In Gottes Namen
weiß, dass Sie von meiner Beziehung zu Ellie wis sen. Und ich weiß von Ihrer Beziehung zu meiner Toch ter. Wenn Sie etwas ausplaudern, werde ich das auch tun. Aber wenn Sie schweigen, richte ich auf Ihren Na men einen Lehrstuhl am Mansbury College ein. Ich be nötige Ihre Antwort sofort.
McDermott liest die Notiz erneut, dann holt er tief Luft. Er kann förmlich spüren, wie sich eine Reihe krakeliger Linien in seinem Kopf zu glatten Kreisen fügen.
»Bentley hat Albany tatsächlich gekauft«, sagt Stoletti. »Und er hat mit Ellie geschlafen.«
»Und Albany hatte tatsächlich ein Verhältnis mit Cassie«, fügt er hinzu. »Jesus im Himmel.«
»Koslenko war Bentleys Kurier.« Auch Stoletti atmet tief durch. »Er hat für Bentley die Schmutzarbeit erledigt.«
McDermott denkt nach. Irgendwas daran wirkt nicht ganz schlüssig. Das Handy an seinem Gürtel klingelt. Ein Anruf vom Revier. »McDermott«, meldet er sich, aber der Empfang ist schwach, die Stimme des Detectives am anderen Ende ertrinkt im Rauschen. »Ich ruf dich zurück«, brüllt er. Er trabt die Stufen hinauf und verlässt das Haus.
Im Reden war er nicht gut. Aber er konnte gut zuhören. Zum Beispiel Gwendolyn und Mrs. Bentley in der Küche.
Das ist mein verdammtes Haus, sagte Gwendolyn.
Nein, es ist mein Haus. Alles gehört mir, bis ich es dir übereigne. Willst du den Vormundschaftsvertrag sehen?
Das ist nicht fair. Gwendolyn schlug auf den Küchentisch. Ich bin nicht mehr minderjährig. Ich will, was mir zusteht.
Mrs. Bentley sagte: Du bekommst es, wenn du mir bewiesen hast, dass du damit umgehen kannst.
Ihr verfluchten Bentleys. Ihr haltet euch immer für was Besseres. Aber weißt du eigentlich, Tante Nat, wo dein geliebter Gatte sich gerade rumtreibt? Und deine Tochter? Die entzückende kleine Cassie, dieses Wrack? Gwendolyn stieß ein hämisches Lachen aus.
Jetzt stolperten sie in sein Blickfeld, Mrs. Bentley hatte Gwendolyn am Arm gepackt. Gwendolyn versuchte sich loszureißen, aber Mrs. Bentley packte auch noch den anderen Arm.
Meine Familie geht dich überhaupt nichts an. Dann wandte sie sich plötzlich um und sah ihn da stehen. Sie ließ Gwendolyn los und trat auf ihn zu. Sie schwieg einen Moment. Leo wusste nicht, was er tun sollte.
Gefällt es dir hier, Leo?
Er nickte, ja.
Willst du ausgewiesen werden? Willst du zurück in die Sowjetunion? Zurück in dieses Heim?
Zurück in … War das eine Frage, oder hatte sie es schon beschlossen? Was meinte sie?
Dann kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Mach dich wieder an deine Arbeit.
Leo senkte den Blick. Er hatte Mrs. Bentley enttäuscht. Er drehte sich um und trottete zurück in den Hof, Scham brannte in seiner Brust.
Leo zuckt zusammen, als er Schritte aus dem Apartment im dritten Stock hört. Es ist halb acht. Sein Zeitplan geht auf. Er erhebt sich, streckt Arme und Beine, immer noch auf dem Treppenabsatz zwischen zweiter und dritter Etage.
Aus dem Apartment dringen vier schnelle Piepser, der Einbrecheralarm ist ausgeschaltet worden. Okay. Vermutlich ist im Flur ein Bewegungsmelder installiert, und man kann nicht mit seinem Kaffee oder einem Glas Orangensaft herumspazieren, ohne ihn auszulösen. Warum soll man ihn auch am Morgen anlassen? Man hat ja die Nacht heil überstanden.
So denkt ihr alle. Sobald die Sonne aufgeht, fühlt ihr euch sicher.
Leo, immer noch in Socken, stiehlt sich die Stufen hinauf. Er legt ein Ohr an Shelly Trotters Apartmenttür und lauscht. Irgendwo wird Wasser aufgedreht, dann ein leises Rauschen.
Sie nimmt eine Dusche.
Er schlüpft wieder in seine Schuhe. Dann holt er den Spanner aus seiner Tasche und macht sich an die Arbeit. Ein zusätzlicher Riegel ist an der Tür angebracht, einer mit Zylinderschloss. Er ist selbst erstaunt, wie gekonnt er mit dem Haken die winzigen Stifte des Schlosses auf Linie bringt und die Tür öffnet.
Das Wasser rauscht noch immer. Sie ist also noch unter der Dusche. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, solange sie nackt ist und auf rutschigem Boden steht, unfähig, sich zu verteidigen. Er stellt die Tasche mit der schweren Motorsäge neben der Couch ab, wo sie von den anderen Räumen aus nicht zu entdecken ist. Nur für den Fall.
Er weiß, wie er vorgehen muss – sich rasch in Richtung Bad bewegen, auf das Geräusch des strömenden Wassers zu, an der Tür lauschen, auf die verschiedenen Geräusche.
Das Wasser prasselt dumpf gegen irendetwas, vermutlich Plastik, die Tür einer Duschkabine oder ein Vorhang,
Weitere Kostenlose Bücher