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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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geziemen.« Er lächelte. »Es waren ein paar ruhige Jahre,
     verglichen mit meiner Jagd nach verstockten Katharern.«
    Er blieb abrupt stehen. Wir
     befanden uns schon auf der Brücke, die zur Cite führte. Meister
     Philippe vollführte eine ausholende Geste, mit der er ganz Paris
     umfasste. »Die Boten des Herrn der Finsternis bestürmen nicht länger
     die Mauern der Kirche wie Krieger, die eine Stadt erobern wollen. Nein,
     nun schleichen sie sich ein. Heimlich sind sie nach Paris eingedrungen und
     unbemerkt - bis jetzt.« Er lächelte dünn. »Ich
     vermag nicht genau zu sagen, wann alles begann. Doch seit einiger Zeit spüre
     ich eine seltsame Unruhe in den Gassen dieser Stadt. Ein respektloses
     Wort, ein abgewandter Blick, ein unterbrochenes Flüstern. Mal hier,
     mal dort. Eine Unruhe, wie Hunde sie spüren, wenn ein Gewitter dräut.«
    Er stand eine Weile
     sinnierend auf der Brücke und schien meine Gegenwart vergessen zu
     haben. Dann kam Meister Philippe wieder zu sich, straffte seinen Körper
     und blickte mich aufmunternd an. Doch seine Worte waren düster:
     »Und nun ist ein Mönch unseres Ordens gestorben, im Schatten
     von Notre-Dame. Es mag ein finsteres Omen sein oder ein bloßer
     Zufall. Doch als Inquisitor habe ich gelernt, nicht mehr an Zufälle
     zu glauben.«

 
    3
    DER TOTE VOR DER ROTEN
     PFORTE
     
    So stand ich nun im Schatten
     von Notre-Dame. Auf dem großen Platz vor der Kirche lungerte ein
     Bewaffneter herum: ein großer Mann mit einem buschigen dunklen Bart,
     gekleidet in einen speckigen Wams, auf den das Wappen von Paris gestickt
     war. Er stützte sich auf eine Hellebarde, deren Spitze in der
     Abendsonne rot glühte. An seinem Gürtel baumelte ein großes
     Schwert. »Das ist ein Sergeant de la Douzaine, einer aus dem
     Dutzend, wie die Wachen genannt werden, die dem Prévôt von
     Paris unterstehen. Sie haben vor weniger als einer Stunde einen Boten zu
     uns geschickt. So haben wir von dem Toten erfahren«, flüsterte
     mir Meister Philippe zu, während er gemessenen Schrittes auf den Mann
     zuging. Der Sergeant verbeugte sich tief, als wir bei ihm ankamen und mein
     Begleiter einen Segensspruch murmelte. Doch trotz seines unterwürfigen
     Betragens merkte ich dem Mann an, dass er gelangweilt war, ja mürrisch.
    »Wenn Ihr mir bitte
     folgen möget, Brüder«, begrüßte er uns. Sein
     Atem stank so stark nach Zwiebeln und Knoblauch, dass ich kaum einzuatmen
     wagte in seiner Nähe. Doch Meister Philippe ließ sich nichts
     anmerken, nickte nur würdevoll und ging schweigend hinter dem
     Sergeanten her.
    Der Bewaffnete führte
     uns links vorbei am großen Portal und den beiden Türmen,
     entlang der Nordseite von Notre-Dame, die zur Ville weist. Hier drängten
     sich enge, verwinkelte Häuser im Schatten der Kathedrale: Erker,
     Schuppen, kleine, schief gezimmerte Verschläge ragten in die Gasse
     hinein, berührten fast die Wand des Hauses GOTTES und ließen
     den Weg eher wie einen Irrgarten wirken denn wie eine Straße.
    Wir schritten zunächst
     am Turm entlang, der schmucklos war, mächtig, wuchtig und, bis auf
     eine winzige Pforte, ohne Öffnung - gleich dem Donjon einer erhabenen
     Burg. Dann befanden wir uns auf Höhe des Kirchenschiffes. Schlanke,
     hohe, von Rosetten gezierte bunte Fenster spiegelten sich in allen Farben
     der Welt in den Strahlen der tief stehenden Sonne, sofern zwischen Lücken
     in den Häusern Licht auf sie fiel. Darüber glänzte noch
     eine Reihe von Fenstern und darüber noch eine. Oh, welche Freude es
     war, diese Pracht zu betrachten! Habet omnia ad aedificationem
     fiant.
    Doch der Sergeant schritt mächtig
     aus, sodass wir ihm mit wehenden Kutten folgen mussten. Vorbei ging es an
     der gewaltigen Rosette, welche das Querhaus erstrahlen ließ.
     Darunter öffnete sich ein Portal, das andernorts manch stolzen Dom
     geziert hätte, hier jedoch kaum mehr war als ein Nebeneingang. Flüchtig
     blickte ich auf die Skulpturen, welche dieses Portal schmückten.
     Theophilus war dort zu sehen — jener Priester der alten Zeit, der
     sich, von einem Juden verführt, mit dem Satan verbunden hatte, dann
     jedoch vierzig Tage lang bereute, Maria anflehte und letztlich von ihr,
     der Mutter unseres HERRN, errettet wurde.
    Ich schlug hastig ein Kreuz
     und schickte ein Gebet an die Madonna, auch meiner Seele beizustehen,
     sollten mich der Herr der Finsternis und seine Diener verführen mögen.
    Et consummata omni
     temptatione diabolus recessit

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