In Gottes Namen
wieder, dass sie nachts nicht die Sterne sehen konnte und ihr die klare, reine Luft fehlte.
»Und wenn wir schon mal da oben sind«, füge ich hinzu, »können wir uns gleich nach einem Zweitwohnsitz umschauen. Ein Haus am See mit eigenem Boot.«
Sie schluckt den Köder nicht, also stichle ich weiter.
»Aber lass uns nichts überstürzen. Erst müssen wir mal dafür sorgen, dass du schwanger wirst. Und dann die Hochzeit, natürlich in der Gouverneursvilla. Ich hab schon mal eine vorläufige Gästeliste erstellt. Findest du zweitausend Leute zu viel?«
Mein Gesicht bleibt todernst, und ich halte die Augen stur nach vorne gerichtet.
»Wollen Sie mich veräppeln, Mr. Riley?«
Ich ergreife ihre Hand, die sie mir gnädig überlässt, und küsse sie.
»Ms. Trotter – die wahre Bedeutung des Wortes langsam werde ich Ihnen erst eröffnen.«
»Vergiss nicht, Paul, ich hab dich schon mal beim Joggen beobachtet.«
Das Leben ist großartig. Ich fühle mich wie ein Teenager nach dem ersten Kuss.
»Erzähl mir von gestern Nacht«, bittet sie.
Ich musste Shelly letzte Nacht verlassen, als sie mich wegen Evelyn anriefen. Jetzt kriegt sie von mir die ausführliche Version, und da wir noch über hundert Meilen vor uns haben, berichte ich ihr gleich auch von Professor Albany.
Als ich schließlich schweige, sagt sie: »Wer immer der Täter ist, er verfolgt eine klare Absicht.«
Da der Interstate um die Mittagszeit relativ leer ist, beschleunige ich auf fast siebzig Meilen, während wir durch den nördlichen Teil des Staates fahren, zumeist flaches, dünn besiedeltes Farmland.
»Er hat seine Opfer gezielt ausgewählt«, führt sie weiter aus. »Evelyn hat Fred Ciancio angerufen, und jetzt sind beide tot. Er hinterlässt für euch am Tatort die Waffen aus dem Song. Und die Nachricht: Ich bin nicht der Einzige. Er tut nichts, um seine Taten zu verbergen. Die Frage ist nur, warum?«
Was die Opfer betrifft, hat sie sicher recht. Ciancio steht unzweifelhaft in Verbindung mit dem Fall Burgos, das belegt sein Anruf bei Carolyn Pendry. Und dann meldet er sich kürzlich auch noch bei Carolyns Tochter Evelyn. Das kann kein Zufall sein.
»Die andere Frage ist«, fährt sie fort, »wie Cassie Bentley ins Bild passt. Die Geschichte mit ihrer angeblichen Schwangerschaft und der Abtreibung. Hast du davon gewusst?«
Ich schüttle den Kopf. »Damals hieß es immer nur, Cassie sei ein schwieriges Mädchen gewesen. Das kriegten wir am laufenden Band zu hören.
Außerdem soll sie sehr zurückgezogen gelebt haben. Höchstens ein oder zwei Freunde. Und ihre beste Freundin war Ellie, ein weiteres Opfer, schon allein deshalb bekamen wir nie viel über sie heraus.«
»Inwiefern schwierig?«
»Sie sperrte sich in ihrem Zimmer ein. Versäumte den Unterricht. Hielt sich von anderen fern. Aß kaum was.« Ich zucke mit den Achseln. »Ein reiches Mädchen, dem nichts gut genug ist.«
Ich bemerke Shellys Blick. »Du brauchst dich gar nicht aufs hohe Ross zu schwingen. Es ist nicht leicht, aus einer berühmten Familie zu kommen.«
Shelly spricht aus eigener Erfahrung. Auch sie hatte kein sonderlich inniges Verhältnis zu ihren Eltern, nachdem ihr Vater zum höchsten Beamten im Staat aufgestiegen war.
»Offensichtlich verschlimmerte sich die Situation noch, kurz bevor sie starb. Sie muss sich völlig abgekapselt haben.«
Shelly antwortet nicht, aber vermutlich liegen ihr dieselben Worte auf der Zunge wie mir. Schwangerschaft. Abtreibung. Genug, um ein labiles Mädchen endgültig aus der Bahn zu werfen.
»Kannte Terry Burgos Cassie näher?«
»Nicht soweit wir wissen. Zumindest hat er es nie erwähnt.«
»Könnten diese Ereignisse in Cassies Leben ein Grund dafür sein, dass Burgos sie getötet hat?«
»Nein«, sage ich. »Vermutlich hat er Cassie umgebracht, weil sie Ellies Freundin war. Er brauchte ein weiteres Opfer, und da kam sie ihm gelegen.«
»Was für eine Sünde hatte Cassie angeblich begangen? Jedem Opfer war doch eine bestimmte Sünde zugeordnet, oder?«
»Das macht die ganze Sache ja so merkwürdig. Der letzte Mord der ersten Strophe ist eigentlich ein Selbstmord. Jetzt muss sich jemand von seiner Familie verabschieden. Schieb’s zwischen die Zähne und drück fröhlich ab. Er spricht davon, sich selbst zu erschießen. Burgos war vermutlich klar, dass er mit dem Sterben an der Reihe war, ignorierte das aber. Er stieß auf Cassie und tötete stattdessen lieber sie. Auf diese Weise hat sie ihn gerettet.«
»Wie stieß er auf
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