In guten wie in toten Tagen
das Zeug ist großartig«, sagte Helena.
»Ich würd am liebsten ’ne Runde tanzen«, erklärte Viola. »Aber in diesem Scheißkaff hat ja nichts mehr auf.«
»Das Extra Dry schon«, sagte May.
»Wir können auch hier tanzen«, meinte Cara. »Los, auf mit euch, ihr müden Hühner. Jetzt wird noch nicht schlappgemacht!« Sie drückte auf die Fernbedienung der Stereoanlage. Aus den Boxen dröhnte »I am titanium« von David Guetta.
»Geil!« Helena sprang begeistert auf. »Hey, bei dem Lied haben Tom und ich uns verlobt! Oh Mann, warum ist er jetzt nicht hier?«
»Noch fünf Tage, dann feiert ihr Hochzeit.« Viola begann ebenfalls zu tanzen. »Freust du dich schon?«
»Was für eine Frage. Ich kann es kaum erwarten«, rief Helena.
Julia seufzte. »Mann, Helena, ich bewundere dich.«
»Du bewunderst mich? Warum das denn?«
»Weil du so mutig bist. Ich meine, ihr seid doch noch gar nicht so lange zusammen, Tom und du. Und nun wollt ihr heiraten. Das find ich total … na, eben mutig.«
»Mit Mut hat das nichts zu tun«, sagte Helena. »Tom ist der Richtige für mich. Ich weiß das, er weiß das. Warum sollten wir da noch länger warten?«
»Eben«, sagte May laut. »Je länger du wartest, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass er es sich anders überlegt und abhaut.«
Helena lachte etwas unsicher, als wäre die Bemerkung irgendwie lustig.
»Was meinst du denn damit?«, fragte Julia befremdet.
Sei doch still, dachte Cara. Frag doch nicht nach. May ist total besoffen, sie will nur Ärger machen, merkst du das denn nicht?
»Helena weiß genau, was ich meine«, sagte May.
»Bitte?«, fragte Helena scharf.
Jetzt geht es los, dachte Cara und wäre am liebsten zu May gegangen und hätte ihr den Mund zugehalten. Stattdessen eilte sie zur Anlage und drehte die Musik lauter.
»Mach das doch mal leise, Cara«, zischte Helena.
Und dann starrten sie May an, die in aller Seelenruhe Zucker in ihren Espresso rührte und ihn austrank. Und lächelte.
»Na gut«, sagte sie. »Dann will ich es dir mal erklären.«
rückblick
meine geschichte
ich suche und finde den anfang nicht
suche den einen moment
ab dem alles schiefging
finde ihn nicht und finde auch kein ende
4
May ließ sich aufs Sofa fallen und schloss einen Moment lang die Augen, ohne dass dieses dämliche Lächeln von ihren Lippen verschwand. Sie genoss die Situation. Helenas erschrockenes Gesicht und dass alle sie anstarrten und keine Worte fanden.
»Wie lange bist du schon mit deinem Tom zusammen?«, fragte sie, ohne dabei die Augen zu öffnen.
»Was soll denn das jetzt?«, fragte Cara wütend.
»Das weißt du doch«, sagte Helena mit erstaunlich ruhiger Stimme. »Seit letztem Sommer.«
»Ach ja, richtig.« May nickte. »Du hast die Hip-Hop-Mädels gecoacht und er die Footballer. Und in der Pause hat es gefunkt.«
Jetzt schlug sie die Augen auf und starrte Helena an. Helena starrte schweigend zurück. »Und was war damals in Wien?«, fragte May.
»Wie bitte?« Helena stand auf und ging zum Tisch. Sie hatte die Wodkaflasche schon in der Hand, aber dann überlegte sie es sich anders und schenkte sich stattdessen ein Glas Wasser ein.
»Du hast mich doch verstanden.« May erhob sich nun ebenfalls. Barfuß trat sie neben Helena und schnappte sich die Wasserflasche. »Ich hatte das Zimmer neben Tom. Und ich hab ganz zufällig gesehen, wie du dich zu ihm reingeschlichen hast. Und dann hab ich euch gehört. Versteh mich nicht falsch, es war nicht so, dass ich euch belauschen wollte. Ich meine, ich konnte gar nicht anders. Mann, oh Mann, Helena, du bist abgegangen wie eine Rakete. Du hast so laut gestöhnt, dass ich kein Auge zugekriegt habe.«
Helena starrte in ihr leeres Wasserglas.
»Du warst die ganze Nacht bei ihm, ihr habt ja kein Ende gefunden. Alle Achtung. Und am nächsten Tag hast du so getan, als ob nichts gewesen wäre. Wir gehen noch in ein Kaffeehaus, möchten Sie uns begleiten, Herr Schenker? Ach, Sie sind müde? Na, das ist aber …«
» Na und?«, unterbrach Helena sie. »Na gut, ich hab schon in Wien mit ihm geschlafen. Ich fand ihn gut und er mich auch. Ich war volljährig, er auch. Was ist schon dabei?«
»Ihr seid schon so lange zusammen?«, fragte Julia. »Seit der Klassenfahrt in der Dreizehnten?«
»Nee. Natürlich nicht. Danach war erst mal Pause. Ich mein, er war ja mein Lehrer und ich hab Abi gemacht. Ich war auch total durcheinander und ihm ging es wohl genauso.«
May lachte.
»Letzten Sommer
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