In Hadam wartet der Henker
scharfrückige, gekrümmte Nase. Sein Blick huschte stechend scharf von einem Punkt zum anderen und verweilte auf dem geschmückten Podium des Richtplatzes.
Yavus wußte, daß dieses Schauspiel nicht nur für ihn ein Zeichen setzen sollte. Jeder, der sich gegen den Shallad stellte, starb früher oder später. Eine Warnung war dies, deutlicher als alle Gespräche und Pakte.
Yavus sagte sich, daß es klug für ihn und seinen König sei, den Namen Luxon künftig nicht mehr zu erwähnen.
Wieder richtete er seinen Blick auf die gewaltige Menge, die auf die Hinrichtung wartete.
»Sieht deine Tochter, die unvergleichliche Soraise, dem Abgang des Aufrührers auch zu?« fragte Yavus mäßig interessiert. Die Antwort des Shallad verblüffte ihn dennoch.
»Nein. An derlei blutige Dinge kann sie sich in eurem Land Ay gewöhnen!«
Betreten schwieg der Gesandte und runzelte nur seine auffallend weißen Brauen, die in hartem Gegensatz zum langen, dunklen Haar standen.
Die Menschenmenge quirlte, wogte hin und her, Gruppen fanden sich und gingen wieder auseinander, und immer wieder richteten zahllose Menschen ihre Augen auf die Stelle, an der Köpfe rollen würden.
*
Geflüsterte Losungen, die Erinnerung an einzelne Gesichter, geheime Zeichen und die Sicherheit gewisser Männer, ihresgleichen schnell zu erkennen, hatte eine große Gruppe von höchst unterschiedlichen Kriegern zusammengeführt.
Samed war in der Menge eingekeilt. Hrobon hatte alle Loggharder, die seit jenen Tagen nach Hadam eingesickert waren, an günstigen Punkten verteilt. Die Rebellen von Hodjaf befanden sich ebenso an ihren Plätzen wie zuverlässige Helfershelfer aus der Stadt selbst.
Aus Fenstern und auf Terrassen der Häuser, die sich an die Palastmauer lehnten, schauten Männer heraus, die man in Hadam noch niemals gesehen hatte. Sie hielten lange Seile in den Händen. Sie versteckten die Taue, die an Gebäudeteilen befestigt waren, ebenso wie ihre Waffen. Niemand beachtete sie, denn es gab zu viele Menschen rund um das Podium.
Aus dem Palast ertönten dumpfe Trommelschläge.
In der Mauer öffnete sich ein schmales Metalltor. Der Klang der wuchtigen Trommeln wurde lauter und dröhnender. Einige Wachen erschienen, dann zerrten Soldaten zwei Männer mit sich, die an den Händen gefesselt waren. Lange Ketten klirrten über den Boden. Luxon und Hodjaf blinzelten, als sie ins helle Licht hinauskamen. Hinter ihnen schritt feierlich der Oberste Scharfrichter. Er trug ein langstieliges Beil mit blitzender, halbmondförmiger Schneide.
Hrobon und Samed standen nebeneinander, dicht vor dem Podium, auf dem der riesige Holzblock stand.
Einige Blicke wurden gewechselt. Die wilden Gebirgsrebellen von Hodjaf hatten sich rund um das Podest gruppiert und verschwanden in der Menge. Zeichen, die kein anderer deuten konnte, sagten den Männern, daß sie noch nichts unternehmen sollten. Hrobon hielt den Bogen und zwei Pfeile in der Hand, und einige Männer würden ihn, wenn er schoß, abschirmen.
Hinter Luxon und Hodjaf kamen paarweise die prächtig aufgeputzten und schwer bewaffneten Gardisten des Palasts. Hadamur beobachtete alles und jeden aus schmalen Augen. Es schien ihm zu gefallen, was er sah, wenigstens zeigte er kein Mißfallen.
Wenn der Henker das Beil hob, so galt dies als Zeichen.
Dann würde Hrobon auf den Scharfrichter schießen, dann würden die Krieger blitzschnell handeln. Die Gardisten verteilten sich an den drei Kanten des Podiums und blickten mit grimmigen Gesichtern auf die Menge, die es zu genießen schien, diesem Schauspiel beizuwohnen. Der Scharfrichter rammte die Spitze des Beiles in den Boden und rief mit lauter Stimme:
»Heute kommen zu Tode, nach dem Ratschluß des Shallad Hadamur und dem Gesetz des Shallad, Luxon und der Rebell Hodjaf.«
Er hob die Hand.
Die Wächter, die Luxon und Hodjaf herbeigezerrt hatten, rissen die Männer nach vorn. Die Menge schwieg plötzlich, die Menschen hörten auf, wild durcheinanderzulaufen. Tausende Augen richteten sich auf die Todgeweihten.
Hodjafs Gesicht drückte keineswegs Todesangst aus. Er schien auf eine besondere Weise gefaßt zu sein. Oder ahnte er, daß er dem Henker lebend entkommen würde?
Der Shallad keuchte auf.
»Zuerst Luxon!«
Luxon stand vor dem Richtblock. Mit zwei schnellen Bewegungen der Schultern und Ellbogen stieß er die Männer, die ihn festzuhalten versuchten, zur Seite. Sein Gesicht war aschfahl und ausdruckslos. Trotz seiner schnellen Bewegungen wirkte er seltsam
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