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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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vermag, ist er doch verschlagen und auf eine gefährliche Art
     klug. Nimm dich also in Acht und hüte deine Zunge, sobald du ihm
     gegenübertrittst!« Eine gute Stunde später standen wir im
     bischöflichen Palais, einem mit Säulen, Giebeln und hohen
     Fenstern gar schön geschmückten Haus neben Notre-Dame. Ein
     Diakon führte uns in das erste Obergeschoss, wo er uns durch eine
     hohe Halle geleitete, wo Tapisserien, die Szenen der Jagd verherrlichten,
     an den Wänden hingen. Trotz der dicken Mauern des Palastes war es im
     Innern warm und stickig. Daher war ich erleichtert, als uns der Diakon den
     Weg bis zum Ende der Halle wies, wo eine Tür auf eine Loggia führte,
     die mit filigranen, gedrehten Säulen und steinernen Fabelwesen
     verziert war. Hier saß der Bischof auf einem mit rotem Samt
     ausgeschlagenen, hochlehnigen Stuhl. Seine in Seidenpantoffeln steckenden
     Füße ruhten auf einem ebenso gepolsterten Fußbänkchen.
     Jean Courtecuisse war sicherlich an die sechzig Jahre alt und ungeheuer
     dick. Sein Gesicht war rot und glänzte wie ein polierter Spiegel.
     Sein Ornat war aus feinsten Stoffen gewirkt. Ein rot-grün karierter,
     pelzbesetzter Mantel lag um seine Schultern, trotz der drückenden
     Hitze des Sommers. Ein diamant- und rubinglänzender Gürtel
     spannte sich um seinen mächtigen Wams. Doch trug er, was mir seltsam
     dünkte, das kahle Haupt unbedeckt. An jedem seiner zehn fetten Finger
     steckte ein großer, goldener Ring, sodass der Ring des Bischofs
     inmitten dieser glitzernden Pracht kaum auszumachen war.
    Mit seiner geschmückten
     Rechten griff er in eine Schale aus Kristallglas und klaubte sich einige
     kandierte Birnen und Kirschen heraus, die er mit einem Schwung in seinen
     riesigen Schlund warf. Ein sehr junger, weißgesichtiger Priester
     hielt ihm die Obstschale hin, dann zog er sich diskret einige Schritte zurück,
     blieb jedoch im Schatten der Gaube stehen.
    Der Bischof reichte uns mit müder
     Geste seine Hand, auf dass wir ihm den Ring küssten. Wir taten dies
     mit aller gebotenen Ehrerbietung.
    Zunächst schien es so,
     als ob er bloß mit uns plaudern wolle. Seine Stimme war tief und
     klang überaus angenehm. Jovial erkundigte er sich nach der Gesundheit
     unseres Priors und nach dem Stand der Dinge im Kloster. Er bot uns
     kandierte Früchte an. Meister Philippe antwortete höflich,
     lehnte jedoch — zu meinem heimlichen Bedauern — die
     dargebotenen Köstlichkeiten ab, sodass auch ich nicht von ihnen zu
     nehmen wagte.
    Doch nachdem sich dieses
     unverbindliche Gespräch einige Zeit dahingezogen hatte, wechselte
     Jean Courtecuisse plötzlich das Thema. »Sagt, Meister Philippe«,
     hub er an, »mir sind da Vorkommnisse zu Ohren gekommen. Unangenehme
     Vorkommnisse.« Dann ließ er seine Stimme verklingen und sah
     uns aufmerksam an. »Eure Eminenz meinen den getöteten Mönch
     und den ebenso dahingeschiedenen Dekan der Domherren, den ehrwürdigen
     Nicolas d'Orgemont«, antwortete der Inquisitor ernst.
    Der Bischof nickte, sagte
     jedoch nichts. Seine dunklen Augen glitzerten plötzlich wie die eines
     Wolfes. Ich begann, mich vor dem Bischof zu fürchten.
    »Wir wissen, wer der Täter
     ist«, fuhr Meister Philippe ungerührt fort. »Zumindest
     gibt es einen Mann, von dem wir annehmen können, dass er der Unhold
     ist. Wir wissen auch, in welchem Viertel er sich versteckt hält. Wir
     jagen ihn. Wir werden ihn bald finden.«
    »Das freut mich zu hören«,
     antwortete der Bischof und stopfte sich wieder eine Handvoll kandierter Früchte
     in den Mund, nachdem er den jungen Priester mit einer Geste an seine Seite
     beordert hatte. Dabei strich er mit seinen fetten Fingern kurz und wie zufällig
     über die Hand des Geistlichen. Weder Meister Philippe noch mir
     entging indes diese Berührung. Wir wechselten einen raschen Blick und
     der Inquisitor bedeutete mir, keine Regung zu zeigen. »Es ist überaus
     beruhigend zu wissen, dass die Inquisition die festeste Stütze der
     Kirche ist. Gerade in diesen Zeiten«, fuhr Jean Courtecuisse fort.
     »Ihr wisst so gut wie ich, was das Volk von Paris glaubt; welche Gerüchte
     in den Straßen geflüstert werden; was von der schrecklichen
     Krankheit erzählt wird, die angeblich schon fast an unsere
     Stadtmauern herangekrochen ist; und wie schnell in solchen Tagen Hitzköpfe
     zu Schwert und Brandfackel greifen könnten. Dies, zumindest, möchte
     ich als guter Hirte in meiner Herde vermeiden.« Er blickte

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