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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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Notwendige gesagt. Vielleicht wollte sie aber auch, dass ich mich als unwürdig erwies. Wie auch immer, ich konnte ihre Einladung nicht ablehnen und war mir sicher, dass ich sie ebenso wenig annehmen wollte, also sagte ich gar nichts.
    Sie lächelte. Ich glaube, in diesem Moment kümmerte sie nicht mehr, wie ich mich entschied. » Ich habe da ein paar Sachen im Haus, von denen er bestimmt gewollt hätte, dass Sie sie bekommen«, sagte Kate Thompson. » Meine Adresse haben Sie, nicht?«
    » Ja.«
    Sie wartete, als ich aber nichts mehr sagte, nahm sie sich noch einen Zuckerwürfel aus der Schale und stand auf. » Wenn Sie es einrichten können, sehe ich Sie dann gegen sieben Uhr.« Sie schob sich den Zucker in den Mund, und ehe ich antworten oder auch nur von meinem Platz aufstehen konnte, drehte sie sich um und ließ mich mit einem halb leeren Kaffeebecher und dem restlichen Zucker sitzen.
    ***
    Erst später ging mir auf, dass sie mich mit ihrem Abgang fallen ließ oder doch die Abkehr von mir probte, die nötig sein würde, falls ich die Verabredung nicht einhielt. In diesem Augenblick wusste ich allerdings noch nicht, ob ich zum Abendessen gehen würde. Und obwohl ich mich nicht entschieden und auch gar nicht weiter darüber nachgedacht hatte, konnte ich doch an nichts anderes als an Essen denken. Das Frühstück lag noch nicht lang zurück, und ich hatte am Morgen reichlich gegessen – jedenfalls mehr, als ich üblicherweise zu Hause aß –, doch kaum war Kate Thompson fort und auf dem Weg in einen der nur schwach erhellten oberen Räume, wo irgendein Angestellter sicherlich von ihr verlangte, dass sie entsprechende Papiere unterzeichnete und Arild Frederiksens persönliche Dinge an sich nahm, merkte ich, wie hungrig ich war. Es heißt, kommt man dem Tod nahe, fühlt man sich lebendiger, und obwohl ich nicht gerade behaupten kann, ihm wirklich nahe gekommen zu sein, packte mich, sobald ich allein war, nicht nur ein nagender Hunger, sondern auch – ich weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll – eine Aufregung, ein fast fiebriges Gefühl der Dringlichkeit. Ich wollte nur noch nach draußen an die frische Luft und etwas Essbares finden. Ich wollte keine labbrigen Sandwiches in Klarsichtfolie, wie sie das Café anbot, kein Stückchen gallertartigen Apfelkuchen, der auf gewachsten Papptellern in den Regalen lag, keine transparenten Kartonschachteln mit fahlen Karottenschnitzen und irgendeiner klebrigen Creme; ich wollte frische Äpfel und frisch gebackenes Brot, süßen Rahmkäse, Moltebeeren, gepökelten Hering, Möweneier, Gjetost. Vor allem aber wollte ich Sjørøye.
    Als ich aufstand, fühlte ich mich schwindlig, aber es war ein angenehmer Schwindel, etwa wie jener, den man spürt, wenn man sich weit aus einem schnell fahrenden Boot lehnt, und kaum ging ich über den Flur zurück, tauchte ich ein in die Flut von Menschen, die wie ich von Krankenbesuchen kamen oder von ambulanten Behandlungen. Froh, frei zu sein, mit leeren Händen, und hinaus an die frische, feuchte Luft zu gelangen, beschloss ich, Mutters Rat zu befolgen und während der restlichen Tage meiner Reise Urlaub zu machen. Ich fuhr mit einem Taxi in die Stadtmitte, fand einen Obst- und Gemüsehändler und erstand eine Tüte Äpfel, die ich gleich einen nach dem anderen aufaß, während ich die Hauptstraße entlangspazierte und nach einem Laden suchte, in dem man Käse kaufen konnte. Schließlich fand ich ein winziges Delikatessengeschäft mit einer schmalen Ladenfront, hinter der sich ein lang gezogener, dämmriger Raum voller Flaschen, Gläser und mit Krustenbrot, Haferkeksen und Panini bepackten Weidenkörben auftat. Über fast die gesamte Länge verlief ein hoher Tresen aus Kunstmarmor, auf dem sich ganze Käse sowie Kisten mit Äpfeln stapelten. Es war der erste Laden, in dem anständiges Essen verkauft wurde, doch waren außer mir nur noch ein weiterer Kunde im Geschäft und ein Angestellter, ein dunkelhaariger, hochgewachsener Mann mit der leicht selbstgefälligen Attitüde eines überheblichen Touristenführers, der geduldig wartete, während ich umherwanderte und auswählte: noch mehr Äpfel, ein Stück Comté, ein halbes Dutzend frische Brötchen, etwas Hering in Dillsauce, ein paar dicke Scheiben gepökelten Schinken. Schließlich war ich zufrieden und hatte zusammen, was ich für ein anständiges Mittagessen brauchte. Es gab sogar Gjetost. Als der Angestellte mein Geld nahm, lächelte er und fragte, ob ich Schwedin sei.
    »

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