Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
Vom Netzwerk:
ich sehen, doch nicht auf Erden, sondern im Himmel.«
    »Doch wie ich mich auch
     mühte, alle Spuren zu verwischen«, fuhr der Inquisitor
     scheinbar ungerührt fort, »stets blieb doch etwas zurück,
     das auf mich verwies. Ja, fast schien mir, dass ich, je mehr Spuren ich
     verwischen wollte, nur noch mehr Spuren legte.
    Auch dich ließ ich
     verfolgen. Von dem Augenblick an, da ich gewahrte, dass du unsere nächtlichen
     Zusammenkünfte belauschen wolltest. Ich erfuhr von den unzähligen
     Augen der Inquisition, dass du den Geldwechsler Pietro Datini am Grand
     Pont aufsuchtest. Wozu, das konnte ich mir denken.
    Ich wusste, dass du dich mit
     Lea, der Tochter des Geldwechslers trafst. Sogar das Buch, das sie dir
     heimlich gab, studierte ich in deiner Zelle, als du fort warst. Und fort
     warst du ja oft genug. Wir sahen, wie Jacquette mit dir sprach. Ja, du
     warst es, der uns wieder auf ihre Spur gebracht hatte, nachdem sie den
     Sergeanten entflohen war. Eine Zeit lang wusste ich nicht, wo sie sich
     versteckt hielt, und war sehr beunruhigt darüber. Doch als die Schönfrau
     zu dir kam, konnte sie uns nicht mehr entkommen.
    Und dann war da noch Klara
     Helmstede. Oh Ranulf, wie gerne hätte ich dich geschont! Deine Sünden,
     so groß sie auch waren, hätte ich dir nachgesehen. Du hättest
     gesucht und gesucht und doch nichts gefunden. Doch dann trafst du die
     Gattin des Reeders - jenes Mannes, der in unserem Auftrag zum Land der
     Periöken segeln soll! Oh, ich weiß, es war die Wollust, welche
     dich in ihre Arme trieb. Doch konnte ich sicher sein, dass es nur das
     Fleisch war, das dich zu ihr hinzog, und nicht doch auch der Geist?
     Sprechen Mann und Frau in der Umarmung nicht manchmal Dinge, die sie, sind
     sie Herren ihrer Sinne, niemals zu äußern wagen würden?
    Als du Klara Helmstede
     trafst, Bruder Ranulf, da warst du im Herzen unserer Verschwörung
     angelangt. Du wusstest es vielleicht noch nicht, doch wäre es nur
     noch eine Frage der Zeit gewesen, bis du alles aufgedeckt hättest.
     Also schlug ich zu - und ließ dich verhaften. Auch wenn es mich
     schmerzt, als hätte ich einen Sohn in den Kerker geworfen.«
    Was hätte ich da
     erwidern sollen? Dass mich seine Worte schmerzten, als hätte ich, zum
     zweiten Mal in meinem Leben, meinen Vater verloren? Oder hätte ich
     den Inquistor gar bedauern sollen? Hätte ich um Vergebung flehen müssen?
     Hätte ich Verzeihung erbeten können? Ich sagte nichts
     dergleichen, denn jedes Wort kam mir nun einer Lüge gleich. Es
     bedeutete nichts mehr.
    Meister Philippe sah plötzlich
     müde aus. »Die ›Kreuz der Trave‹ wird in wenigen
     Tagen lossegeln«, sagte er, dann erhob er sich und starrte auf mich,
     der ich auf der Streckbank lag, hinunter. Sein Blick war so kalt, dass
     mich fröstelte.
    »Die Seuche hat den
     Steuermann Gernot geholt. Das allein schenkt dir ein paar Tage Leben. Denn
     wir müssen zunächst einen Ersatz für ihn finden. Dann wird
     die Kogge Paris verlassen und das Land der Periöken ansteuern.
    Ich will so wenig Aufsehen
     wie möglich erregen. Also werde ich dich erst an dem Tag, da die
     ›Kreuz der Trave‹ Paris verlassen wird, öffentlich auf
     dem Scheiterhaufen verbrennen lassen. Dies wird dem Volk ein großes
     Schauspiel sein — und niemand wird auf das Schiff achten, wenn es
     die Seine abwärts segelt. Du hast also noch ein paar Tage Zeit. Lebe
     wohl. Sammle deine Gedanken, reinige dein Herz und bete!« Mit diesen
     Worten schlug der Inquisitor das Kreuz über mir, drehte sich um und
     verließ die Folterkammer, ohne mir noch einmal einen Blick zu
     schenken.
    *
    In seiner großen Gnade
     hatte Philippe de Touloubre darauf verzichtet, mich foltern zu lassen. Ja,
     er hatte es nicht einmal für nötig erachtet, mich offiziell nach
     meinen Sünden zu befragen, sodass ich ihm nichts gestehen musste, das
     im Protokoll für die Ewigkeit verzeichnet worden wäre. Es gab
     keine Zeugen unserer Unterredung. So unbegreiflich dies klingen mag, ich
     war traurig darüber, dass mir die Streckbank und die glühenden
     Zangen erspart geblieben waren, denn ich wollte sterben. Die Folter, so
     hatte ich gehofft, würde mir die Tür öffnen, um jene Welt
     aus Blut und Sünde zu verlassen. So aber löste mir der
     Folterknecht schweigend die Fesseln der Streckbank und stieß mich
     zurück in meine düstere Zelle. Ich setzte mich dort nieder und
     haderte mit GOTT.

 
    17
    DAS GEHEIMNIS VON
     NOTRE-DAME
    Mit welchen

Weitere Kostenlose Bücher