In Gottes Namen
Hunderttausende von Dollar in Gouverneur Trotters Wahlkampagnen investiert, und Mason Tremont wurde auf Fürsprache des Gouverneurs hin vom republikanischen Präsidenten zum obersten Bundesstaatsanwalt befördert, denn auch Tremont hat fleißig Wahlkampfspenden gesammelt.
Und jetzt wird der Sohn des Gouverneurs zwei der engsten Verbündeten seines Vaters vernehmen.
Nachdem sich alle gesetzt haben, legt Mason Tremont los. »Edgar, es versteht sich von selbst, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um zu helfen. Aber es gibt …«, er nickt Richtung Harland und stößt dabei so etwas wie ein ungläubiges Lachen aus, »es gibt einen Unterschied, ob man als Freund gebeten wird, zu helfen, oder ob man Harland wie einen Verdächtigen behandelt. Der Beamte – ich glaube, sein Name war McDermott – hat bei uns den Eindruck erweckt, als habe man einen Verdacht gegen …«
»McDermott wurde von dem Fall abgezogen«, sagt Edgar Trotter. »Sie sprechen jetzt mit mir.«
McDermott strafft sich. Er kämpft gegen das Verlangen an, Edgar Trotter scheitern und hilflos im Dunkel tappen zu sehen, bis ihm keine andere Wahl mehr bleibt, als McDermott hereinzubitten, um die Sache wieder hinzubiegen. Das wäre unzweifelhaft eine große Genugtuung, aber mehr noch drängt es ihn, einfach nur zu erfahren, was zum Teufel Bentley zu sagen hat.
Trotter beginnt mit den Fakten. Allerdings formuliert er es so, als seien es bloße Verdachtsmomente, keine Tatsachen: dass Harland mit Ellie Danzinger schlief; dass Harland der Vater von Gwendolyn Lake ist; dass Cassie kurz vor ihrem Tod schwanger wurde und eine Abtreibung hatte; und dass Leo Koslenko in dem Haus von Mia Lake und ihrer Tochter Gwendolyn gearbeitet hat. »Alles Informationen, die man uns zugetragen hat«, wie er es nennt.
»Wissen Sie, wo Leo Koslenko sich aufhält, Harland?«
»Nein. Ich kann mich kaum noch erinnern, wer dieser Mann überhaupt ist, Edgar. Und ich habe ganz sicher nicht mit ihm gesprochen, zumindest nicht soweit ich mich zurückerinnere.«
Trotter schiebt das Foto über den Tisch, das sie in Fred Ciancios Schrank in einer Schuhschachtel gefunden haben – Harland und die Reporter, Koslenko im Hintergrund.
»Es dreht sich um diesen Mann da, nehme ich an?«, fragt Harland Bentley. »Und Sie sagen, er hat in Mias Haus gearbeitet, nicht in unserem?«
Damit schafft er Distanz zu Koslenko.
Trotter neigt den Kopf zur Seite. »Haben Sie ihm nicht geholfen, in diesem Land als Asylbewerber anerkannt zu werden?«
Das verringert die Distanz wieder ein bisschen. Eine gute Erwiderung, richtig platziert und gekonnt vorgetragen, ohne jede Drohung, so, als sei er bloß neugierig.
»Wenn ich das getan habe, kann ich mich zumindest nicht daran erinnern. Ich glaube, so was fiel mehr in Natalias Zuständigkeitsbereich.«
Trotter lässt das einen Moment auf sich wirken. Nickt langsam, sagt aber nichts. Eine gute Verhörtechnik. Schweigen während eines Gesprächs erzeugt Unbehagen. Verdächtige haben die Tendenz, die Stille zu füllen. Sie versuchen, sich zu rechtfertigen und reiten sich dadurch immer tiefer hinein.
Aber Harland Bentley ist kein gewöhnlicher Verdächtiger.
»Shelly war eine wundervolle junge Frau«, bemerkt er. »Ich habe sie erst kürzlich getroffen.«
Trotter hört ihm zu, hält seinem Blick stand und sagt: »Hatten Sie eine Affäre mit Ellie Danzinger kurz vor ihrem Tod?«
Mason Tremont hebt die Hand. »Edgar, ich frage mich, ob das wirklich nötig ist. Wir wollen gerne helfen, wichtige Spuren zu verfolgen, aber wir reden hier über etwas, das bereits Jahrzehnte zurückliegt.«
»Ich weiß das aufrichtig zu schätzen, Mason.« Trotter nickt nachdrücklich, ohne Mason dabei anzusehen. »Aber Leo Koslenko hat meine Schwester sicher nicht deshalb getötet, weil die Vergangenheit irrelevant ist. Daher hätte ich gerne eine Antwort, bitte.«
Der Anwalt legt eine Hand auf Bentleys Unterarm. »Edgar …«
»Entweder er ist bereit, zu antworten, oder er ist es nicht.« Trotter wirft seinen Stift auf den Tisch und lehnt sich im Stuhl zurück. »Ich warte.«
Die Temperatur im Raum ist schlagartig abgekühlt.
Tremont rückt seine Goldrandbrille zurecht. »Ich habe meinem Mandanten empfohlen, nur relevante Fragen zum Fall zu beantworten. Fragen, die ihn persönlich in den Schmutz ziehen sollen, sind nicht relevant.«
»Wie schaut es mit Gwendolyn Lake aus, Harland? Sind Sie ihr Vater?«
Tremont neigt leicht den Kopf. Das scheint ein verabredetes
Weitere Kostenlose Bücher