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In Liebe, Rachel

In Liebe, Rachel

Titel: In Liebe, Rachel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Higgins
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verschließt, dass du nicht mehr erkennst, was sich genau vor dir bietet.«
    »Das stimmt nicht, Sam.«
    »Du hättest ihn auch ins Regal stellen sollen. Du hättest das Ganze als das abhaken sollen, was es war: großartiger Sex im Urwald. Aber nein, du nicht, Sarah, nicht die Pfarrerstochter, die nur ein Herz zu vergeben hat, ein großes Herz, die den furchtbaren Fehler begangen hat, dieses Herz an einen Mann zu verschenken, der dich ausgenutzt hat, als du verletzlich und einsam warst.«
    »Es reicht!«
    Sie schwang das Klemmbrett, als ob sie seine Worte aus der Luft schlagen wollte. Ein Stift schoss davon, prallte an der Wand ab und schlitterte über den Boden. Der rote Schleier überzog ihren Blick, zum Glück, denn sie wollte nicht in Sams Gesicht und in seine wilden Augen schauen. Dieser Sam brachte sie aus der Fassung. So wie damals, unter einer Akazie am Tanganjikasee, als er ihr regennasses Gesicht mit seinen Händen umschlossen und sie geküsst hatte, bis sie nicht mehr klar denken konnte.
    Sie drückte das Klemmbrett an die Brust, schützte ihr Herz. »Ich hätte nichts anderes von dir erwarten dürfen«, sagte sie und verabscheute den heiseren Unterton in ihrer Stimme.
    Seine Nasenflügel bebten. »Eines Tages wirst du mir die Gewehre verzeihen.«
    »Eine wirklich große Sache, wenn vor dir auf dem OP -Tisch ein Patient an einer Schusswunde verblutet …«
    »Ich hatte zwei Möglichkeiten: Die Waffen werden durchgeschleust, du bekommst deine medizinische Ausrüstung, und ich überlebe – oder die Waffen werden durchgeschleust, deine Ausrüstung wird auf dem Schwarzmarkt verkauft, und ich lande tot im Straßengraben. Und jetzt sag mir: Welche Entscheidung ist moralisch die bessere?«
    Sie schloss die Augen, wollte das alles nicht hören, wollte darüber nicht streiten. Die Welt, in der sie lebte, war voller fauler Kompromisse. Die Mehlsäcke sollen ins Landesinnere transportiert werden? Dann bestich die Beamten im Hafen, den Fahrer, die Wachposten nach jeder Meile, und vergiss nicht die bewaffneten Rebellen, die dich am Ende in Empfang nehmen und die Lebensmittel für ihre Soldaten beanspruchen. Die harte Wirklichkeit nagte an ihren Hoffnungen und Erwartungen. Die harte Wirklichkeit erforderte abwegige Kompromisse.
    »Und da wir schon von moralischen Kompromissen reden«, sagte Sam und beugte sich zu ihr. »Sag mir doch, was schlimmer ist, Sarah-Belle: Wenn ich eine verheiratete Frau küsse oder du einen verlobten Mann vögelst?«
     
    Stunden später fand Sarah Kate zusammengekauert hinter der Klinik, den Kopf zwischen den Knien. Als Kate zu ihrer Freundin aufblickte, war ihr Gesicht von ihrem Elend gezeichnet.
    Sarah schluckte das Schuldbewusstsein wie eine bittere Pille hinunter. Sie war an diesem Nachmittag nicht besonders versöhnlich gewesen. Nach dem Streit mit Sam hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, nach Kate zu suchen, sondern hatte sich in die Arbeit gestürzt, hatte sich in den viel gravierenderen Problemen der unzähligen Patienten verloren. Jetzt trat sie zu Kate und lehnte sich neben ihr an die Wand.
    Die Hitze, die der Putz ausstrahlte, brannte durch Sarahs T-Shirt auf ihrer Haut. »Warst du den ganzen Tag hier?«
    »So ziemlich.«
    Sarah deutete zum Rand des Dschungels, der keine drei Meter entfernt war. »Hast du Tiger gesehen?«
    »Nur ein paar Affen.« Kate fuhr sich mit den Händen durch das zerzauste Haar. »Mehr wilde Tiere gibt es hier nicht. Ein paar Affen und eine große blaue Eselin.«
    Sarah ließ sich an der Wand nach unten gleiten. Ihr Rock verfing sich an dem rauhen Putz. Sie wühlte in ihrer Rocktasche und zog schließlich ein Feuerzeug und eine dünne, handgerollte Zigarette hervor, die an beiden Enden mit einem bunten Faden zusammengebunden war. Sarah leckte die Spitze ab, steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an.
    Kate zog eine Braue hoch. »Harter Tag, hm?«
    »Eigentlich nicht.« Sarah stieß einen Schwall süß riechenden Rauch aus. »Nicht härter als die meisten.«
    »Du rauchst einen Joint.«
    »Das ist ein
bidi
. Die Zigarette des armen Mannes.« Nelkengeruch umwehte sie. »Das Gewürz soll den Geschmack des billigen Tabaks überdecken. Die Patienten drängen sie mir auf, und es wäre unhöflich, sie abzulehnen. Willst du auch eine?«
    »Vergesse ich dann diesen Tag?«
    »Nein, aber der Rauch hält die Fliegen fern.«
    Kate streckte die Hand aus. »Das ist ein Argument.«
    Schweigend saßen sie nebeneinander und genossen den Duft nach

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