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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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lückenhafte Gedächtnis. «Ja, ja, es ist alles soweit fertig, aber ich dachte, wir würden vorher noch mal alles besprechen.» Ich hielt inne. «Ich könnte dann gleich weitermachen.»
    «Das würde ich an deiner Stelle auch tun», sagte Hetty. Sie klang recht eisig, aber dies war die Seite Hettys, die ich am besten kannte. Ich wurde erst unruhig, wenn sie menschlicher wurde.
    Sie wurde sofort menschlicher. «Wo ist Ben eigentlich?» Sie lächelte auf einmal, und ihre Stimme klang weicher.
    «Im Bett», sagte ich und fügte schnell hinzu: «Er macht Hausaufgaben.» Ich wollte klarstellen, daß er noch ein Schuljunge war, und verhindern, daß sie nach oben lief, um schnell guten Morgen zu sagen.
    «Aha», murmelte sie. «    «Was hat er dir gezeigt?» fragte ich schnell, wenn nicht mit unverhohlenem Mißtrauen.
    Ihre Augenbrauen gingen in die Höhe. «Ich sagte, ich könnte ihm vielleicht dabei helfen, mehr nicht.»
    Ich war dabei, mich lächerlich zu machen, aber ich sagte es dennoch: «Wie denn? Wie meinst du das?»
    «. Ich habe Thomas Hardy als Mädchen verschlungen. Die ist mir so vertraut wie eine Schafszecke.» Sie nahm mich auf den Arm, und ich wußte es.
    «Er fährt morgen oder übermorgen zurück», sagte ich. «Emily kommt diese Woche. Sie ist verrückt nach ihm, weißt du das nicht?» Emily besuchte die Dorfschule und verbrachte ebenfalls einen Teil der Ferien bei uns. Als sie das erste Mal gekommen war, um ihren alten Spaniel, Rajah, zu bringen, war sie neun gewesen, und die beiden Jahre dazwischen hatten so viel für sie getan, daß ich jedesmal, wenn sie zurückkehrte, einen verblüffenden Unterschied sah. Sie hatte sich von einem ziemlich traurigen kleinen Mädchen mit einem verkümmerten Bein, das darunter litt, lange Laura-Ashley-Kleider tragen zu müssen, in ein fröhliches und unbefangenes Kind verwandelt, das Jeans trug wie alle anderen. Der Gehfehler war bei einer neuen Spezialbehandlung beinahe behoben worden, obgleich es einige Überredungskünste gekostet hatte, bis ihre Eltern der Therapie zustimmten, da sie befürchtet hatten, es werde die Sache nur noch verschlimmern. Zuletzt hatte Emily kategorisch verlangt, die Entscheidung selbst treffen zu können. Sie sollte es nicht bereuen. Ihre Eltern waren einfach überfürsorglich gewesen und sahen ihren Fehler endlich ein.
    «Ich dachte, Emily hätte eine Schwäche für Adam», sagte Hetty.
    «Adam betet sie an, aber sie steht auf Ben.»
    «Sehr kompliziert», bemerkte Hetty spitz. «Und Ben?»
    «Ben steht dieses Jahr auf Kernphysik. Er sagt, Mädchen seien letztes Jahr dran gewesen.»
    «Ach, ja, Mädchen ...» Ihr Tonfall implizierte, daß die reife Frau ganz andere Erfüllungen bot.
    Trotzig sagte ich: «Außerdem will er nächstes Jahr einen Bugatti haben. Wenn er sich also für jemanden interessiert, muß sie ihm schon dazu verhelfen können.»
    «Wie merkwürdig», bemerkte Hetty trocken. «Ich bin nämlich sicher, daß ich dir schon von Tony erzählt habe.»
    Ich nahm eine Bürste, und fing an, Snuff zu bearbeiten: Hettys intime Beichten hatten Zeit. Sie hatte sich auf Probe von ihrem Mann getrennt und war seitdem ein dutzendmal einem anderen verfallen, aber immer wieder lange genug zur Besinnung gekommen, um sich mir anzuvertrauen.
    «Ich glaube, du hast gesagt, es gebe wieder jemanden», sagte ich vorsichtig. Doch für Hetty würde es immer jemanden geben. Was sie brauchte, war Bewunderung, keine Romantik. Hetty war innerlich so unsicher wie ein Wechselwähler. Ihr Ego hatte unten ein Leck, das täglich mit einer Dosis Selbstvertrauen abgedichtet werden mußte.
    «Er ist halb Italiener, schwerreich, hat das große Gut bei Willowfield gekauft, das letzten Sommer versteigert wurde, erinnerst du dich? In der Zwischenzeit hat er noch fünf Farmen dazugekauft, und ich war zu einer Besprechung mit seinem Verwalter und seinem tierärztlichen Berater da. Wir haben seitdem ein paarmal zusammen gegessen, und ich habe ihm versprochen, im April nach Italien zu fliegen und mir seine Güter dort anzusehen. Er ist ziemlich attraktiv, wirklich.»
    Ich seufzte erleichtert. Was hatte Ben dagegen zu bieten, bis auf seine Jugend? Aber war es nicht gerade das, was Hetty reizte? Und, mein Gott, kamen Bugattis nicht aus Italien? Ich hörte auf, Snuff unter dem Kinn zu bürsten, obgleich sie darauf stand, und bearbeitete übergangslos ihre Beine, was sie ärgerte.

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