Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
Vom Netzwerk:
entsprechende Bibelzitate bestärkt worden.
    Terry Burgos hatte die Mädchen getötet, weil Gott es ihm befohlen hatte.
    Er ahnte bereits, wie die Verteidigung die Sache anpacken würde. Burgos würde behaupten, für ihn sei der Songtext eine Verkündigung von Gottes Wort gewesen – junge Frauen wurden darin für ihre Sünden verbrannt, erschlagen und gefoltert. Und er hätte in diesen albernen Zeilen eine verschlüsselte Botschaft des Allmächtigen erkannt. Tyler Skye hatte auf seine verdrehte Art Bibelstellen parodiert, und Burgos hatte sie als Handlungsanweisungen verstanden.
    Eine solche Argumentation erleichterte ihnen ihre Aufgabe nicht gerade. Es war eine hübsche griffige Geschichte, nachvollziehbar für die Jury, da brauchten keine schwierigen Fremdworte aufgefahren zu werden, wie Psychose und Soziopathologie. Der Kerl hatte einfach gedacht, der Song wäre eine direkte Aufforderung an ihn, und hatte dementsprechend gehandelt. Ganz klar, der musste verrückt sein. Würde denn irgendjemand, der nicht verrückt war, so etwas tun?
    Sie quetschten Albany noch eine Weile aus. Aber Paul hörte nicht mehr zu. Es stand längst nicht mehr zur Debatte, ob Terry Burgos der Täter war. Nach einem Tag war die Last der Beweise gegen ihn erdrückend, und er hatte mehr oder weniger ein Geständnis abgelegt. Hier ging es nicht mehr um Schuld, nur um die Frage der Schuldfähigkeit. Falls in diesem Staat immer noch die modifizierte Schuldunfähigkeitsregelung galt, musste Burgos lediglich zwei Dinge nachweisen: dass er zur Tatzeit an irgendeiner Form von geistiger Störung litt, und dass er das Schuldhafte seines Handels nicht erkannt hatte.
    Glücklicherweise war sich Paul sicher, dass er Abweichungen zwischen der Art der Verbrechen und den Vorgaben des Lieds finden würde. Das würde der Schlüssel sein, um zu zeigen, dass Burgos – sofern er tatsächlich dem Wort Gottes gefolgt war oder dem seines Propheten Tyler Skye – dieses sehr freizügig ausgelegt hatte. Paul hatte schon jetzt mehr als eine Diskrepanz entdeckt: Burgos hatte eine neue Bibelstelle eingeführt, und er hatte sich, im Gegensatz zu seinem Vorbild, nicht selbst getötet. Burgos hatte Sex mit den Frauen gehabt – mit den Prostituierten vor ihrem Tod, mit den Studentinnen danach -, und darüber stand nichts in der Bibel. Zudem hatte er die Taten während der Ferien begangen, noch vor den Sommerkursen, weil er wusste, die Leichen würden dann frühestens mit deren Beginn entdeckt. Mit anderen Worten, ihm war klar gewesen, dass er ein Verbrechen verübte, und er hatte rasch gehandelt, bevor jemand die Toten finden konnte. Zudem hatten die Beamten inzwischen ermittelt, dass die vier Prostituierten in unterschiedlichen Stadtvierteln gearbeitet hatten; Burgos war also offensichtlich clever genug gewesen, nicht zweimal am gleichen Ort zuzuschlagen. Auch das legte wieder nahe: Er war sich bewusst, dass er gegen das Gesetz verstieß, und hatte versucht, einer drohenden Verfolgung zu entgehen.
    Und Paul begann gerade erst, Material zu sammeln. Zum Zeitpunkt der Verhandlung würde er die Theorie der Übereinstimmung von Burgos’ Taten mit dem Songtext und der Bibel so durchlöchert haben, dass sie sang- und klanglos unterging. Außerdem würde er zahlreiche Beweise dafür liefern können, dass sich Burgos über den kriminellen Charakter seiner Taten sehr wohl im Klaren war.
    Eine halbe Stunde später war Professor Albany in Tränen aufgelöst. Paul gab dem Mann keine Schuld, aber er hatte nicht die Zeit und die Energie, sich jetzt um ihn zu kümmern. Es gab nur eine Person, um die er sich kümmern musste, einen Menschen, dem er in den nächsten neun Monaten seine ganze Aufmerksamkeit widmen würde.
    Terry Burgos, der in seinen Augen nicht mehr den Hauch einer Chance hatte.

5. Juni 1997

    Totenwache
    Die Elternschaft war für uns die Erfüllung unseres Lebens. Cassie
war der Mittelpunkt unseres Daseins. Sie war alles, was gut und
wertvoll daran war. Dieser Mann – dieses Monster – hat uns unser
Leben geraubt. Er hat uns unsere Tochter genommen, unsere
Träume, alles, was Eltern besitzen.
    - Harland Bentley in einem Gespräch mit der Daily Watch, 29. Juni 1989
     
Dieser Mann verdient das gleiche Schicksal wie seine Opfer. Dieser Mann verdient den Tod.
    - Stellvertretender Bezirksstaatsanwalt Paul Riley in seinem
Abschlussplädoyer während des Prozesses gegen
Terrance Demetrius Burgos, 31. Mai 1990
     
Nach Ablehnung seiner Habeas-Corpus-Haftbeschwerde

Weitere Kostenlose Bücher