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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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»Man muss über den Tellerrand schauen. Echtes Verstehen erfordert neugieriges Infragestellen und einen liebevollen Betrug, also eine freizügige Interpretion von scheinbar festgeschriebenen Dingen.«
    Keiner kommentiert meine Ausführungen. Falls irgendjemand eine bessere Idee hat, rückt er zumindest nicht damit heraus.
    »Er verwendet mehrmals gleichbedeutende Worte wie nachhallen und erschallen«, sagt Stoletti. »Das wirkt wie eine unnötige Verdopplung. Echos werden nachhallen. Vernehmlich erschallen.«
    »Das wird ja eine richtige Grammatiklektion hier«, bemerkt der Cop neben ihr.
    Doch Stoletti ist nicht in der Stimmung für Späße. »Ich will damit nur sagen, dass er seine Worte sehr sorgfältig wählt. Seine Handschrift ist wie gestochen. Er hat das nicht eben mal so hingeschmiert. Er hat sich Zeit gelassen. Hat jedes Wort bewusst gesetzt. Rührige Sendboten beständig ertragen neue unaufhörliche Torturen zu einem neuen Zweck. Das erscheint auf den ersten Blick wie gedankenloses Gefasel. Eigentlich braucht er das Wort unaufhörlich nicht, da am Anfang bereits beständig steht. Und auch die Dopplung von neu wirkt stilistisch nicht sehr gekonnt. Ich weiß nicht, was es bedeutet, aber es klingt merkwürdig.«
    Sie hat recht. Das ist mir bisher gar nicht aufgefallen. Die Handschrift ist makellos. Aber die Wortwahl und der Satzbau wirken seltsam künstlich.
    »Jeder von uns sollte sich ein paar Gedanken darüber machen«, sagt McDermott. »Die Originale sind im Moment im Labor. Abdrücke, Aminosäuren-Nachweis, das ganze Programm. Lasst uns jetzt noch über Fred Ciancio reden.«
    Letzte Nacht hat uns Carolyn mit Folgendem überrascht: Als sie 1989 im Fernsehen über Terry Burgos berichtete, erhielt sie den Anruf eines Mannes, der behauptete, Informationen über Burgos zu besitzen. Der Mann wirkte verängstigt. Er behauptete, es sei wichtig, schien sich aber unsicher, ob er es ihr überhaupt mitteilen sollte. Schließlich legte er auf. Als professionelle Reporterin verfolgte Carolyn den Anruf zurück zu einem Haus. Es gehörte einem Mann namens Fred Ciancio.
    Sie besuchte ihn dort, aber er weigerte sich, mit ihr zu reden. Sie versuchte noch mehrfach, ihn zum Sprechen zu bewegen, aber ohne Erfolg. Sie ließ seinen Hintergrund überprüfen, auch das ohne Ergebnis. Und dann begann der Prozess, und die Sache verlief im Sand.
    »Wir haben also keine Ahnung, was Ciancio Carolyn Pendry mitteilen wollte«, führt McDermott aus. »Wir wissen bloß, dass er in den Sechzigern und Siebzigern Gefängniswärter war und danach Wachmann, bis er vor zwei Jahren pensioniert wurde.«
    »Außerdem wissen wir«, fügt Stoletti hinzu, »dass er zwei Tage vor seinem Tod bei der Daily Watch anrief.«
    Vermutlich galt Ciancios Anruf bei der Watch Carolyns Tochter Evelyn. Was immer Fred Ciancio Carolyn 1989 mitteilen wollte, jetzt hat er es womöglich ihrer Tochter Evelyn anvertraut. Das würde auch erklären, warum Evelyn mich zum Burgos-Fall befragen wollte. Außerdem würde es ihr großes Interesse am Tatort des Ciancio-Mordes rechtfertigen, das McDermott aufgefallen war.
    Ich werfe einen Blick in die Papiere, die McDermott ausgeteilt hat. Darunter befindet sich ein Blatt mit dem Songtext und mehrere Blätter mit Informationen über die beiden Opfer Fred Ciancio und Evelyn Pendry. Etwas an Ciancios Lebenslauf springt mir ins Auge. »Wachmann bei Bristol Security Services, 1978-2003.«
    Ich wusste bereits von McDermott, dass Ciancio Wachmann gewesen war, aber nicht wo.
    »Bristol«, sage ich. »Ciancio hat für Bristol Security gearbeitet?«
    »Ja.« Stoletti nickt. »Er war als Wachmann in einem Einkaufszentrum in Wilshire tätig. Warum?«
    Ich gehe ein weiteres Mal die Daten durch. Ciancio hat bis 1978 im Ensign Correctional gearbeitet, einem Hochsicherheitsgefängnis im Südwesten des Bezirks. Anschließend war er fünfundzwanzig Jahre für Bristol tätig. »Bristol Security hatte damals auch einen Vertrag mit dem Mansbury College«, sage ich.
    McDermott mustert mich kurz. »Hat das irgendeine Rolle gespielt?«
    Bristol Security half uns damals, den Campus nach weiteren Leichen abzusuchen. Offensichtlich war die Sicherheitsfirma ziemlich betroffen, weil die Morde quasi vor den Augen ihrer Leute geschehen waren. Ich glaube, Mansbury kündigte ihren Vertrag unmittelbar nach dem Leichenfund. Als wäre es ihr Fehler gewesen. Ich sehe keinen echten Zusammenhang und schüttele den Kopf.
    »Bristol Security ist eine Riesenfirma«, füge

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