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In Hadam wartet der Henker

In Hadam wartet der Henker

Titel: In Hadam wartet der Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Schutz der blitzenden Helme wirkten gläsern.
    Als Luxon, der sich nicht um die Steuerung des Wagens kümmern mußte, nach rechts blickte und einen Pfeil in die Schulter eines Hadamur-Reiters schoß, traf ihn ein Pfeil. Die Spitze fuhr unter der Achsel des angewinkelten linken Armes, vorbei an den Rändern des Schulterschutzes. Die geschliffene Spitze schnitt eine Wunde durch das Fleisch unterhalb der Achselhöhle.
    Luxon fühlte einen kurzen Schlag, dann einen grimmigen Schmerz. Er öffnete den Mund, um zu schreien. Aber so wie seine Arme herunterfielen und er den Griff um den Bogen nicht lösen konnte, so war er unfähig, einen Schrei auszustoßen.
    Er war augenblicklich gelähmt.
    Aber er sah, hörte und begriff alles, was um ihn herum geschah.
    Er konnte nichts tun und stand schwankend, wie eine Puppe, im Wagenkorb und in den beiden Haltegurten.
    Augenblicklich umringten viele Schwertmond-Vogelreiter sein Gespann.
    Ein wuchtiger Hieb auf den Helm des Lenkers ließ den Mann bewußtlos über den Rand des Wagens kippen. Dort hing er, während die Pferde durchgingen. Zwei Männer waren in den Korb gesprungen. Sie kappten mit blitzenden Dolchen die Gurte und zogen einen großen Sack aus dünnem Leder über Luxons Kopf und Schultern.
    Dann wurde er hochgehoben. Er glaubte, unter sich einen Orhako-Sattel zu spüren. Sein Körper jedenfalls bewegte sich im Takt des raumgreifenden Trabes eines Renn-Orhakos. Eine endlos lange Zeit hörte diese charakteristische Bewegung nicht auf.
    Zahllose Gedanken schossen durch Luxons Kopf.
    Gefangener Algajars! Die ersehnte Beute für den Mörder seines Vaters und dessen Spießgesellen. Sie brachten ihn in Eilmärschen nach Hadam. Dort würde der verdammte Shallad zusehen, wie man seinen Kopf herunterschlug.
    Noch war er nicht in Hadam. Gab es eine Rettung? Wenn ja, von wem? Mythor? Oder Sadagar? Oder Samed mit Kalathee? Oder würde es Gamhed versuchen?
    Wahrscheinlich gab es keine Rettung.
    Mit seinem Verstand geschah etwas! Er fühlte mehr als er es hörte: ein Geräusch und eine Empfindung, als ob mitten in seinen völlig hohlen Schädel ein Stück Stoff langsam zerrissen würde.
    Dann zog jemand den Sack von seinem Kopf.
    Es wurde hell. Er stand auf dem Boden, und von allen Seiten näherten sich Shallad-Krieger und richteten die Spitzen ihrer Lanzen auf ihn. Noch immer konnte er sich nicht rühren. Aber als man ihm die Rüstung herunterriß und die Hände auf dem Rücken zusammenband, sah er zu seiner grenzenlosen Verblüffung, daß das Wams unter der rechten Achsel zwar naß von Schweiß, aber nicht rot von seinem Blut war. Der Schmerz der Wunde – welcher Wunde?
    Er versuchte, die Muskeln anzuspannen und die Haut zu bewegen.
    Es gab keine Pfeilwunde mehr!
     
    *
     
    Wie ein Lauffeuer setzte sich die Nachricht von der Gefangennahme Luxons fort.
    Dunkle Hornsignale riefen die Krieger Logghards zurück in den Schutz der Wälle. Sie verließen in panischer Hast, ihres Angriffswillens beraubt, die Ebene.
    Aber auch Algajar ließ zum Rückzug blasen.
    Schnell trennten sich die beiden Heere. Zurück blieben nur die Toten.
    Noch während des traurigen Zuges auf die Durchlässe des Walles zu beriet sich Gamhed der Silberne mit seinen Männern. Er war von Trauer und einer kalten, zu allem entschlossenen Wut erfüllt.
    »Ich werde das Heer nach Hadam führen und die Stadt niederbrennen!« knirschte er. Aber seine Männer beruhigten ihn.
    »Es wäre Selbstmord und darüber hinaus das Dümmste, was ein Mann tun könnte. Schicke Spione, Späher und Männer nach Hadam, die Luxon helfen können. Samed soll sie führen! Und Hrobon ist in Hadamurs Stadt.«
    »Ihr habt recht. Wir werden versuchen, Luxon während oder vor seiner Hinrichtung zu befreien!«
    »Das nenne ich einen klugen Entschluß!«
    Am frühen Abend erschien abermals Algajar mit einem weißen Wimpel vor dem siebenten Wall. Gamhed ritt ihm entgegen. Der Heerführer konnte seinen Triumph nur schwer verbergen, und er forderte Gamhed abermals auf, die Stadt zu übergeben.
    Mit wenigen Worten erklärte ihm der Silberne, was er mit diesem Begehren anfangen könne. Algajars Gesicht färbte sich dunkel vor Wut.
    »Du magst Luxon haben«, schloß Gamhed. »Aber Logghard bekommst du nicht. Nicht, solange sich noch Leben innerhalb der Wälle befindet.«
    Er ließ das Pferd hochsteigen, spuckte aus und wandte Algajar den Rücken zu.
     
    9.
     
    Hunger und Durst, Erschöpfung und tiefste Niedergeschlagenheit, die Strapazen und das

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