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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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war intelligent, sie war schön, aber in ihrem Inneren herrschte das reinste Chaos. Und nach diesem Streit mit Gwendolyn bestand überhaupt keine Chance mehr, an sie ranzukommen. Sie war ein hoffnungsloser Fall. Wir alle büffelten wie die Irren für die Examen und waren ein bisschen komisch drauf. Aber Cassie? Sie aß nichts mehr. Sie redete nicht mehr. Und offensichtlich lernte sie nicht mal mehr für die Prüfungen. Nach den Abschlussexamen stürmten wir alle aufatmend aus den Hörsälen, um endlich die Sommerferien zu genießen, doch Cassie hockte in ihrem Zimmer hinter verschlossener Tür. Sogar Ellie zeigte sie die kalte Schulter, obwohl sie zusammen wohnten.«
    McDermott wirft einen schnellen Blick auf Stoletti. Er kann sich vorstellen, was sie jetzt denkt. Das klingt ganz nach einem Mädchen, das gerade von einer unerwünschten Schwangerschaft erfahren hat.
    »Und ich hab mich damals gefragt«, fügt Brandon hinzu, »wem Cassie sich mit ihren Sorgen überhaupt anvertrauen konnte. Sie hasste ihren Vater …«
    Interessant.
    »Und ihre Mutter, Nat … Ich bin der Frau nie begegnet, aber, mal ehrlich, in meinen Augen war sie tablettenabhängig. Und das ist milde ausgedrückt. Die Frau war ein richtiger Pillen-Junkie. So viel also zu Cassies engster Familie. Dann war da noch ihre Cousine Gwen, die nur selten da war und auch dann keine große Hilfe darstellte. Wenn jemand ein echter Freak war, dann dieses Mädchen. Sie ließ es noch heftiger angehen als Ellie. Die beiden waren vom gleichen Schlag. Cassie dagegen war ganz anders.« Plötzlich taucht Brandon aus seinen Erinnerungen auf und blickt zu McDermott hoch.
    McDermott beobachtet ihn einen Moment, eine übliche Taktik – man muss jemanden nur anstarren, um ihn am Reden zu halten. Aber Brandon scheint wirklich am Ende, außerdem beginnen seine Augen sich langsam zu verschleiern, die Erschöpfung und das Beruhigungsmittel fordern ihren Tribut.
    »Und all das haben Sie auch Evelyn erzählt«, folgert McDermott.
    Brandon nickt.
    »Und was hat sie daraufhin gesagt?«
    »Sie hat mich das Gleiche gefragt, was Sie mich jetzt gleich fragen werden – ob Cassie schwanger war, und wenn ja, wer der Scheißvater war.«
    McDermott lächelt schwach.
    »Leider hab ich überhaupt keine Ahnung, ob sie schwanger war«, fährt Brandon fort. »Ich kann zwar verstehen, dass man auf so was kommt, aber, verdammt, die meisten Leute glaubten damals, sie sei lesbisch. Ich geb zu, ich habe es selbst manchmal vermutet. Bloß das ist irgendwie schon ein verdammt großer Sprung, vom Lesbischsein zu einer möglichen Schwangerschaft.«
    »Egal«, sagt McDermott, »machen Sie den Sprung.«
    »Hören Sie, ich weiß es einfach nicht.«
    McDermott liegt ein Name auf der Zunge, aber er will nicht derjenige sein, der ihn ausspricht. Es wäre sicher nicht das erste Mal, dass ein Professor mit einer hübschen jungen Studentin schläft. Und besagter Professor wäre sicher auch nicht allzu glücklich darüber gewesen, von einer Schwangerschaft der betreffenden Studentin zu erfahren. Er konnte sich Professor Albany gut vorstellen, wie er die drohenden Risiken erwog: Wenn Cassie sich gegen ihn wandte und ihn beschuldigte, konnte er einfach alles abstreiten. Dann stünde ihre Aussage gegen seine. Doch im Fall einer Schwangerschaft war das eine ganz andere Geschichte. Vaterschaftstest. Unanfechtbare Beweise. Ende einer vielversprechenden Karriere.
    »Cassie hatte nicht allzu viele Freunde – besonders keine männlichen«, sagt Brandon. »Ich war so ziemlich der einzige.«
    Auch das ist eine Möglichkeit, aber McDermott hat Brandon bereits ausgeschlossen. Er vertraut seinem Instinkt, und der Bursche hier macht ihnen nichts vor; besonders jetzt nicht, nachdem er dem Tod ins Auge geblickt hat und unter starken Beruhigungsmitteln steht. Mitchum lügt nicht. Er ist nicht der Vater gewesen.
    Weiter, Brandon.
    »Tja, da war noch eine Sache, über die Evelyn und ich gesprochen haben. Es gab da einen Typen, einen Professor im Fachbereich Kulturwissenschaften. Oh, richtig, jetzt fällt’s mir wieder ein.« Er schnippt mit den Fingern. »Er hat dieses eine Seminar gemacht, in dem auch Terry Burgos saß. Professor Albany hieß er. Frank Albany.«
    Stoletti wirft ein: »Wie kamen Sie auf ihn?«
    »Er war einer dieser …« Brandon verzieht das Gesicht. »Er war einer dieser Profs, die sich gerne mit Studenten umgeben. Für mich hatte der Kerl immer was Unheimliches, aber Cassie dachte wirklich, er sei der

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