In Gottes Namen
betrachte den roten Eichenboden und den riesigen Perserteppich, den Harland aus dem Nahen Osten mitgebracht hat, wobei er alle möglichen Ausfuhrbeschränkungen unterlief.
Harland steht am Fenster und massiert sich mit Zeigefinger und Daumen die Augenlider, vorsichtig, wie alles, was er tut. »Wissen Sie, warum ich Sie eingestellt habe, Paul?«
Ich glaube schon, aber mir gefällt die Frage nicht. Daher schweige ich.
»Nicht aus Dankbarkeit. Man hätte es vielleicht so sehen können. Aber das war es nicht. Wenn ich mich dafür hätte bedanken wollen, dass Sie den Killer meiner Tochter seiner Strafe zugeführt haben, hätte ich das nicht mit Geld getan. Denn das hätte Ihre Leistung herabgewürdigt. Als hätte man ein Preisschild darauf geklebt.«
»Da haben Sie recht.«
»Ich habe Sie angestellt, weil Sie für mich der fähigste Anwalt der Stadt waren. Und ich wollte den fähigsten Anwalt der Stadt. Hier, an meiner Seite.«
Ich habe keine Ahnung, was er jetzt von mir hören will. Zum Teufel, ja, er ist ein absoluter Traumklient, aber er hat auch viel von mir bekommen. Ich habe immer mein Bestes gegeben.
»Harland, das Sherwood Executive Center. Hatten Cassies Ärzte ihre Praxis dort?«
Er antwortet nicht gleich. Ich muss an meine eigene Tochter Elizabeth denken und daran, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wo die Ärzte praktizierten, zu denen sie früher ging. Ich habe sie kein einziges Mal zum Arzt gebracht; das hat immer meine Ex-Frau Georgia übernommen. Und um ehrlich zu sein, habe ich die Bentleys auch nie für die klassische Familie gehalten. Schwer vorzustellen, dass Harland oder Natalia das Kind in den Kombi gepackt haben, um es in die Sprechstunde zu karren. Dazu fällt einem eher eine Limousine mit Chauffeur ein.
»Ich kann mich an das Gebäude erinnern«, erwidert er schließlich zu meiner Überraschung. »Sie war damals acht oder so. Sie musste sich die Zähne reinigen lassen. Sie hatte panische Angst, sie könnte ein Loch haben. Sie …«, er holt kurz Luft, »sie bettelte mich an, mitzukommen. Sie hatte solche Angst, solche Angst vor den Schmerzen.«
Ich wende den Kopf ab. Es ist mir unangenehm, jemanden anzugaffen, der gerade eine quälende Erinnerung durchlebt.
»Ich ließ mir einen Stuhl bringen und setzte mich neben Cassie, während sie ihr die Zähne reinigten. Sie hat die ganze Zeit meine Hand umklammert. Sie drückte sie ganz fest. Sehr fest, für so ein kleines Mädchen.«
Ich räuspere mich. Mir wäre es lieber, wenn er wieder auf meine Frage zurückkäme.
»Ich glaube, all ihre – alles, was ihre Gesundheitsvorsorge betraf, spielte sich in diesem Gebäude ab«, fügt er hinzu. »So eine Art Rundum-Service.«
»Auch der Allgemeinarzt, der Frauenarzt, solche Dinge?«
Er wedelt mit der Hand. Er vermutet es, aber er weiß es nicht.
»War sie schwanger, Harland?«, frage ich in einem etwas sanfteren Ton.
Er lässt sich einen Moment Zeit, dann gibt er ein Geräusch von sich, irgendwas zwischen einen Räuspern und einem Lachen. »Als ob sie mir so was erzählt hätte«, sagt er dann ruhig. »Das kleine Mädchen, das sich beim Zahnarzt in meine Hand gekrallt hat? Als sie ins College ging, gab es dieses kleine Mädchen schon lange nicht mehr. Nein, ich habe es geschafft, alle Frauen in meiner Familie zu vergraulen.«
Er fährt mit der Hand über den Walnusstisch, als wollte er ihn auf Staub hin überprüfen. Aber vielleicht versucht er auch nur, meinem Blick auszuweichen, was normalerweise ebenfalls nicht seine Art ist.
»Warum haben Sie mich kommen lassen, Harland?«
Er studiert seine Fingernägel. »Sie wissen wahrscheinlich, dass mir in puncto Frauen ein gewisser Ruf vorauseilt.«
»Ich weiß, dass Sie einen ausgezeichneten Geschmack haben«, antworte ich. »Auch wenn er ein wenig unbeständig ist.«
Das gefällt ihm. »Ein wenig unbeständig. Allerdings.« Er starrt mich an. »Ein wenig unbeständig. Und vermutlich wissen Sie auch, dass ich mir diesen Ruf bereits vor dem Ende meiner Ehe erworben habe?«
»Ich höre nicht auf Gerüchte«, sage ich, was einem Ja entspricht. Man munkelte, dass Harland seine Frau Natalia schon seit Jahren betrogen hatte. Mein Herzschlag beschleunigt sich wieder.
Harland dreht sich zum Fenster. Er hat das Licht eingeschaltet, das meinen Sitzplatz an der Tür hell erleuchtet, ihn aber im Halbdunkel belässt, und außerdem einen eindrucksvollen Blick durch das Fenster gewährt, vor dem die Lichter der Großstadt blinken wie ein
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