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In Hadam wartet der Henker

In Hadam wartet der Henker

Titel: In Hadam wartet der Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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ist.«
    Sie waren durch die Stadt gefahren und hatten mit Soldaten und Hauptleuten gesprochen. Zwar gab es viele Verwundete, aber erstaunlich wenig Tote. Es schien, als habe Algajar nur die Kräfte seines Gegners abschätzen wollen. Inzwischen wurde fieberhaft daran gearbeitet, um die Schäden der Kämpfe auszubessern und Verlorengegangenes zu ersetzen.
    »Das soll deine geringste Sorge sein!« versicherte Gamhed. »Nur eines: Gib acht, morgen während der Schlacht, Luxon.«
    »Ich denke daran.«
    Luxon und Gamhed wechselten einen kurzen, harten Händedruck. Dann ging Luxon zurück in den Palast und warf sich auf sein Lager.
     
    *
     
    Mit einem Zeichen – indem er sein Kampfbeil in die Höhe reckte – hielt Gamhed die keilförmig angeordnete Masse der Kampfwagen an.
    »Feuerpfeile! Glutkörbe und Fackeln! Fast alle Krieger sind im Westen der Ebene. Wir brennen das Lager Algajars nieder!«
    Es war Mittag. Wieder war die Sonne nichts mehr als ein düster rotglühender Kreis hinter den Staubschleiern. Es war brütend heiß. Nicht die kleinste Brise brachte den schwitzenden Kriegern Abkühlung. Während die Kämpfer aus den Wagenkörben sprangen und die verlangte Ausrüstung holten, näherte sich ein einzelnes Gespann. Die drei Rappen, deren Fell schweißnaß und staubbedeckt war, schäumten in den Gebissen. Der Lenker löste, als er bei Gamhed angelangt war, seine Haltegurte und rannte mit dem Ledersack zu seinen Tieren. Sie soffen gierig, und er wusch ihnen Augen und Nüstern aus.
    »Wir haben ihnen schwere Verluste beigebracht!« rief Luxon.
    »Du hast recht. Aber gerade jetzt höre ich Algajars Hörner. Er rückt mit neuen Kriegern an – deswegen wird das Lager fast leer sein.«
    Hinter dem Schutz ihrer Helme lächelten die beiden Männer einander kalt an. Luxon nickte.
    »Kommt schnell zurück. Wir brauchen euch hier«, sagte er.
    »Das weiß ich.«
    Es gab auf beiden Seiten nur noch wenige Yarls. Mindestens zehn der schweren Tiere waren wahnsinnig geworden und hatten sich schließlich über die Klippen der Küste ins Meer gestürzt. Aber vorher hatten die Tiere und die Krieger auf ihren Rückenfestungen noch furchtbar unter den Angreifern gehaust. Die regungslosen Körper in der Ebene wurden mehr und mehr, aber schon begann der Sand sie zuzudecken.
    »Führe du die Caer und die Rukorer gegen den Feind!« empfahl Gamhed. Ununterbrochen rannten Boten hin und her. Sie erhielten ihre Nachrichten von Reitern, gaben sie weiter oder sagten es den Hornisten auf den Türmen, die daraufhin in ihre Hörner stießen.
    »Gegen die Orhako-Reiter im Westen. Genau das will ich tun«, sagte Luxon und gab seinem Lenker ein knappes Zeichen.
    Sie sprangen in den Wagen, und das schwarze Gespann raste in gerader Linie nach Westen davon. Die Späher auf den Türmen sahen, wie eine Gruppe von etwa fünfzig Vogelreitern abdrehte und neben Luxon dahinstob, jenseits eines Walles, der aus gestürzten Leibern von kleinen Yarls und Diromen bestand, sowie aus zahllosen Trümmern. Einsam reckte eine zerstörte Wurfmaschine ihren feuergeschwärzten Arm in die Luft. Seit der Stunde der ersten Sonnenstrahlen hatte der gigantische Lärm nicht aufgehört: er setzte sich aus Schreien zahlloser Männer zusammen, aus den Lauten der vielen Tiere, aus dem Kreischen von Rädern, dem Klirren der Waffen und dem schlagenden Summen der Bogensehnen, aus Todesschreien und Hornrufen, aus dem Dröhnen von Hufen, Stiefeln, Sandalen und Klauen auf dem Sand, aus dem Krachen, mit dem Steine oder Ziegel gegen Schilde, Helme oder Brustkörbe krachten, und aus zahllosen anderen Geräuschen.
    Nicht zuletzt aus dem heiseren Krächzen der schwarzen Totenvögel, die aus allen Richtungen kamen und in langen Ketten zuerst, dann Schwärme bildend, sich schließlich auf die Kadaver senkten und ihr grausiges Werk begannen.
    Wie ein Gewitter, dessen Donner und Blitze sich näherten und wieder entfernten, wie ein Erdbeben oder das unterirdische Grollen eines feuerspeienden Berges, so hing dieser Lärm in den Ohren der Loggharder und derer aus Hadam.
    Gamhed schrie gellend.
    Gleichzeitig rissen die Schimmel seines Gespanns den Wagen vorwärts. Dreihundert andere Gespanne folgten ihm. Sie fuhren in mehreren Keilen, gegeneinander versetzt, so daß möglichst wenig Staub und hochgeschleuderte Steine des Vordermannes die Lenker blendeten und die Pferde unwillig machten. In einem Galopp, dessen Sprünge von Augenblick zu Augenblick schneller wurden, flogen die Pferde dahin. Die Wagen

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