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In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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und zieht drei Aktenordner mit Kursmaterialien heraus. Stoletti mustert mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Albany schiebt ihr das Paket über den Tisch zu und fragt: »Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    Ich kann sehen, dass sich seine anfängliche Nervosität gelegt hat und er jetzt wieder das alte arrogante Arschloch ist. Gut. Dann wollen wir mal.
    »Ja, da ist noch eine Sache«, sage ich. »Sie dürfen uns alles erzählen, was Sie und Evelyn Pendry besprochen haben.«
    Er blickt mich an, als hätte er das bereits getan.
    Ich starre ihm direkt in die Augen. Er ist zwar nicht gerade ein Fan von mir, aber ich kriege ihn schon noch dazu, dass er sich mir anvertraut. »Professor, wir besitzen Notizen von Evelyn über das Gespräch mit Ihnen. Wir wissen genau, worüber Sie mit ihr gesprochen haben. Also schießen Sie los.«
    Albany blinzelt in die Ferne, lehnt sich in seinem Sessel zurück und schlägt die Beine übereinander. Dann verschränkt er die Arme vor der Brust. Eine typische Abwehrhaltung. »Wenn Sie ihre Notizen haben, was wollen Sie dann noch von mir?«
    »Sie sind am Zug, Professor. Entweder Sie sagen uns jetzt die Wahrheit oder Sie fahren fort, uns zu belügen.«
    Aus Albanys Gesicht weicht alle Farbe. Er hat schon einmal meine Verhöre und Anschuldigungen über sich ergehen lassen müssen. Und es hat ihm gar nicht geschmeckt.
    »Möglicherweise …« Albanys Kehle ist offenbar plötzlich wie zugeschnürt, was jeden Versuch, Gelassenheit auszustrahlen, zunichte macht. Sein smartes Grinsen hat sich längst verflüchtigt. »Möglicherweise sollte ich einen Anwalt hinzubitten?«
    »Ich bin Anwalt«, sage ich.
    »Hey, Professor«, schaltet sich Stoletti ein. »Das ist Ihr Büro. Sie können uns jederzeit rausschmeißen. Dann kommen wir eben später wieder. Platzen vielleicht mitten in Ihren Unterricht. Und ich werde meine Handschellen mitbringen.«
    »Hören Sie zu«, sage ich. »Sie haben gegenüber einem Polizeibeamten falsch ausgesagt. Das ist eine Straftat. Aber wenn Sie jetzt mit uns zusammenarbeiten – und ich meine jetzt gleich auf der Stelle -, dann haben Sie damit Ihre Aussagen berichtigt. Also keine Straftat. Sollten Sie uns allerdings bitten, jetzt zu gehen, bleibt Ihre Aussage so bestehen. Und ist damit falsch.«
    Der Professor lächelt bitter und stößt ein trockenes Lachen aus, bevor er sich erhebt und hinter seinem Schreibtisch auf und ab zu tigern beginnt. »Sie machen mir zum Vorwurf, was mit diesen Mädchen passiert ist.« Er schaut mich an. »Ich weiß es. Das tun alle. Ich habe Studenten darüber aufgeklärt, wie erniedrigend Frauen heutzutage in den Medien dargestellt werden, und plötzlich bin ich der Sündenbock für alle Gewalttaten gegen Frauen. Der Einzige, der sich bemüht hat, dagegen etwas zu unternehmen, ist jetzt im ganzen Land, in sämtlichen akademischen Kreisen dafür berüchtigt, es befördert zu haben.«
    Er winkt wütend ab. Seine Augen werden feucht. »Und jetzt schlägt erneut jemand zu, und wieder gibt man mir die Schuld dafür.«
    Da ich schon einige Zeit als Verteidiger arbeite, bringe ich mehr Verständnis für seine Argumente auf als damals als Staatsanwalt. Er hat recht. In gewisser Weise habe ich ihm die Schuld gegeben. Wie alle. Er hat diesen Wahnsinnigen mit Material gefüttert, das ihn dazu brachte, sechs Frauen zu töten.
    »Wir warten«, sage ich.
    Er lässt sich Zeit, seufzt einige Male tief auf, fährt sich mit der Hand übers Gesicht und schüttelt dann ausgiebig den Kopf. »Ich habe der Reporterin gesagt, dass ich keine Ahnung von dem habe, was sie wissen will«, sagt er ruhig. »Cassie hat gegen eine ganze Reihe innerer Dämonen gekämpft. Welche, weiß ich nicht genau. Von außen betrachtet, hatte sie alles. Aber da gab es irgendein Problem, mit dem sie nicht fertig wurde. Sie hätte das beliebteste Mädchen auf dem Campus sein können, aber Ellie war ihre einzige Freundin. Ja, ich kannte sie etwas näher. Und, ja, ich traf mich gelegentlich auch privat mit Studenten. Aber solche Details waren mir nicht bekannt.«
    Stoletti ist klug genug, ihn nicht zu unterbrechen, und wir schweigen, bis uns klar wird, dass er fertig ist. Zumindest für den Moment. Denn ich bin mir sicher, da ist noch mehr, auch wenn ich keine Ahnung habe, was. Natürlich habe ich vorhin geblufft. Wir besitzen weder Notizen von Evelyns Gespräch mit Albany noch mit sonst irgendjemand. Wir tappen völlig im Dunklen. Mir fiel nur ein bestimmter Ausdruck in seinen Augen auf, und darauf

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