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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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uns
     wohlwollend an, doch traute ich seiner Freundlichkeit nicht.
    »Also werde ich am nächsten
     Sonntag in Notre-Dame eine feierliche Messe zelebrieren. Ich werde selbst
     predigen. Von der Kanzel werde ich den treuen Christenmenschen dieser
     Stadt verkünden, dass der Sünder, welcher zwei Männer
     GOTTES meuchelte und deshalb SEINEN Zorn auf die gute Stadt Paris gelenkt
     hat, nun sicher im Kerker der Inquisition seiner verdienten Strafe harrt.«
    Meister Philippe wurde noch
     eine Spur blasser als sonst. »Sonntag ist schon in zwei Tagen«,
     gab er zu bedenken.
    »Ich vertraue dem
     Scharfsinn und der unnachgiebigen Jagdkunst der Inquisition«,
     antwortete der Bischof. Dann reichte er uns den Ring, auf dass wir ihn
     erneut küssten. »Ihr dürft Euch zurückziehen«,
     verkündete er.   
    »Also haben wir noch
     zwei Tage«, sagte Philippe de Touloubre, als wir den Palast
     verlassen hatten. »Sonst machen wir uns den Bischof von Paris zum
     unversöhnlichen Feind. Und wer weiß, was dann geschehen mag.«
    »Fürchtet Ihr Euch
     nicht, Meister?«, fragte ich zaghaft. Da wandte er sich mir zu
     — und er lächelte so kalt, dass mir ein Schauder in die Glieder
     fuhr.
    »Nein«, verkündete
     er. »Bei meinem Seelenheil: Wir werden Pierre de Grande-Rue finden.
     Und der Bischof wird am Sonntag etwas zu predigen haben, dass seine
     Gemeinde nicht so schnell vergisst!«
    *
    Fast schien es mir, als habe
     GOTT den Inquisitor vernommen. Denn am nächsten Tag — es war
     der Tag des Heiligen Benedikt, des Vaters aller Mönche — kam
     direkt nach der Prim, da Meister Philippe und ich uns gerade bereit
     machten, wieder ins Viertel der Färber und Gerber zu gehen, ein gar
     seltsamer Bote zu uns. Der Portarius brachte uns einen Bettler, der
     irgendwann bei einem schrecklichen Vorkommnis beide Beine verloren hatte
     und der seither auf einem kleinen Karren daherrollte, auf dem er hockte
     und den er mit seinen schwieligen Fäusten über den Boden schob.
     Ich hatte ihn erst wenige Tage zuvor gesehen — er war eines der
     »Augen« der Inquisition. »Herr«, meldete er,
     »ich habe den Mann gesehen, den Ihr sucht: Der Vagant versteckt sich
     in einem Schuppen an der Porte Saint-Honore.«
    »Bist du dir da ganz
     sicher?«, erwiderte der Inquisitor. »Das ist nicht in der Nähe
     der Schlachthöfe.«                  
    »Nein, Herr, das ist
     bei der Festung des Louvre, am anderen Ende der Stadt. Doch ich schwöre
     es: Es war Pierre de Grande-Rue, den ich dort erblickte, als ich mich eben
     zum Betteln am Tor einrichten wollte.« Meister Philippe segnete
     daraufhin den elenden Krüppel, warf ihm ein paar Kupfermünzen zu
     und gebot dem Koch des Klosters, ihm ein reiches Morgenmahl aufzutragen.
     Dann eilten wir auf die Rue Saint-Jacques hinaus, wo uns der dicke
     Sergeant erwartete, denn er tat heute Dienst.
    »Auf.«, rief ihm
     der Inquisitor zu. »Zur Porte Saint-Honore!« Wir eilten, so
     schnell uns unsere Füße trugen, bis zum jenseitigen Teil der
     Stadt. Dort wandten wir uns direkt am Ufer nach links und liefen weiter
     — ungeachtet der verwunderten Blicke, die uns zugeworfen wurden.
    Schon von Weitem erkannte ich
     den Louvre. Atemlos erreichten wir das Tor im Schatten der Festung, die
     Porte Saint-Honore, und sahen uns um.
    »Sollen wir uns
     aufteilen und in verschiedenen Richtungen suchen, Meister?«, fragte
     der Sergeant keuchend.
    Der Inquisitor schüttelte
     den Kopf. »Das ist zu gefährlich. Einzeln können wir gegen
     Pierre de Grande-Rue nicht bestehen. Wir müssen zusammenbleiben.«
    So näherten wir uns denn
     vorsichtig dem schäbigen Verschlag an der Innenseite des großen
     Stadttores, wo traditionell die Bettler Almosen erbaten von allen
     Reisenden. Bauern mit von Ochsen gezogenen, hoch aufragenden Heuwagen
     rumpelten über das Pflaster und nahmen uns die Sicht, dazu kamen
     Lastenträger, Boten und ein paar Flüchtlinge. Doch der
     Menschenstrom war nicht so groß, dass er unsere Sinne verwirrte.
    Der Sergeant winkte einen der
     beiden Torwächter heran, einen jungen Mann mit einer Hellebarde.
     Meister Philippe erklärte ihm in hastigen Worten, wen wir jagten.
    »Der große
     Rothaarige?«, sagte der Torwächter. »Der sucht schon seit
     Tagen Händler oder Vaganten, die ihn mitnehmen könnten. Doch in
     dieser unsicheren Zeit verlässt ja niemand mehr Paris. Wir werden ihn
     am Sammelplatz der Reisegruppen finden, direkt außerhalb des
     Stadttores,

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