Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
Vom Netzwerk:
du», sagte ich zu Adam, «am besten, du machst eine Bestandsaufnahme von allem, was wir noch haben, und dann können wir es rationieren, sagen wir, für eine Woche im voraus.» Ich hoffte, es würde Emily davon abhalten, Eier in die Schüssel zu schlagen, als hätte Atilla gelobt, fortan alle Legerekorde zu brechen. «Ralph ist morgen mit der neuen Lieferung fällig, und ich wette, er wird es schon irgendwie schaffen.»
    Sie sahen mich äußerst skeptisch an. Schwach fügte ich hinzu: «Na ja, spätestens übermorgen.»
    Aber mittags schneite es immer noch.
    Der Kuckuck blieb die meiste Zeit an meiner Brust, denn ungeachtet des Flachmanns mit heißem Wasser schien er sich in der Schachtel nicht allzu wohl zu fühlen. Er hatte das Bedürfnis nach körperlicher Nähe, und das war verständlich, aber mit einem Welpen in der Unterwäsche kann man schlecht Kohlen schaufeln, so daß ich zu dem Schluß kam, ich müsse unbedingt eine andere Ersatzmutter auftreiben. Nachdem ich mich ratlos umgesehen hatte, entschloß ich mich zu den Handschuhen aus Wolle mit Angora, weil sie in etwa die Konsistenz eines zottigen Fells hatten. Ich stopfte einen mit einer alten Strumpfhose aus, schob eine mit heißem Wasser gefüllte Tube, in der vorher Sardellenpaste gewesen war, hinein und legte ihn in eine Ecke der Schachtel. Er sah aus wie gekochter Schafsmagen oder ein Dudelsackbalg, aber der Kuckuck kuschelte sich dagegen, krabbelte beinahe hinein und schnaufte wohlig, ehe er einschlief.
    Als es langsam schummrig wurde und nur noch der Schnee feindselig blitzte, hörten wir immer aufmerksamer die Wetterberichte im Radio. Auch in den Nachrichten wurde eifrig vor dem Schlimmsten gewarnt, und die Sprecher redeten triumphierend von blockierten Straßen, steckengebliebenen Autos, erfrierenden Fahrern, auf freier Strecke stehengebliebenen Zügen und von Flugzeugen, die nicht starten konnten. Es schien unmöglich, daß jemals Rosen um die Fenster geblüht hatten, die jetzt von unheimlichen Eismustern verziert wurden, oder daß wir uns einst auf der Terrasse gesonnt hatten. Der Stausee, der früher geleuchtet hatte wie geschliffenes Kristall, war schon vor Tagen hinter einer silbrigen Wand verschwunden, und die Schnellstraße, auf der Autos zum Meer gehuscht waren, war nur noch Erinnerung.
    Angenommen, nur angenommen, es schneite weiter und weiter und weiter? Ich stellte mir grausige Tragödien vor und konnte kaum noch etwas anderes denken. Mir war ganz übel vor Angst, und ich brachte kaum etwas von Ems Bauernroulade herunter. Die beiden verputzten ihre und dazu Riesenportionen Kartoffelbrei und Spinat mit Knoblauch. Ich steckte Charlie heimlich meinen Anteil Marmeladekuchen zu, und er kaute unter dem Tisch ostentativ eine Ewigkeit daran.
    Als draußen alles in pechschwarzes Dunkel gehüllt war, ging auch noch das Licht aus. Ich fühlte, wie in mir Panik aufstieg. Das Gefühl wurde stärker, als Adam auf Kip trat, der sofort auf Charlie lossprang. Charlie knurrte, und Rosie wollte ihm den Garaus machen. Ich nahm die Taschenlampe, die ich zum Anthrazitholen benutzt hatte, und rief sie mit gelassener Stimme, aber heftig pochendem Herzen und bebenden Fingern zur Ordnung. Ich hob Charlie hoch, und Emily zerrte Rosie fort.
    «Bleibt einen Moment da, wo ihr seid», sagte ich wie ein Pfadfinderführer beim Jahresausflug. «Und jetzt überlegt mal genau. Weiß einer von euch, wo die Kerzen sind?» Ich versuchte, durchblicken zu lassen, daß ich es wußte und nur ihr Erinnerungsvermögen testen wollte.
    Adam trat vor, erwischte den Marmeladekuchen und fegte ihn so vom Tisch, daß er auf Treacle landete. Mattie grummelte, dies sei einfach zuviel, und Rosie fing an, den Kuchen mit Rekordgeschwindigkeit von Treacles kurzem Fell zu schlecken.
    Em rief: «Sie sind in dem blauen Schuhkarton unter Atillas Stange, du hast mit roter Tinte daraufgeschrieben. Soll ich sie holen?» Sie machte einen Schritt, und eine Flasche Milch fiel hinter dem Kuchen her. Treacle blieb grimmig und ergeben sitzen, während Charlie sich aus meinen Armen freistrampelte und Rosie die Beute streitig machte. Ich sagte mit übertriebener Nachsicht, wir sollten uns besser nur mit der Taschenlampe vom Fleck rühren, immer nur einer zur Zeit, und vielleicht sollte Adam die eigentliche Suchpatrouille übernehmen. In Wahrheit wollte ich schreien und mit den Füßen stampfen und sie alle ohrfeigen und dann ins Bett gehen und meinen schmerzenden Kopf unter dem Kissen

Weitere Kostenlose Bücher