in neuen Abenteuern
Weise bist du eine genauso große Betrügerin wie Helene.“
Bobbys Gesicht wurde kalkweiß, während sie Frau Theobald zuhörte. Das hatte ihr noch niemand gesagt. Bisher hatte sie weder mit Schulkameradinnen noch Lehrerinnen ernsthafte Schwierigkeiten gehabt – alle hatten sie gemocht. Und jetzt machte ihr die Direktorin so hässliche Vorwürfe. Das war ein schwerer Brocken.
Das Mädchen saß still da, es brachte kein Wort über die Lippen.
„Es ist besser, wenn du jetzt gehst, Roberta“, sagte Frau Theobald. „Bitte, denk einmal in Ruhe über alles nach, was ich dir gesagt habe. Prüfe dich, ob dein Ehrgefühl wirklich so groß ist, wie du glaubst – wenn ja, dann wirst du mir zustimmen, dass ich recht habe, und vielleicht werde ich dann keine Klagen mehr über dich hören.“
Bobby stand auf. Sie sah noch immer sehr blass aus. Sie murmelte irgendetwas und ging aus dem Zimmer. Alles kam ihr wie ein Traum vor. Sie stand wie unter Schock. Noch nie in ihrem Leben war es ihr zu Bewusstsein gekommen, dass man auf verschiedene Weise mogeln und betrügen kann.
Helene wurde als Letzte zu Frau Theobald hineingerufen. Für die Direktorin war sie der schwierigste Fall. Frau Theobald hatte sich entschlossen, möglichst klar und offen mit ihr zu reden. Helene musste wissen, woran sie war – und dann musste sie ihre Entscheidung selber treffen!
Ziemlich eingeschüchtert kam Helene herein. Sie versuchte Frau Theobald in die Augen zu schauen, aber es gelang ihr nicht. Die Direktorin deutete auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch, befahl Helene sich zu setzen und betrachtete sie genauso streng, wie sie Bobby betrachtet hatte.
„Bitte, Frau Theobald“, begann Helene, „bitte, denken Sie nicht schlecht von mir.“
„Doch, ich denke schlecht von dir“, fiel ihr die Direktorin ins Wort, „sehr schlecht sogar! Und unglücklicherweise habe ich damit sogar noch recht. Mir ist nicht bekannt, wie intelligent du bist oder wie fleißig du im Unterricht mitarbeitest oder was du sonst für Fähigkeiten hast, da müsste ich erst deine Klassenlehrerin fragen. Aber ich weiß ganz genau, was für einen Charakter meine Schülerinnen haben. Denn das muss ich wissen, wenn ich meine Schule gut leiten will. Und deshalb, Helene, ist mir sehr wohl bekannt, was für ein Mensch du bist!“
Helene brach in Tränen aus.
Wenn sie merkte, dass man unfreundlich zu ihr war, fing sie immer zu heulen an. Auf Frau Theobald hatten Helenes Tränen nicht die geringste Wirkung. Sie schaute Helene nur noch kühler an.
„Wenn du weinen willst, dann tu es“, fuhr sie fort, „aber ich würde sehr viel mehr von dir halten, wenn du mir aufmerksam zuhörtest und dich ein bisschen tapfer zeigtest. Ich brauche dir nicht zu sagen, was du für einen Charakter hast, Helene, und ich brauche dir auch nicht deine Unredlichkeit, Verächtlichkeit und Bosheit vor Augen zu führen. Du bist intelligent genug, um das selber zu wissen – und schlau genug, um diese Eigenschaften zu benutzen und vor den anderen zu verbergen. Meine Schule kann dich nicht brauchen – wenn du nicht tapfer und energisch genug bist, diese schlechten Eigenschaften abzulegen. Wenn du das nicht fertigbringst, kann ich dich nicht in Lindenhof behalten. Denke darüber nach und komme mit dir ins Reine. Du hast Zeit bis zum Ende des Schuljahres, um dich zu entscheiden!“
Das war so ziemlich die einzige Sprache, die Helene wirklich verstand. Anders durfte man sie nicht behandeln, wenn man etwas erreichen wollte. Sie starrte Frau Theobald entsetzt an.
„Was – was werden nur meine Eltern dazu sagen?“, flüsterte Helene eingeschüchtert.
„Das ist deine Angelegenheit“, erwiderte die Direktorin. „Und jetzt geh bitte. Ich habe sehr viel zu tun und habe schon viel zu viel Zeit mit dir und den anderen vergeudet.“
Niedergeschlagen verließ Helene das Zimmer. Sie war genauso entsetzt und erschrocken wie Bobby. Sie holte ihre Bücher und ging zum Unterricht. Aber sie nahm kein Wort von dem, was die Lehrerin sagte, in sich auf. Auch Bobby konnte nicht zuhören. Beide Mädchen waren zu sehr mit sich beschäftigt.
Nach dem Unterricht verschwand Bobby plötzlich. Hanni und Nanni bemerkten, wie sie in Richtung Tennisplatz davonlief.
„Sie sieht eigentlich sehr blass aus“, meinte Hanni. „Ich möchte nur wissen, was passiert ist.“
„Komm, wir schauen nach“, schlug Nanni vor. Die Zwillinge rannten in den Garten, um Bobby zu suchen. Auf dem Tennisplatz war sie nicht – aber Hanni sah
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