigkeiten beim Briefeschreiben und sogar beim Lesen hatte. Zuletzt taufte sie mich Sprig. Ihre persönliche Zofe hieß Blossom, und es war kaum noch etwas übrig.» Diese entzückende, freundliche, weise, wenn auch oft herrische und unmögliche alte Henne, die ihren Reichtum wie Flügel über Dienstboten und wohltätige Vereine und notleidende Freunde ausbreitete, so gelassen, als mausere sie. Die böse, alte Zeit, sie lebe hoch! All die schlimmen Enthüllungen über die Knute, die im Dienstbotentrakt auf das Personal niedersauste, laufen Gefahr, gegen die vielen totgeschwiegenen Vorteile zu verblassen.
    «Was mußtest du sonst noch machen?» Selbst Ben gierte nach Gejammer aus der Sklavenzeit.
    Ich konnte ihm den Gefallen nicht tun. «Eigentlich kaum etwas. Ich war nur halbtags da, das darfst du nicht vergessen, aber ich blieb ziemlich lange bei ihr. Wie alle ihre Dienstboten. Sie gehörten zur Familie, verstehst du? Die Stellenvermittlung hatte mir die Stellung angeboten. Ich glaube, ich war ihrer Meinung nach die einzige, die etwas akzeptieren könnte, was sie als niedrige Verrichtungen ansahen. Jedenfalls bin ich sicher, daß ich die einzige war, die sich dann bewarb. Lady Twelvetrees sagte einfach: , und ich war angenommen. Ich dachte allerdings, es würde mich in die High Society einführen. Du weißt schon, mit Herzögen Karten spielen, mit Grafen in Ascot und so etwas. Ich weiß noch, wie ich der Frau von der Agentur sagte, ich hätte gern einen Termin für ein Vorstellungsgespräch, und gleichzeitig krampfhaft überlegte, was ich bloß anziehen sollte, wenn ich der Queen in Windsor bei der Weihnachtsfeier vorgestellt werden würde.»
    Charlie kam angetrottet und rieb den Kopf an meinem Knie. «Er erkennt am Ton deiner Stimme, daß du

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