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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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kein Geräusch
     vernahm, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Klaras Dienerin war
     nirgendwo zu sehen. Doch ich hatte mir glücklicherweise den Weg
     gemerkt, den wir genommen hatten, sodass ich mich gut zurechtfand.
    Meine einzige Sorge war, dass
     mich jemand erspähen würde, wenn ich aus dem Haus trat. Kaum
     hatte ich jedoch die Rue Darnetal betreten, erkannte ich, dass diese
     Furcht unbegründet war, denn die Angst war in die Straßen von
     Paris zurückgekrochen.                  
    Freude und Hoffnung, welche
     die Predigt des Bischofs auf alle Gesichter gezaubert hatte, waren wieder
     wie weggewischt. Viel Volk war auf der Rue Darnetal unterwegs; junge
     Burschen standen müßig um den Brunnen Fontaine de la Reine.
     Alle zeigten verdrossene oder furchtsame Mienen. Obwohl sich so viele
     Menschen auf der Straße drängten, sprach doch kaum jemand ein
     Wort. Kein Gesang, keine Scherzworte erklangen zwischen den Häusern,
     kein Kinderlachen erscholl.
    Was war geschehen? Vielleicht
     war es die Totenmesse für die vielen Opfer des Blitzschlages gewesen,
     welche in der abergläubischen Menge neue Furcht erregt hatte —
     eine Furcht, die von Mund zu Mund getragen wurde und die niemand stoppen
     konnte. Möglich auch, dass neue Nachrichten von außerhalb der
     Stadtmauern nach Paris gebracht worden waren. Hatte sich die Krankheit im
     Land doch nicht zurückgezogen? War die Seuche vielleicht sogar nähergerückt?
    Zwei Ärzte der Universität
     gingen genau in dem Augenblick, da ich aus dem Haus trat, die Rue Darnetal
     entlang. Stolz schritten sie einher in ihren purpurnen Gewändern mit
     pelzbesetzten Kragen, mit Silber durchwirkten Gürteln und güldenen
     Sporen an den Fersen. Doch niemand entbot ihnen mehr den Respekt, der
     ihnen gebührte. Es waren zwei ältere Männer, umgeben von
     wohl einem Dutzend Dienern, und sie schritten mit starren Gesichtern
     voran, so, als bemerkten sie nicht die gezischten Verwünschungen, die
     hinter ihnen laut wurden. Noch gestern hatte man sie fast so hoch geehrt
     wie Männer GOTTES oder Edelleute; heute jedoch murrte das Volk wider
     sie. Auf einmal flog eine Handvoll Kot durch die Luft und traf einen der
     Ärzte am Kopf. Die Burschen am Brunnen lachten, während die
     Diener der medici drohend ihre Stöcke hoben und
     Schimpfworte ausstießen. Die Ärzte jedoch taten, als sei nichts
     geschehen. Sie beschleunigten nur ihre Schritte. Fast sah es aus wie eine
     Flucht. Ich nutzte den kleinen Tumult, den der Auftritt jener unglücklichen
     Ärzte ausgelöst hatte, um unauffällig vom Haus zur Rue
     Darnetal zu schreiten und mich dort in die Menge zu drängen. Ein Mönch
     immerhin blieb noch unbehelligt - wenn ich auch nicht wusste, wie lange
     dies wohl noch anhalten mochte. Ich drängte mich an einigen
     Marktweibern vorbei und glaubte mich schon in Sicherheit, denn nach
     einigen Schritten auf jener belebten Straße mochte niemand mehr
     meine Anwesenheit mit dem Haus des Wollhändlers in Verbindung bringen
     - da sah ich eine verhüllte Gestalt.
    Am gemauerten Rand des
     Brunnens, abseits der Burschen und verborgen hinter dem hoch aufragenden
     Wasserspeier, löste sich plötzlich ein Schatten aus seiner
     Erstarrung. Es war ein Mann — oder vielleicht war es auch eine Frau.
     Jedenfalls war der Unbekannte trotz der Sommerhitze in einen grauschwarzen
     Mantel gehüllt, dessen hochgeschlagene Kapuze sein Gesicht verbarg.
    Mir schauderte. Auch ich
     schlug die Kapuze hoch und beschleunigte meine Schritte.
    Die Schattengestalt schwebte
     fast wie ein Geist vom Brunnen und folgte mir nach.
    Ich ging schneller. Wurde ich
     verfolgt? Von wem? Oder war dies alles nur Ausfluss meiner überreizten
     Einbildung? Mehrmals blickte ich mich um: Der Unbekannte war stets hinter
     mir, ja, er schien mir langsam näherzukommen.
    Wohin sollte ich mich wenden?
     Sollte ich auf dem schnellsten Wege zum Kloster zurückkehren? Doch
     dafür musste ich quer durch Paris laufen. War es da nicht möglich,
     dass mir der Unbekannte irgendwo auf dem Weg eine Falle stellen mochte?
     War es nicht besser, ihm zu entkommen, ihn abzuschütteln wie der
     Hirsch den Jäger? Ich versuchte zu ergründen, ob der
     Schattenmann wohl Linkshänder sei. Doch beide Arme hielt er in den
     Falten seines Umhangs verborgen, sodass ich nicht sah, ob er eine Waffe führte
     — und falls dem so war, in welcher Hand er sie hielt. Doch fürchtete
     ich, dass ich das nächste Opfer sein

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