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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Kristensen
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Keine scharfe Kritik oder die Drohung der Schließung der Anlagen in Barentsburg von Seiten der norwegischen Arbeitsaufsicht. Keine großen Geldbußen oder Gefängnisstrafen für irgendjemanden aus der Leitung des Trusts.
    Stattdessen stand der heldenmütige Einsatz von Ivan Sergejewitsch und der russischen Rettungstruppen im Fokus des allgemeinen Interesses. War auch nicht falsch, denn er verdiente das Lob für seinen Einsatz … nur, musste man ihm den Orden ›Held der Russischen Föderation‹ verleihen? In den Augen des Generaldirektors, der den Trust von Murmansk aus leitet, konnte Vanja danach nichts mehr falsch machen. Er bekam einen gefährlichen, aber auch einflussreichen Posten. Er machte das Beste für die Bergleute daraus. Im Namen der Gerechtigkeit muss das gesagt werden … Aber jetzt … Vanja ist tot, und der Niedergang der Gruben in Barentsburg wird weitergehen …«
    Der Dolmetscher beugte sich vor. Er stützte den Kopf in die Hände. Knut hörte im Halbschlaf zu, den Kopf an die Wand gelehnt. Man hatte ihm gerade eine tragische Geschichte erzählt, doch es war tiefe Nacht, und Knut hatte Angst, am nächsten Morgen zu verschlafen. Wer sollte ihn rechtzeitig wecken, damit er mit dem russischen Helikopter zurück nach Longyearbyen fliegen konnte? Würde es überhaupt einen Transport geben, wenn der Strom ausgefallen war und die Bergleute streikten? Wollte der russische Dolmetscher eigentlich überhaupt nicht nach Hause gehen?
    Inzwischen war es erstickend heiß in dem Hotelzimmer.
    »Ich denke, ich sollte mich jetzt hinlegen und schlafen. Wären Sie so nett und lassen mich jetzt allein …« Er sprach die Worte nicht laut aus, bereitete sie nur vor. Sein Kopf vollführte eine angenehm schaukelnde Bewegung, die Augen fielen ihm zu.
    Der Dolmetscher hatte sich auf die Kante des anderen Bettes geschoben, Knut hörte ihn atmen. »Ich will euch im Büro der Regierungsbevollmächtigten keinen Ärger machen. Wir haben viele Jahre gut zusammengearbeitet. Wie Sie vielleicht wissen, Chnuet, will ich mich nach Norwegen versetzen lassen … an die Botschaft in Oslo. Es wäre nützlich für meine weitere Karriere in der Diplomatie, wenn … eine vorteilhafte Stellungnahme der Regierungsbevollmächtigten … Übrigens können Sie mich Gosja nennen. Mein Name ist Georgi Gavrilowitsch Dubidin. Bei den Norwegern nennen mich alle nur den ›russischen Dolmetscher‹, aber ich habe einen Namen, auch ich. Ich kann Ihnen noch mehr über den Verstorbenen erzählen, wenn es Ihnen nützt. Ivan Sergejewitsch war jedenfalls nicht der Mann, für den die Werksleitung ihn hielt, so viel kann ich Ihnen sagen. Ich weiß, dass … aber es darf in keinem Bericht auftauchen, dass ich Ihnen das erzählt habe, klar? Es bleibt unter uns …«
    Plötzlich ging das Licht wieder an. Knut setzte sich auf. Der Dolmetscher zwinkerte verwirrt, sie saßen sich unangenehm nah auf den schmalen Betten gegenüber. Auf dem niedrigen Tisch lagen das fettfleckige Papier mit Essensresten, leere Bierdosen und anderer Abfall. Und dann … Knut hörte schwere Schritte auf dem Korridor, die Tür des Hotelzimmers wurde aufgerissen. Ein gedrungener Russe stand im Zimmer. Er verbreitete einen widerlichen Gestank nach Gülle. Eine erschreckende Gestalt – was ihm an Größe fehlte, glich er in der Breite aus. Abgetragene Bergarbeiterkleidung, feste, verdreckte Stiefel, die auf dem Boden Erdklumpen hinterließen. Helles, rötliches Haar, helle Augenbrauen und hellblaue Augen. Die Haut war so bleich, dass Knut überlegte, ob er es mit einem Albino zu tun hatte. Der Mann grinste und sagte etwas zu dem Dolmetscher, der daraufhin aufstand. Gedämpft unterhielten sie sich an der Tür. Der bleiche Mann sprach in einem kriecherischen, unterwürfigen Ton, der Dolmetscher sah besorgt aus. Nein, Knut korrigierte seinen Eindruck, der Dolmetscher wirkte ängstlich. Schließlich drehte er sich um.
    »Der Direktor bittet uns, zur alten Grube IV zu kommen … dort haben sich die Bergleute verschanzt. Er sagt, sie verlangen, mit Ihnen persönlich zu sprechen. Die Arbeiter glauben den Informationen nicht, die der Direktor ihnen über Vanjas Tod gegeben hat. Auf Wunsch des Direktors sollen Sie den Leuten erklären, dass es sich um einen Unfall handelt. Und ich muss mitkommen, um zu übersetzen.«

KAPITEL 10 Ödland
    Sie gingen zu Fuß vom Hotel bis zu dem brachliegenden Gelände mitten in Barentsburg. Das Licht der Straßenlaternen reichte nicht bis hierher. Ein Schneeteppich

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