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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Meister Philippe einen solchen Befehl niemals hätte
     geben können. Doch der Inquisitor starrte mich nur wortlos an und
     schwieg. Und da verstand ich alles. Ich erinnerte mich plötzlich der
     Tintenflecke, die ich an jenem allerersten Tag, da ich dem Inquisitor im
     Kloster vorgestellt worden war, auf seiner linken Hand gesehen hatte.
     Seiner Schreibhand.
    »Ihr seid Linkshänder!«,
     flüsterte ich. »Tag für Tag habe ich Euch gesehen - und
     doch ist es mir nie aufgefallen.«
    Trauer und Scham übermannten
     mich und ich weinte, wie ich in meinem Leben noch nie und niemals wieder
     geweint habe seither. »Ja«, gestand der Inquisitor schließlich.
     Seine Stimme war kalt, doch hörte ich, wie schwer es ihm fiel, ein
     Zittern zu unterdrücken. »Ja, ich selbst habe Heinrich von Lübeck
     mit einem Dolch niedergestreckt. Doch kaum hatte ich die grausige Tat
     ausgeführt, da hörte ich Schritte. Es war, wie ich nun weiß,
     der Vagant Pierre de Grande-Rue, der sich, trunken und wollüstig, der
     Kathedrale Notre-Dame näherte. Ich floh.
    Konnte ich denn ahnen, dass
     jener unglückselige Mönch noch nicht tot war, nachdem ich ihn
     getroffen hatte? Er war zu Boden gesunken und hatte sich nicht mehr gerührt,
     doch er muss noch einmal das Bewusstsein wiedererlangt haben; vielleicht
     durch die rüden Griffe des Vaganten, der ihn ausplündern wollte
     und dann seinerseits vor Jacquette und dem Domherrn entfloh.
    So ist jedenfalls noch einmal
     der Geist in Heinrich von Lübeck gefahren und er hat jenen Namen
     geschrieben, den wir doch um jeden Preis aus dem Gedächtnis der
     Christenheit tilgen wollten: terra perioeci.
    Er wusste genau: Hätte
     er meinen Namen geschrieben, hätte er geschrieben, dass ich der Mörder
     bin, niemand hätte dies je geglaubt. Ich bin der oberste Inquisitor
     von Paris! Vielmehr hätte man gedacht, dass Heinrich von Lübeck
     mich auf diese Weise aufgefordert hätte, ihn zu rächen.
    So aber schrieb er den Namen
     jenes verbotenen Landes, wohl in der Hoffnung, dass jemand seine blutigen
     Worte lesen würde, der neugierig sei. So neugierig, dass er sich auf
     die Suche nach dem Land der Periöken begeben würde und darüber
     erführe, welche Pläne uns bewegten.
    Und ich, der ich am nächsten
     Morgen gerufen wurde, wusste davon nichts. Welch ein Schrecken durchfuhr
     mich, da ich schließlich die Blutschrift las!
    Und dann gab es dafür
     auch noch einen Zeugen: dich. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich
     ein Mitbruder zum Ort der Tat begleiten würde. Doch der Prior, der
     vom Schatz der Templer so wenig weiß wie vom Land der Periöken
     und der nicht einmal ahnt, dass sich verschwiegene Männer regelmäßig
     in seinem Kloster zu nächtlichen Versammlungen treffen, dieser
     heilige Narr verfügte es so, weil du ein Landsmann des Toten warst
     und er sich davon irgendwie eine Hilfe zur Aufklärung des Rätsels
     erhoffte.   
    Wie hätte ich die
     Anweisung des ehrwürdigen Vaters ablehnen können? Das wäre
     verdächtig erschienen. Zudem glaubte ich in jenem Moment nicht, dass
     du mir gefährlich sein würdest. Und so hatte ich jemanden
     mitgenommen, der genau so war, wie Heinrich von Lübeck es sich im
     Todeskampf erhofft hatte: jemanden, dem Wissen über alles geht.
    Und als du erst einmal die
     blutigen Worte gelesen hattest, da konnte ich dich nicht mehr aus meinen
     Diensten entlassen, denn ich befürchtete, dass du, ohne meine
     Kontrolle, zu unbefugten Ohren davon reden und unwissentlich
     irgendjemanden auf meine Spur führen würdest. Denn Spuren gab es
     ja genug.
    Noch in der Nacht des Mordes
     war ich in die Bibliothek des Kollegiums de Sorbon geeilt und hatte jeden
     Hinweis auf das Land der Periöken im ›Liber floribus‹ getilgt — dafür nutzte
     ich den Namen des Heinrich von Lübeck. Ich jagte den Vaganten zu
     Tode. Ich opferte die elende Schönfrau und den wollüstigen
     Domherrn. Große Sünden beging ich, fürwahr. Eines Tages
     werde ich mich dafür vor einem Richter verantworten, der in mein Herz
     sieht. Doch fürchte ich mich nicht, denn mein Herz ist rein. Ich tat,
     was ich tun musste, um das Neue Jerusalem zu beschützen; um die
     Kirche zu beschützen; um die Christenheit zu beschützen; um das
     Reich GOTTES zu begründen!«                  
    Meine Tränen waren längst
     versiegt. Ich fühlte mich unendlich müde und leer. »HERR,
     lass mich sterben!«, flehte ich leise. »Nimm mich zu DIR. DEIN
     Reich will

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