In Gottes Namen
hörten sie sich den dazugehörigen Refrain an, eine leicht variierte Version des Refrains zur ersten Strophe.
That someone is me / you still haven’t caught me / I tried to warn you / but you never sought me / you don’t understand / I’ll never be done / it won’t ever stop
Dieser Jemand bin ich, ihr habt mich immer noch nicht geschnappt, ich hab versucht, euch zu warnen, aber ihr habt mich nicht ernst genommen, ihr kapiert nichts, ich werde ewig so weitermachen, es wird nie zu Ende sein.
Die Musik, ohnehin schon laut und brutal, kulminierte jetzt in ohrenbetäubendem Getrommel und rückkoppelnden Gitarren, während Tyler Skye die letzte Zeile herausbrüllte:
I’m not the only one.
Riley drosch auf die Austaste. Lange Zeit sagten sie nichts. Ich bin nicht der Einzige war wahrscheinlich die bedrohlichste Zeile des Songtextes. Diese Musik war überall frei erhältlich, und jeder Gestörte durfte sich berufen fühlen, danach zu handeln.
»Wir wissen definitiv, dass nirgendwo weitere Leichen begraben liegen«, sagte Riley.
Lightner grunzte zustimmend. Sie hatten den gesamten Mansbury Campus mit Polizeihunden abgesucht. Burgos’ Haus war komplett auf den Kopf gestellt, der Boden unter seiner Garage ausgehoben, der Garten umgegraben worden. Sie hatten überall gesucht und nichts gefunden. »Jedenfalls spricht nichts dafür«, sagte Lightner. »Die Mordwaffen waren unbenutzt. Die Machete noch in der Verpackung. Und der gute Terry würde es uns sicher verraten, hätte er irgendwo noch ein paar Leichen gebunkert. Was das betrifft, ist er nicht gerade verschwiegen.«
Burgos hatte sich gegenüber dem Psychiater, der ihm nach seinem Schuldunfähigkeits-Antrag auf den Zahn gefühlt hatte, freimütig geäußert. Er hatte zahlreiche Details preisgegeben – zwar nicht darüber, wie er die Morde begangen hatte, aber zumindest warum. Er hatte Bibelverse und Tyler Skyes Texte zitiert, und er hatte die Sünden seiner Opfer angeprangert, die sie seinem gerechten Zorn ausgeliefert hatten.
»Also«, erklärte Lightner, »haben wir es jetzt ganz offiziell nur noch mit fünf Morden zu tun.«
Letzten Freitag, am 11. August, hatte Riley das Gericht darüber informiert, dass im Fall Cassandra Bentley sämtliche Anklagepunkte fallen gelassen wurden. Unmittelbar nachdem Riley das verkündet hatte, waren vonseiten der Bezirksstaatsanwaltschaft und der Bentley-Familie simultan Pressebulletins veröffentlicht worden. Es war der ausdrückliche Wunsch der Bentleys, dass ihre Tochter nicht Gegenstand von Beschuldigungen wurde, die mit der Diskussion um Burgos’ Schuldunfähigkeit einhergingen; etwa wenn der »verzweifelte Angeklagte« versuchte, ihr Promiskuität und dergleichen mehr zu unterstellen. Es sei völlig ausreichend, so hieß es weiter im Pressetext der Bentleys, dass Burgos inzwischen den Mord an Cassie gestanden hatte, und dass ihm wegen fünf weiterer Morde der Prozess gemacht wurde.
Riley hatte die ganze Angelegenheit beiseite geschoben, kaum dass er das Gerichtsgebäude verlassen hatte. Es war nicht mehr von Bedeutung. Jetzt drehte sich alles nur noch um die Frage der Schuldfähigkeit. Burgos würde argumentieren, er hätte unter einer schweren psychischen Störung gelitten und wäre unfähig gewesen, das Unrecht seiner Tat zu erkennen. Somit war es die Aufgabe der Anklage, ihm das Gegenteil nachzuweisen – dass er nicht psychisch krank und ihm sehr wohl klar gewesen war, was für Verbrechen er beging.
Das Argument, er sei psychisch krank, war natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Schon vor Jahren hatte man eine paranoide Schizophrenie bei ihm diagnostiziert. Und auch der gesunde Menschenverstand sprach auf den ersten Blick dafür. Wie konnte jemand, der so etwas tat, nicht verrückt sein?
Doch der zweite Aspekt des Tests auf Schuldunfähigkeit stand auf einem anderen Blatt. Burgos würde beweisen müssen, dass er sich des Unrechts seiner Taten nicht bewusst gewesen war. Und bei der Einschätzung des Unrechtsbewusstseins ging es weniger um Psychologie als um Fakten. Daher bemühten sich die Ermittlungsbeamten, entsprechende Beweise zu besorgen, und ihre Ergebnisse gaben bereits zu Hoffnungen Anlass. Burgos hatte die Mädchen in der kurzen Ferienzeit zwischen dem Ende des Frühjahrssemesters und dem Anfang der Sommerkurse ermordet, weil er wusste, dass in dieser Zeit das Bramhall Auditorium leer stand. Und er hatte Prostituierte aus verschiedenen Stadtvierteln ausgewählt, um von niemandem aus
Weitere Kostenlose Bücher