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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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gewaltige Fortschritte gemacht in den letzten sechzehn Jahren«, teile ich ihr mit. »Ich kann nur ahnen, was wir an Cassies Leiche finden werden.«
    In Wahrheit würde man vermutlich herzlich wenig finden. Aber das weiß sie nicht. Und ist auch gar nicht der Punkt.
    »Sie werden alles einreißen, was Sie sich aufgebaut haben«, konstatiert Natalia. »Sie werden den größten Erfolg Ihrer Karriere in den Schmutz ziehen.«
    Da das keine Frage ist, antworte ich nicht. Stattdessen beobachte ich weiter unauffällig den Flur.
    Und dann tritt sie herein – Gwendolyn Lake steht plötzlich auf der Schwelle zum Salon, in einem langen T-Shirt und einer grauen Jogginghose.
    »Liebling!« Natalia kommt seitlich in mein Gesichtsfeld geschossen. Ich nicke Gwendolyn zu.
    »Sie täuschen sich«, sagt sie zu mir.
     
    Kehr nie zurück, komm nie wieder hierher, ein Befehl, muss gehorchen. Komm nie wieder hierher, nach Highland Woods, setz nie wieder einen Fuß auf dieses Grundstück, nimm das Geld, mehr noch, wenn du brauchst, aber komm nie wieder zurück, niemand darf davon wissen.
    Die Gegend schaut anders aus, ein paar Häuser wurden umgebaut, einige sind brandneu, hübsche Gegend, Highland Woods.
    Kehr nie zurück. Aber es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel wenn Paul Riley Mrs. Bentley besucht – die jetzt Mrs. Lake heißt.
    Leo fährt an dem Haus vorbei, das inzwischen Mrs. Lake gehört, früher gehörte es ihrer Schwester, nur ein schneller Blick, dann parkt er am Fuß des Hügels. Das Labyrinth der vielen kleinen Straßen hat nur einen Ausgang, alle münden unten in die Browning Street. Hier wird er auf Riley warten, an einer Parkuhr, mit einem Becher Kaffee und einer Zeitung.
     
    Natalia Lake tritt zwischen mich und Gwendolyn. »Nein, Liebling, nein …«
    »Tante Natalia.« Gwendolyn versucht, Nat zu umrunden.
    »Nein, Liebes!«
    »Tante Natalia. Tante Natalia!« Sie packt Nat bei den Schultern und blickt sie direkt an. »Tante Natalia, hör zu. Ich weiß, du willst Cassies Andenken schützen, aber das darfst du nicht auf dich nehmen.«
    Nach kurzem Ringen gibt Nat schließlich auf, ihre Haltung entspannt sich. Wortlos und ohne mich anzusehen geht sie an mir vorbei zum Fenster.
    Ich wende wieder zu Gwendolyn. In ihrem langen T-Shirt und der Trainingshose, mit den vom Schlaf verstrubbelten Haaren und den müden Augen hat sie etwas Ungeschütztes, Sanftmütiges an sich. Ich sage nichts, denn ich will sie auf keinen Fall bremsen. Gwendolyn ist zu mir gekommen. Sie will etwas los werden. Shelly hat recht behalten, das wird mir jetzt klar, wobei ich den tiefen Schmerz in meiner Brust zu ignorieren versuche – sie würde es mir irgendwann sagen. Ich musste ihr nur ein wenig Starthilfe verpassen.
    »Sie haben recht, was mich betrifft«, erklärt Gwendolyn nüchtern. »Harland ist mein biologischer Vater. Meine Mutter hat es mir vor ihrem Tod verraten. Eigentlich hatte sie es mir verschweigen wollen, aber dann dachte sie, ich hätte doch ein Recht, es zu erfahren.« Sie heftet ihren Blick auf Natalia, die bewegungslos am Fenster verharrt. »Sie war so entsetzt über ihre Schwangerschaft, dass sie nach Frankreich floh. In unser Haus nach Cap Ferrat. Sie plante wohl – einen Abbruch der Schwangerschaft.«
    Ich nicke. Aber Mia Lake hatte sich offensichtlich anders entschieden und Gwendolyn an der französischen Riviera zur Welt gebracht.
    »Ich habe Cassie davon erzählt«, bekennt sie. »Als ich in jenem Sommer in der Stadt war. Rückblickend war das nicht sehr nett von mir, ich hätte es nicht tun dürfen. Aber ich hatte ja keine Ahnung, was Cassie zu dieser Zeit durchmachte. Ich wusste nichts davon, bis es zu spät war.«
    Bis es zu spät war.
    »Sie wollen also sagen, Cassie hat Ellie Danziger getötet«, folgere ich.
    Das hatte ich bereits vermutet. Nach allem, was ich gestern Nacht erfahren habe, kann es sich nicht anders abgespielt haben. Aber es gibt noch ein paar Dinge, die ich nicht weiß.
    »Wir haben es kurz darauf rausgefunden«, fährt Gwendolyn fort. »Cassie hat es uns erzählt. Und wir haben der Polizei nichts davon gesagt. Wir wussten einfach nicht, was wir tun sollten.«
    »Sie haben die Stadt verlassen«, sage ich. »Am Mittwoch, während der Mordserie.«
    Sie nickt. »Ich war nicht der Typ – besonders damals nicht -, der einem harten Verhör irgendwas entgegenzusetzen hatte.« Sie unterbricht sich kurz, ihr Atem ist schneller geworden. »Wir wussten, wenn sie Ellie finden, würden sie zu uns kommen, um mit Cassie

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