Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In Gottes Namen

Titel: In Gottes Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
Vom Netzwerk:
habe ich reagiert.
    »Sprechen wir über die Details«, versuche ich es.
    »Aber ich habe doch gerade gesagt, ich weiß nichts über die Details.« Er hebt flehend die Hände. »Weder weiß ich, ob sie schwanger war, und noch viel weniger, ob sie eine Abtreibung hatte.«
    »Fahren Sie fort«, sage ich instinktiv. In meinem Job lernt man, seine Gefühle zu kontrollieren. Ich will, dass er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, nicht Stoletti oder ich. Stoletti hat ihren Notizblock gezückt und kritzelt beiläufig etwas hinein.
    Schwangerschaft? Abtreibung?
    Cassie Bentley?
    Ich spüre ein Brennen in meiner Brust. All das ist absolut neu für mich.
    Der Professor, völlig in sich zusammengesunken, schüttelt nur den Kopf. Er hat uns nichts mehr zu sagen. Und diesmal glaube ich ihm.
    »Wer hat Evelyn von diesen Dingen erzählt?«, will ich wissen. »Wie kam sie darauf, Ihnen diese Fragen zu stellen?«
    »Keine Ahnung. Sie ist Reporterin. Wahrscheinlich hätte sie es mir selbst dann nicht gesagt, wenn ich danach gefragt hätte.«
    Damit hat er vermutlich recht. Jesus, Evelyn hat mir gegenüber nichts von diesen Dingen erwähnt. Andererseits – habe ich sie auch nie wirklich zu Wort kommen lassen.
    »Hatte Cassie je einen Freund?«, frage ich, und mir wird dabei leicht flau im Magen. Von allen Anwesenden müsste ich diese Frage eigentlich am besten beantworten können.
    Damals kursierte das Gerücht, sie wäre lesbisch. Außerdem spielten die näheren Umstände ihres Privatlebens ohnehin keine große Rolle, da wir in ihrem Fall keine Anklage erhoben.
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, erwidert Albany.
    Stoletti wirft mir einen Blick zu, und ich zucke mit den Achseln. Sie holt tief Luft, dann schnippt sie dem Professor ihre Karte hin und sagt das Standardsprüchlein auf: Falls Ihnen noch was einfallen sollte, rufen Sie mich bitte an. Ich verlasse den Raum als Erster, laufe den Gang entlang, eine Treppe hinunter und aus der Tür, ohne genau zu wissen, wo ich bin.
    Allerdings habe ich eine ziemlich klare Vorstellung davon, wo ich als Nächstes hinmuss. Auf meinem Handy wähle ich Shellys Nummer.
    »Hast du heute Nachmittag schon was vor?«, frage ich sie.

28. Kapitel
    Stoletti und ich fahren schweigend zurück. Ihr Benehmen mir gegenüber war nie wirklich herzlich, aber seit sie weiß, dass ich Harland Bentleys Anwalt bin, ist unsere Beziehung noch um ein paar Grad abgekühlt. Es fühlt sich merkwürdig an, dieses Schweigen, denn immerhin hat uns die Information, Cassie könnte schwanger gewesen sein und abgetrieben haben, beide gleichermaßen getroffen. Ein echter Knaller – aber Stoletti behandelt mich, als sei ich ein Fahrgast in ihrem Taxi. Die verabredete Politik des offenen Informationsaustauschs scheint mir immer mehr zu einer Einbahnstraße zu verkommen.
    Vor dem Revier steige ich in meinen Wagen um. Von meinem Handy aus rufe ich die Auskunft an und frage nach einer bestimmten Nummer in Lake Coursey, wo Harlands Vermutung nach seine Nichte immer noch lebt.
    Man teilt mir mit, es gäbe zwei Nummern. »Eine Gwendolyn Lake in der Spring Harbour Road, und ein Gwendolyn’s Lake Diner in der County Road 29.«
    Das reiche Party-Girl Gwendolyn besitzt ein Lokal?
    Ich lasse mir Adresse und Telefonnummer geben, und zwar gleich für beide Einträge. Anschließend beauftrage ich meine Assistentin Betty damit, auf MapQuest für mich die Routen zu beiden Adressen zu ermitteln.
    Ich fahre bei der Juristischen Fakultät vorbei, wo Shelly arbeitet. Sie wartet draußen auf mich. Heute hat sie keinen Gerichtstermin, und es ist Sommer, daher trägt sie eine Bluse und Bluejeans. Ungeachtet des ernüchternden Treffens mit Professor Albany steigt meine Laune sofort beträchtlich.
    Sie springt in den Wagen, und ich atme ihren Duft ein. Kurz erwäge ich, mich rüberzubeugen und sie zu küssen, aber dann denke ich – langsam. Ich habe es versprochen.
    Als sie dann aber mein Gesicht zu sich rüberdreht und mir selbst einen dicken Kuss aufdrückt, widerstehe ich nicht länger.
    »So führst du also Frauen aus?«, fragt sie. »Du nimmst sie mit zu einer Zeugenvernehmung?«
    Ich starte den Wagen. »Wir fahren Richtung Norden«, erkläre ich. »Deine Lieblingsgegend.«
    Shelly wuchs im Norden des Staates auf, wo ihr Vater Staatsanwalt war, bevor er für das Amt des Bezirksstaatsanwalts und später für das des Gouverneurs kandidierte. Sie war inzwischen ein waschechtes Großstadtmädchen, trotzdem beschwerte sie sich immer mal

Weitere Kostenlose Bücher